Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
saß ich für die Mordkommission
am PC. Obwohl jeder Bericht des Grauens dank magischer Kraft immer kürzere Zeit
beanspruchte, war mir selbst das zuwider. Schlaf geriet zum verzichtbaren
Luxus. Sogar Elin hatte anderes als ständige Ermahnungen zum Essen im Kopf.
Unterschwellig wuchs unsere Anspannung wie ein Krebsgeschwür, selbst unter den
Lichtwesen. Zu recht, wie ich bald erfuhr. Der Dämonfürst steckte hinter all
dem Übel. Er hatte einen Weg gefunden, das Schicksal auszuhebeln. Seine Sklaven
manipulierten Menschen für ihre rabenschwarzen Zwecke. Oft sah ich Elin einer
Statue gleich auf dem Rasen in der Sonne stehen. Ihre Unruhe umwaberte sie wie
ein grauer Gazeschleier.
K ein Wunder, dass die
menschliche Normalität bei Jay und Schorsch im Vorderhaus auf mich wie ein
Magnet wirkte. Oft zauberte ich ihnen ein Abendessen, natürlich bevor sie heim
kamen, und blieb dann zum Essen. Schorsch arbeitete für einen Chemiekonzern.
Sein Charakter orientierte sich am Fels der Fakten, war ehrlich, etwas reserviert
und auf das geradlinige Erreichen jedes gesteckten Ziels ausgerichtet. Jay
besaß seit knapp zwei Monaten eine eigene Arztpraxis. Als Kinderarzt kam ihm
seine eigene geistige Verspieltheit bei den kleinen Patienten gut zupass. Er
war ein Träumer, dem Kunst, klassische Musik oder ein funkelnder Sternenhimmel
eben solche Freude bereiteten wie mir.
Irgendwie kamen wir an jenem
lauen Sommerabend, entspannt draußen sitzend, auf Opern zu sprechen. Schorsch
rollte nur mit den Augen.
„Warst du überhaupt mal
selbst bei einer Aufführung?“ wollte ich wissen.
„Klar, auf dem Gymnasium.
Unser Musiklehrer hat uns in die Zauberflöte gezerrt.“
Jay und ich stöhnten
gleichzeitig auf. „Du meine Güte, die würde ich mir auch nicht antun“, stöhnten
wir im Duett.
„Was meinst du zu folgendem
Vorschlag: In der kommenden Opernsaison suchen wir eine Aufführung für dich aus
und du gehst auf Probe mit.“
Schorsch setzte zum
Wolfsgeheul an.
„Stopp, warte.“ Mir fiel
gerade noch rechtzeitig ein leckerer Köder ein: „Hat die Oper dir ehrlich nicht
gefallen, darfst du uns zur Revanche in einen Club deiner Wahl schleppen.“
Jetzt greinte Jay, aber
Schorsch grinste breit und triumphierte schon: „Ihr werdet es nicht bereuen!“
E ines Nachmittags
überraschten mich die Sternelben mit der Bitte, abermals einen neuen Pfad zu
beschreiten.
Lilia, rede mit Katja. Deine
Unterstützung greift bei weitem zu kurz. Nur wenn du an ihrer Seite wirkst,
können die Gräueltaten der Dämonen zurückgedrängt werden.
Aber wie soll das
funktionieren, ohne dass andere Menschen aufmerksam werden?
Du wirst einen Weg finden,
Elbentochter.
Ich erkannte es als das, was
es war: ein Akt der Verzweiflung. Wir alle standen hilflos einem heraufziehenden
Orkan gegenüber – und warteten. Worauf? Können oder wollen sie es
nicht sagen?
Selbstverständlich wussten
die Sternelben damals um den einen, die Zukunft bestimmenden Schicksalsfaden
und um die daran geknüpfte Frage: Würde das Schicksal diesen Faden halten oder
durchtrennen?
G rimmig entschlossen
versuchte ich den Balanceakt über das Hochseil zu Katja und ihrer Mannschaft.
Als mein Plan stand, überredete ich die Kommissarin zu einem freien Tag.
„Gib dir einen Ruck, du
drehst sonst komplett durch. Außerdem habe ich äußerst Wichtiges mit dir zu
besprechen“, drängte ich am Telefon.
„Schon gut, ich kapituliere,
also Samstag.“
E in grandioser Brunch
erwartete sie auf der von Duftrosen gesäumten Terrasse.
„Ah, paradiesisch. Weißt du
eigentlich, wie gut du es hast?“ Dabei blickte sie in meine Augen. „Entschuldige,
Lil, tut mir leid!“
Mit gespieltem Poltern
forderte ich: „Können wir jetzt endlich frühstücken? Die Kalorien müssen
schließlich für den Rest der Woche reichen.“
Unsere Sektgläser klirrten
aneinander.
„Ein Hoch auf den freien
Samstag!“
So sehr freute ich mich über
ihre Gesellschaft, dass meine Fröhlichkeit sie ansteckte.
Irgendwann platzte Katja mit
der mir bereits bekannten und eingeplanten Neuigkeit ihrer Beförderung heraus:
„Das große Büro von Konny mit richtig viel Sonne und ein ordentlicher
Gehaltssprung, da weiß ich wenigstens, wofür ich mich totschufte.“
Ich gluckste über den Part,
den sie verschwieg.
„Warum grinst du so frech?“
„Och, ich dachte da gerade
an eine bestimmte männliche Person, unverheiratet, die jetzt nicht mehr dein
Vorgesetzter ist.“
Katjas Gesicht nahm die
Farbe einer
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