Elben Drachen Schatten
Sprache.
Um Edro begann sich für einen Moment alles zu drehen und er hatte das Gefühl, zu fallen. Aber dieses Gefühl währte nur einen winzigen Augenblick, so dass der Dakorier nicht einmal mehr die Zeit zum Schreien gehabt hatte. Der Zauber der Hexe schien nun bereits beendet zu sein, denn sie wandte sich von Kirias Lager ab.
"Was ist nun?", fragte Edro sie.
"Sie wird jetzt viele Stunden lang tief schlafen, sehr tief. Es ist ein Schlaf, noch viel tiefer als der Tod. Regt Euch nicht auf, wenn Ihr Herz zeitweise nicht mehr schlägt. Es hat nichts zu bedeuten. Wenn sie aufwacht, ist sie wieder gesund." Irgendwo in Edros Innerem war tiefes Misstrauen, aber im Augenblick blieb ihm nichts anderes übrig, als der Hexe zu glauben.
"Was ist nun mit dem Preis, der mir zusteht?", fragte sie herausfordernd, aber Edro schüttelte den Kopf.
"Ihr habt Euer Wert noch nicht vollendet! Erst müsst Ihr noch meinen Freund Mergun behandeln!" Die Hexe ließ einige herzhafte Flüche hören und murrte. Aber Edro gab nicht nach. So wurde die Alte dann schließlich zu Mergun geführt, an dem sie die gleiche Prozedur vollzog, wie sie es bei Kiria getan hatte.
"Ich frage mich, wozu diese Hexe eine Locke von Euch braucht", erklärte Enadir. Edro zuckte mit den Schultern.
"Wir wollen nicht hoffen, dass da irgendeine Teufelei dahinter steckt", bemerkte er.
"Das fürchte ich aber."
"Ich habe keine Wahl. Ich habe Ihr eine Locke versprochen, Freund Enadir. Und außerdem: Was sollte sie mit einer Locke von mir schon für großes Unheil anrichten?" Enadir schwieg. Auch Mergun war von der Hexe in einen tiefen Schlaf versetzt worden. Nun ging sie zu Edro und forderte ihre Belohnung.
"Gebt mir jetzt, was Ihr mir versprochen habt!", sagte sie und in ihrer Stimme schwang eine unmenschliche Gier mit. Edro wechselte einen Blick mit Enadir. Dann griff er zögernd zu dem Messer an seiner Seite. Es war ein scharfes, langes Messer.
Mit einem Ruck schnitt er sich eine Locke aus dem Haar und reichte sie Shirbeth.
Hastig nahm diese die Locke und steckte sie weg. Edro hatte sie eigentlich noch danach fragen wollen, was sie nun mit seinem Haar zu tun beabsichtigte, aber sie war schon fort. Der Dakorier eilte ihr zunächst nach, aber als er das Tor von Elfgart erreichte, sah er nur noch, wie die seltsame Hexe im Wald verschwand. Er gab die Verfolgung auf. Er wusste ja, wo ihr Haus stand und sollte sich später ein Betrug herausstellen, so konnte er immer noch dorthin gehen und Shirbeth zur Rechenschaft ziehen.
"Diese Locke muss ihr viel wert sein, Edro. Sehr viel sogar, denn sie hat sie statt des Elfengoldes genommen, das Ihr ihr angeboten habt", sprach Enadir, der Edro bis zum Tor gefolgt war.
"Ja, Ihr habt zweifellos recht. Aber was, zum Teufel, kann sie mit einer Locke meines Haares schon anfangen? Ist sie für einen Zauber von Nöten? Was meint Ihr, Enadir?" Aber der Elf zuckte nur mit den Schultern.
"Ich kann nichts weiter dazu sagen. Wir Elfen beschäftigen uns meistens nur mit uns selbst. Wir pflegen kaum Kontakt zu anderen Wesen und schon gar nicht zu Hexen und Magiern. Aber Eure Vermutung könnte stimmen. Shirbeth könnte Euer Haar für irgendeine Zauberei verwenden. Nicht einmal die Götter mögen wissen, was in dem Kopf dieser Alten vor sich gegangen ist."
*
Kirias Schlaf war tatsächlich so tief, wie Shirbeth es vorausgesagt hatte. Edro blieb an ihrem Bett und wartete auf ihr Erwachen. Zeitweise hörte sie gänzlich auf zu atmen und auch ihr Herz stand einige Zeit lang still. Zunächst erschreckte dies den Dakorier sehr, aber dann erinnerte er sich daran, dass die Hexe dies vorausgesagt hatte.
Die Stunden vergingen und noch immer waren Kirias Augen geschlossen. Würde sie ihre Augen je wieder öffnen können? Shirbeth hatte von einem Schlaf gesprochen, der tiefer als selbst der Tod sein sollte...
Ein Schauder erfasste Edro bei dem Gedanken an die Alte. Gut, dass sie nun weg ist, dachte er bei sich. Und immer wieder kehrten seine Gedanken zu der Haarlocke zurück.
"Hexen haben oft seltsame Wünsche, mein Freund", hatte Randir zu ihm gesagt, aber die Worte des Elfen vermochten den Dakorier nicht so recht zu beruhigen.
Und schließlich öffnete Mergun die Augen. Er fühlte sich wohl. Er spürte keine Schmerzen mehr und konnte sofort aufstehen. Als er jedoch von dem Preis hörte, für den Edro die Gesundheit des Nordländers erkauft hatte, fing er herzhaft an zu lachen.
"Nein, diese Hexe muss ein seltsames Wesen gewesen sein", meinte
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