Elben Drachen Schatten
zerstört?
Es war noch jemand anders im Raum, der nicht daran glaubte, dass Eobal tatsächlich einst König der Elben werden würde. Der Blick von Rhiagons kalten Kristallaugen war auf die Königin und ihren vor innerem Schmerz verzerrten Gesicht gerichtet. Seine Hand ruhte auf dem Griff der Einhandarmbrust, und im Geiste hörte er die Worte, die der Händler Zerolas zu ihm gesprochen hatte. » Es wird der Augenblick kommen, da sich Eure Hoffnung erfüllt, Hauptmann – und dafür eine andere zerschlägt.« In seinem Kopf hallte ein höhnisches, triumphierendes Gelächter wider.
» Entbindet mich aus diesem Handel!«, antwortete Rhiagon in Gedanken, während ihm das Gesicht des Händlers erneut vor dem inneren Auge erschien und er sah, wie es sich in den Kopf eines Raben verwandelte; aus dem Gelächter wurde ein Krächzen.
» Der Handel gilt! Und Ihr wisst selbst, dass es kein Zurück für Euch gibt. Also tut, was getan werden muss. Auch wenn Euch freisteht, Zeit und Stunde zu bestimmen, tut es bald.«
Dann hörte er das Krächzen des Raben nicht nur in seinem Kopf, sondern auch mit seinen feinen Ohren. Es drang von draußen durch das dünne bemalte Fensterglas in den Thronsaal; der Vogel war auf einem der Fenstersimse gelandet, und sein Schattenriss war trotz der Farbigkeit des Glases sehr deutlich zu erkennen. Doch niemand außer Rhiagon zollte ihm Aufmerksamkeit.
Der Tonfall und die Färbung der Gedankenstimme in Rhiagons Kopf veränderten sich. Noch nie zuvor in seinem Elbenleben hatte er etwas Vergleichbares auf geistiger Ebene wahrgenommen.
» Ich bin bei dir, Sklave. Immer!«
Eisige Schauder überkamen ihn.
8. Kapitel
Am See der Finsternis
»Vorwärts!«, rief Hakin. »Rudert schneller!«
Magolas befand sich am Bord eines von mehreren Flussschiffen. Sie stammten aus den Häfen an den Ufern des Kar und waren vom Großkönig einfach beschlagnahmt worden. Mehr als fünfhundert Mann der Norischen Garde befanden sich auf den Schiffen, in aller Eile aus den Wäldern von Nord-Karanor zusammengezogen, wo sie eigentlich die Aufgabe gehabt hatten, den Tempel der Sechs Türme weiträumig abzuschirmen.
Auf den Ruderbänken saßen Stierkrieger, die Xaror aus dem Limbus in die diesseitige Welt gelassen hatte. Ihre Arme erlahmten nicht, darum ruderten sie, während sie an der eigentlichen Eroberung der Dunklen Festung nicht teilnehmen konnten.
Magolas hatte das Gefäß mit der Essenz des Lebens, das Xaror ihm gegeben hatte, durch einen eskortierten Boten nach Aratania bringen lassen. Dieser Bote sollte Larana auch ausrichten, dass ihr Gemahl etwas später von seiner Reise nach Karanor zurückkehren würde, da er zuvor noch eine Aufgabe zu erledigen hätte.
Larana war dergleichen gewöhnt. Es kam immer wieder mal vor, dass Xaror besondere Aufträge an ihrem Gemahl herantrug. Sein Bedarf an magischen Artefakten aller Art war immens; er benötigte die in ihnen schlummernde Magie, um die ihm ergebenen Schattenkreaturen aus dem Limbus in die Welt des Diesseits zu schaffen. Magolas blieb nichts anderes übrig, als dem ehemaligen und zukünftigen Herrscher des Dunklen Reichs seine diesbezüglichen Wünsche zu erfüllen. Ganze Feldzüge hatte er schon allein aus diesem Grund geführt. Selbst tributpflichtige Verbündete und Vasallen hatte Magolas mit seinem Heer überfallen müssen, die Bewohner der betroffenen Gebiete selten damit einverstanden war, wenn jemand mit einer Horde bewaffneter Reiter sämtliche Reliquien und andere heilige Gegenstände aus den Tempeln des Landes raubte. Selbst Tempel des Sonnengottes, dem Magolas ja offiziell huldigte, ohne dass er wirklich ein Gläubiger gewesen wäre, hatte der Großkönig schon notgedrungen plündern lassen, obgleich ihn das bei der lokalen Bevölkerung natürlich in argen Misskredit gebracht hatte.
Magolas wandte sich an Makin. Der Vierhörnige stand mit verschränkten Armen da und wirkte wie eine Statue. Die Anweisungen an die Zweihörnigen auf den Ruderbänken kamen ausschließlich von Hakin.
Magolas hatte inzwischen gelernt, die beiden auseinander zu halten, obwohl sie sich mindestens so ähnlich wie Zwillinge waren. Wiederholt hatte er Nachfragen zu seinem Auftrag und dem ersten Schwert des Eisenfürsten gestellt, aber bisher hatte weder Hakin noch Makin sie ihm beantwortetet, obgleich sie sich ihm ja als Sprachrohre Xarors präsentiert hatten. Mit ihrem Herrn einen direkten geistigen Kontakt aufzunehmen, wagte Magolas nicht. Zumindest wollte er dies nicht von
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