Elben Drachen Schatten
hervor. Wutgeheul hallte gleichzeitig zwischen den dicken Mauern wider, wie der schauerliche Gruß aus einer Totengruft. Der schwarze Rauch verflog, nach ein paar Augenblicken erstarb auch das Wutgeheul, und eine beklemmende Stille setzte ein.
»Geh hinein und tritt deinem Herrn gegenüber«, sagte Hakin. Weder er noch sein Zwilling Makin schienen die Absicht zu haben, ihn zu begleiten.
Magolas hielt das Schwert des Comrrm in der Linken und trat in den Tempel. Das Tor schloss sich hinter ihm, und er ging zu dem finsteren Schlund vor dem Altar.
Magolas erkannte eine Veränderung. Sämtliche Artefakte, die auf dem Steinquader gelegen hatten, waren verschwunden – bis auf die beiden Zauberstäbe des Augenlosen Sehers. Den Rest musste Xaror verschlungen haben, so wie schon so viele zuvor. Es zeigte Magolas, dass Xarors Bedarf an magischer Kraft im Moment besonders groß war. Man konnte das durchaus als Indiz dafür werten, dass sein vollständiges Erscheinen nahe bevorstand.
»Hier ist das Schwert, das du begehrst«, sagte Magolas.
» Behalte es in der Hand. Denn wir brauchen noch ein Opfer, das gebracht werden muss «, dröhnte Xarors Gedankenstimme.
»Meine Kinder …«, murmelte Magolas.
» Was du gesehen hast, ist nur eine Möglichkeit. Eine Option, falls eine kritische Lage eintreten sollte und ich Kraftreserven brauche. Lieber würde ich deine Kinder zu meinen Dienern machen …«
» Sind sie das nicht längst?«
» Damit sprichst du ein interessantes Thema an. Doch darauf komme ich gleich zurück. Zuerst brauche ich ein Opfer, um mich von dem Schlag zu erholen, den man mir zugefügt hat.«
» Was für ein Schlag?«
» Der Betrug getreuer Diener, denen man Gutes getan hat, ist immer ein Schlag.«
» Wovon sprecht Ihr?«
» Du sollst es erfahren. Doch erst das Opfer.«
Die schlammige Masse im Schlund formte einen Mund, der einen durchdringenden Schrei ausstieß. Das Knochenmobile geriet in Bewegung, und diesmal war es nicht der hereinströmende Wind, sondern eine geistige Kraft, die dieses schaurige Knochenballett zum Tanzen brachte. Die Tore öffneten sich. Mit eigenartig gestelzten Schritten ging ein Mann auf das Tor zu. Es war Major Brados. Er wirkte wie jemand, der von unsichtbaren Händen gepackt worden war und von ihnen geschoben und gezogen wurde; seine Bewegungen waren eckig und unharmonisch. Es war erkennbar, dass sie nicht freiwillig geschahen.
Die Augen des Majors waren vor Schrecken weit aufgerissen. Einer Marionette gleich stolperte er in den Tempel und blieb neben Magolas stehen.
Er zitterte am ganzen Körper. Magolas spürte, wie ein Ruck Comrrms Schwert bewegte. Seine Hand krampfte sich um den Griff, ohne dass Magolas dies wollte, und sie ließ sich nicht lösen. Die Kraft des Schwerts riss Magolas herum, die Klinge beschrieb eine wuchtige Seitwärtsbewegung, gegen die Magolas nichts tun konnte. Er war auf einmal ebenso eine Marionette einer unsichtbaren Kraft wie Major Brados – auch wenn die Rolle, die ihm in diesem grausamen Spiel zugedacht war, eine andere war.
Der Schwertstreich trennte Major Brados Kopf vom Rumpf. Er polterte auf den steinernen Boden, rollte auf den Schlund zu und verschwand darin. Aus dem Hals des Majors spritzte das Blut in einer Fontäne empor, die selbst die Schädel im Gewölbe ereichte. Marionettenhaft machte der Kopflose seine letzten Schritte und versank dann ebenfalls im Schlund.
Augenblicke später bildete sich aus der dunklen Masse im Schlund ein vulkanähnlicher Trichter, etwa so groß wie ein durchschnittlicher Rhagar-Mann. Ein vollkommen blanker Schädel quoll daraus hervor und wurde in die Höhe geschleudert.
Unter dem Kuppeldach des Tempels fing ihn ein hauchdünner Faden auf, an dem er auf wundersame Weise haften blieb. Er baumelte hin und her und pendelte sich schließlich aus.
Das Schwert des Eisenfürsten wurde Magolas aus der Hand gerissen. Es schwebte durch die Luft, drehte sich um seinen Schwerpunkt, der etwa eine Handbreit unterhalb des Griffs lag, und senkte sich dann in den Stein in der Mitte des Altars. Ein zischender Laut erklang dabei, und schwarzer Rauch quoll an jener Stelle empor, an der die Klinge in den Stein eindrang – genau in die Mitte zwischen den beiden Zauberstäben des Augenlosen Sehers, die dort noch ihren Platz hatten. Das Schwert blieb zitternd stecken, wobei ein surrender Laut entstand, der langsam verklang.
» Das war gut!«, meldete sich die Gedankenstimme Xarors. » Und nun sprechen wir über deine Kinder
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