Elben Drachen Schatten
eine Kette! Die Gruppe blieb wie gebannt stehen.
"Was mag das für ein Wesen sein?", fragte Kiria angstvoll.
"Vielleicht einer der älteren Götter", knurrte Randir und zog sein Schwert.
"Du willst mit dem Schwert gegen einen Gott kämpfen?", fragte Mergun spöttisch.
Die fremde Gestalt baute sich vor ihnen auf und wedelte mit ihrer Kette. Ihr Körper war von einem undurchdringbar scheinenden Schuppenpanzer bedeckt. Ein höhnisches Grinsen war auf dem Mund des Seltsamen zu sehen.
Und die Augen! Edro vermied es in sie hineinzublicken. Ein wahnsinniger Glanz lag auf ihnen, ein gieriger Glanz.
"Ich bin Ychkr!", verkündete die Gestalt. Ychkr besaß eine tiefe, dunkel klingende Stimme.
"Ihr seid einer der älteren Götter?", fragte Edro.
"Ja, das bin ich!" Ychkr lachte schallend und schwang seine Kette drohend über dem Kopf. Was hat diese Kette bloß zu bedeuten? fragte sich der Dakorier.
"Ich hatte beschlossen zu sterben, denn es gab keine Sterblichen mehr, die zu mir beteten. Wenn ein Gott nicht mehr angebetet wird, dann ist das für ihn der Tod. Ich stieg also vom Berg der Götter herunter und wanderte hier her, um Ruhe und Frieden zu finden und um zu sterben. Das alles ist schon lange her. Ja, der Tod von Göttern ist langsam und schwierig. Aber nun seid Ihr hier, Fremdlinge! Ihr habt ein Feuer in mir wieder entfacht, von dem ich lange Zeit glaubte, es sei bereits für immer verloschen. Aber nun..." Ychkr lachte sein wahnsinniges Lachen und ein gieriges Feuer brannte in seinen Augen.
"Folgt mir, Freunde! Betet mich an und ich werde Euch alles geben was Ihr begehrt, ich werde Euch an jeden Ort der Welt führen, wenn Ihr wollt! Nur eines braucht Ihr dafür zu tun: Ihr müsst mich anbeten und mich verehren!"
Wahnsinn und Verzweiflung sprachen aus der Stimme des senilen Gottes und seine drei Arme schwenkte er wild umher.
"Wie viel ist das Wort eines Gottes schon wert?", fragte Mergun etwas geringschätzig. Die vier Augen Ychkrs loderten unbeherrscht, aber es war nicht Wut oder Zorn - es war viel mehr Verzweiflung.
"Was wisst Ihr schon von uns Göttern?", rief Ychkr verächtlich zu Mergun. Der Mann von der Wolfsinsel antwortete nicht.
"Wie ist es, Ychkr? Kannst du uns in ein Land führen, das man unter dem Namen Elfénia kennt?", fragte Randir, der Elf aus Maland.
Der seltsam verzogene Mund Ychkrs verzog sich noch mehr. Es war die Karikatur eines Lächelns, was die Gefährten auf seinen Lippen sehen konnten.
"Habe ich Euch nicht gesagt, dass ich Euch überall hin bringen kann?"
"Auch nach Elfénia?", fragte Lakyr nochmals, denn er merkte, dass Ychkr seiner Frage ausweichen wollte. Der Gott zögerte einige Augenblicke, ehe er mühsam hervorbrachte: "Ja!" Er sagte es so, als koste es ihn große Mühe und Überwindung.
"Ja, ich werde Euch nach Elfénia bringen. Aber Ihr müsst mich dafür anbeten!" Ein gieriges Verlangen sprach aus Ychkrs Worten. Ein Verlangen nach Leben.
"Sollen wir ihm folgen?", fragte Kiria unsicher. Sie wusste offenbar nicht so recht, was sie von Ychkr zu halten hatte. Edro beschlich ein leichter Schauder. Ihm war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, dieses Monstrum anzubeten. Aber er schwieg vorerst.
"Eines weiß ich, Freunde. Ich werde diesem Monstrum nicht folgen!", rief Mergun wütend aus. Seine Hand war die ganze Zeit über am Schwertgriff, obwohl er wusste, dass man mit dem Schwert nicht gegen einen Gott zu Felde ziehen konnte.
"Warum sollen wir ihm nicht folgen?", fragte Randir. "Ychkr weiß offenbar, wie Elfénia zu finden ist. Wenn Euch Euer Ziel wichtig ist, Herr Mergun, dann folgt ihr ihm, so wie ich es zu tun gedenke. Und der Preis, den er verlangt, ist nicht hoch!"
"Darüber lässt sich streiten", brummte Lakyr.
"Ich glaube, es gibt keinen anderen Weg: Wir müssen Ychkrs Angebot annehmen, wenn wir jemals Elfénia erreichen wollen - auch wenn mir bei der Sache nicht wohl ist", knurrte Edro düster.
"Wenn ich eines im Leben gelernt habe, dann dieses: Traue den Göttern nicht. Sie versprechen dir alles und geben nichts! So sind sie, ich habe es selbst erlebt", erwiderte Mergun an Edro gewandt.
Ychkr hörte der Unterhaltung interessiert zu. Seine vier Augen wandten sich an Edro und der Dakorier erstarrte förmlich unter dem Blick des Gottes.
"Hört nicht auf Euren Gefährten. Was er gesagt hat, ist nichts als Lüge!"
"Beweise mir das, großmäuliger Gott!", schleuderte Edro ihm daraufhin entgegen.
Ychkr schwieg.
"Ich werde Ychkr also folgen!" erklärte der Dakorier
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