Elben Drachen Schatten
Retned hatte sie verschlungen! Und dann verschwand der Gott des Rattentempels ebenso schnell, wie er gekommen war.
"Vielleicht werdet Ihr es nur schwer verstehen können, Freund Gialbeth, aber ich habe dieses Tier gemocht. Trotz der vielen Menschen und Monstren, deren Blut an seinen Zähnen klebte!", stieß Lakyr hervor und Gialbeth schwieg.
Edro und seine Gefährten wurden von den Dienern Retneds in einen düsteren Keller gesperrt. Auf die oft wiederholte Frage, was man eigentlich mit ihnen zu tun gedenke, wurde ihnen keine Antwort gegeben.
"Vielleicht will man uns auf dem Steinaltar Retneds opfern", vermutete Lakyr düster, aber die anderen erwiderten nichts. Gialbeth fragte sich, ob Nielk und die Rattenkrieger wohl ahnten, dass er Zauberkräfte besaß! Aber besonders viel konnte er auch durch Magie nicht erreichen. Seine Kräfte waren schwach und seine Kenntnisse über die Zauberei mangelhaft. Wohl konnte er eine Platte mit Fleisch oder Fisch oder auch mit Früchten herzaubern - aber zu sehr viel mehr reichte es auch nicht. Da saßen sie nun auf dem kalten Steinfußboden ihres Gefängnisses. Zwar hatte man ihnen die Fesseln abgenommen, so dass sie mit ihren Armen und Beinen tun und lassen konnten, was sie wollten, aber das half ihnen angesichts der dicken und massiven Mauern, die sie umgaben, auch nichts.
"Ich hoffe nicht, dass unsere Suche nach Elfénia bereits hier zu Ende ist", sagte Edro sorgenvoll, wobei er mit den Händen die Mauern begutachtete. Nein, diese Steinwände würden sie nicht zu überwinden vermögen! Niemand konnte das - außer vielleicht ein so großer Magier, wie Hulkin einer gewesen war. Und natürlich gottgleiche Wesen wie Ratned! Nur durch die Ritzen der Holztür drang ein wenig Licht in die Finsternis des Verlieses. Die Freunde konnten sich gegenseitig nur als Schatten warnehmen. Wo die Katze jetzt wohl sein mochte? Immer wieder kehrten Lakyrs Gedanken zu seiner pelzigen Freundin zurück, die ihm schließlich mehrmals das Leben gerettet hatte. Aber ein Gott war ein zu mächtiger Gegner, als dass sie etwas hätte gegen ihn ausrichten können. Ja, auch Lakyr wusste, dass die Zweiköpfige einige Menschen getötet hatte, deren Tod nicht unbedingt nötig gewesen wäre, aber dennoch hatte er dieses kleine Monstrum geliebt! Vielleicht mehr als jedes andere Wesen auf der Welt! Vielleicht war diese Katze des Einzige gewesen, was er je auf dieser Welt geliebt hatte. Auch die Katze war auf der Suche nach etwas gewesen. Aber nach was? Nach einem Land namens Elfénia vielleicht? Vor Lakyrs geistigem Auge erschien immer wieder dasselbe Bild: das Bild der zweiköpfigen Katze! In seinen Wachträumen sahen ihn ihre zwei Paar Augen glühend und traurig an und er spürte noch einmal ihr weiches Fell an seinem Arm. Aber sehr schnell wurde ihm jedesmal gegenwärtig, dass alles nur Traum und Einbildung war - und denn war seine Trauer doppelt groß.
Gialbeth konnte Lakyrs Trauer über die Zweiköpfige lediglich akzeptieren - aber nicht verstehen. Ihm hatte immer nur vor diesem Tier gegraut. Vielleicht lag es daran, dass sie eben doch nicht nur ein bloßes Tier war, sondern mehr. Vielleicht lag es aber auch an den Worten, die der große Hulkin einst zu ihm gesagt hatte. Doch die Worte wollten dem Zwergen einfach nicht mehr einfallen. Es blieb dunkel in seinem Gedächtnis. Nur eines wusste er: Es war nichts Gutes gewesen, was der große Hulkin über zweiköpfige Katzen gesagt hatte! Ja, er glaubte sogar, dass es etwas Bedrohliches, Gefährliches gewesen sei! Doch bis jetzt war noch keiner der Freunde von dem Tier in irgendeiner Weise bedroht worden. Es schien so, als seien alle Befürchtungen bezüglich der Loyalität dieses Dämons unbegründet gewesen. Und doch... Wenn die glühenden Augen der Katze auf den Zwerg gerichtet warten, hatte er sich eines leichten Grauens, eines kalten Schauders nie erwehren können.
Und so verbrachten sie einige Tage in dem düsteren Verlies. Von ihren Peinigern bekamen sie nur wenig zu essen, aber das war nicht weiter schlimm - schließlich konnte Gialbeth ja etwas zaubern. Es war kein angenehmes Leben in diesem Gefängnis. In der Dunkelheit konnten die Gefangenen die Schatten von Mäusen und anderem Ungeziefer über den Boden huschen sehen. Allmählich verloren sie jegliches Zeitgefühl.
Mergun glaubte, dass sie jetzt schon vier Tage hier verbracht hatten, aber Gialbeth meinte, dass es bereits fünf oder sechs waren. Wie dem auch sei, sie wurden an diesem Tag aus ihrem
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