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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Keandir. »Also heraus mit der Sprache! Woher kommt dieses Knurren? Das klingt wie eine ganze Armee von blutgierigen Bestien.«
    »Zu den Ouroungour wollen mir diese Laute jedoch nicht recht passen«, mischte sich Branagorn ein, der die Hand am Schwertgriff hatte und sich suchend umsah.
    »Oh, der Narr zieht auch einmal eine richtige Schlussfolgerung«, höhnte der Augenlose. »Die Ouroungour haben mit diesen Geräuschen tatsächlich nichts zu tun.«
    »Dann ist dies unser neuer Gegner?«, hakte Keandir nach. »Der Feuerbringer?«
    »Macht Euch darum keine weiteren Gedanken. Die Laute, die Ihr hörtet, haben mit dem Feuerbringer nichts zu tun. Doch seid gewarnt: Wenn Ihr auf den Feuerbringer trefft, kann ich aus gewissen Gründen nicht aktiv an diesem Kampf teilnehmen. Nun, dies sagte ich Euch schon. Ich kann Euch nur an den Ort führen, wo Ihr Euren Gegner antreffen werdet. Mehr kann ich nicht tun ― denn für Euch zu beten, Keandir, hätte wenig Sinn. All die Götter, die ich während meines langen Lebens kennengelernt habe, existieren nicht mehr. Genau wie die Sterblichen, die an sie glaubten. Also wirst du auf dich allein gestellt sein!« Mit dem letzten Satz sprach er den König auf für Keandir unangenehm vertrauliche Weise an.
    Erneut war das tiefe Knurren zu hören. Der Boden schien zu vibrieren, und der Nachhall ließ einen dissonanten Klangteppich entstehen. Manchmal wurde das Knurren so tief, dass selbst das feine Gehör der Elben es nicht mehr wahrnehmen konnte und es sich nur noch durch einen unangenehmen Druck auf den Magen äußerte.
    Der Augenlose vollführte eine ruckartige Bewegung. Er hob seine beiden Stäbe und kreuzte sie übereinander, und der goldene Affe an der Spitze des hellen Stabs erwachte für einen kurzen Moment zum Leben. Er stieß einen schrillen Schrei des Entsetzens aus, der sich deutlich von den anderen Lauten abhob, und bedeckte vor Angst die Augen mit den Pranken.
    Diesmal dauerte es eine Weile, bis die Geräuschkulisse wieder eine Verständigung zuließ.
    Der Augenlose führte Keandir und Branagorn währenddessen durch die gewaltige unterirdische Halle. Die Leuchtsteine, die überall in die Felswände eingelassen waren, tauchten alles in ein grünliches Licht.
    Der goldene Affe an der Spitze des hellen Stabes kreischte erneut und presste sich die Handflächen auf die Ohren.
    Der Augenlose sprach ein paar Worte in einer unbekannten Sprache zu dem kleinen Affenartigen. Er benutzte dabei nicht seine Geisterstimme, sondern formte die Worte mit dem zahnlosen Mund. Der Geflügelte reagierte darauf wie eingeschüchtert. Er krümmte sich und legte die Flügel wie einen Mantel um seine Schultern.
    In der Mitte des gigantischen Raums befanden sich sechs quaderförmige Blöcke aus einem besonders glatt polierten Stein, der Ähnlichkeit mit Marmor hatte. In deren Mitte stand ein Thron. Das Skelett eines Ouroungour saß darauf, mit einer Krone auf dem Kopf und Zepter und Schwert noch im Tod umklammernd. Ratten huschten zu Dutzenden über den glatten Stein davon.
    Der Augenlose, Keandir und Branagorn erreichten den Kreis der etwa hüfthohen Steinquader, die jeweils eine Länge von fünf bis sechs Schritt aufwiesen, als die ohrenbetäubenden Laute endlich abbebte.
    König Keandir meldete sich wieder zu Wort. »Ihr seid eben meiner Frage nach dem Ursprung dieser Laute ausgewichen«, erinnerte er. »Wenn sie mit dem Feuerbringer nichts zu tun haben, wer verursacht sie dann?«
    Der Augenlose hob die Schultern. »Das ist Ráabor. Wir beide sind jeweils die Letzten unserer Art; das haben wir gemeinsam.«
    »Erzähl mir mehr von Ráabor!«, forderte Keandir.
    »Er gleicht einem Riesenvogel und ernährt sich mit Vorliebe von den Äfflingen; die scheinen sein Leib- und Magengericht zu sein. Andere Geschöpfe tötet er zwar, aber er hat ihr Fleisch immer verschmäht und allenfalls als Köder benutzt, um ein paar der geflügelten Affen anzulocken. Die sind in dieser Hinsicht nämlich etwas weniger wählerisch.«
    »Diese Laute«, mischte sich Branagorn ein, »die hören sich aber nicht nur nach einem einzigen Riesenvogel an. Eher scheint hier irgendwo ein ganzes Nest zu sein.«
    »Nest ist das richtige Wort, auch wenn Ráabor glücklicherweise keine Möglichkeit mehr hat, Eier zu legen und sich fortzupflanzen, seit das letzte Weibchen seiner Art vor einem Äon starb«, erklärte der Augenlose. »Das Nest liegt in einer Höhle, die dieser ähnelt und eine Verbindung nach Außen hat. Über ein Labyrinth

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