Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
überreifen Tomate an. „Woher weißt du das denn schon wieder? Na,
ist auch egal, stimmt ja.“ Sie strahlte bis über die Ohren.
„Ähm, Katja, wenn wir
nachher kein Krümelchen mehr in unsere strammen Bäuche quetschen können, dann
sollten wir zur Verdauung shoppen gehen.“
„Wieso? Nö, lieber hier
abhängen, ist doch samstags total überlaufen. Das mach mal alleine, dann lege
ich mich solange auf eure Riesenwiese in die Sonne.“
Ups, der Plan gehört in die
Tonne. Die Alternative ist … „Okay, dann veranstalten
wir eine Modenschau im Kleiderschrank.“
Katja hielt sich den Bauch
vor Lachen und japste: „Als Stilberaterin tauge ich ebenso viel wie ein Torwart
für Ikebana.“
Schelmisch guckte ich sie
an.
„Sag, was hast du vor?“
fragte sie gespielt drohend.
„Deinem Traumprinzen Konny ein
bisschen den Kopf verdrehen?!“
Als attraktive Frau, die jedoch
stoisch durch Grips statt stylische Klamotten glänzte, machte Katja es der
Männerwelt ziemlich schwer. Ihr Noch-Chef war da leider keine Ausnahme.
Nachdem ein gutes Dutzend kompletter Garnituren
mitsamt Schuhen und Taschen für jede nur erdenkliche Gelegenheit in Katjas Wohnung
beordert war, sanken wir erschöpft in die Korbstühle zurück.
„Wirklich, Lilia, entweder
du hast zu viel Geld oder ein zu großes Herz!“
Mein Gesicht machte auf
Unschuldslamm.
„Okay, beides. Aber ganz
ohne Revanche kommst du mir nicht davon, mir wird schon etwas einfallen,
verlass dich drauf.“
Wir näherten uns dem
Brennpunkt.
„Tja, ich wüsste da eine
Sache.“
„Was hast du noch
ausgebrütet?“
Ich spannte sie ein wenig
auf die Folter, bis sie mit den Augen rollte.
„Aber sei vorgewarnt, jetzt
kommt ein ziemlich dicker Hammer.“
„Mensch Mädel, mach hinne,
bei mir kribbelt schon alles.“
Mein Plan verrunzelte ihre
Stirn. „Also, wenn ich das richtig verstanden habe, soll ich dich quasi als so
eine Art Hellseherin in meine Mannschaft einschleusen. Und damit die Jungs und
Mädels nicht toben, wahrheitsgemäß erklären, dass die Infos der letzten Monate
von dir stammten. Hmmh.“
„Mir ist vollkommen klar,
dass einige im Team zunächst Hirnverstopfung bekommen werden. Da müssen sie
durch. Wir haben keine andere Wahl, Katja.“
Eindringlich blickte ich in
ihre Augen, woraufhin sie sich schüttelte.
„Du machst mir eine
Gänsehaut. Aber mich belastet schon länger das unheimliche Gefühl, ein kleines
Rädchen in einer verflucht miesen Sache zu sein.“
Die grundlosen Gewaltexzesse
mit nie erlebter, unmenschlicher Brutalität und die Steilkurve an Morden wie
Selbstmorden entzogen sich jeglicher Erklärungsversuche der Kriminologen.
Wir legten als Termin für
unsere Nagelprobe fest, dass ich am Montag um 9 Uhr zur Teambesprechung im
Präsidium erscheinen würde.
Kapitel 11
D er schlichte, dunkelblaue
Hosenanzug und die im Nacken zusammengefassten Haare sollten mich nicht ganz so
jugendlich wirken lassen. Mit innerer Gelassenheit steuerte ich den Wagen an
die Pförtnerloge. Der nette Endfünfziger reichte mir einen von Katja
hinterlegten Besucherausweis. Viertel vor 9 Uhr betrat ich das Gebäude und
stieg, begleitet von neugierigen Augen, die Treppe in den ersten Stock hinauf.
Niemand von ihnen ahnte, dass die Fäden unzähliger Schicksale an mir klebten.
Katjas Bürotür stand offen, ihre Nervosität
füllte den kompletten Raum aus.
„Hey, sei du selbst, offen
und ehrlich, den Rest übernehme ich.“
Sie versuchte ein zittriges
Lächeln und stöhnte: „Puh, du hast gut reden. Meine Leute sind quasi am Boden
der Tatsachen festgenagelt.“
Ich wusste allzu gut, was
sie meinte, schließlich konnte ich eine Vergangenheit als Vollmensch vorweisen.
„Bringen wir, was auch
immer, hinter uns.“
Gemeinsam betraten wir den öden Konferenzraum,
in dem das Stimmengewirr von vier Männern und zwei Frauen kreiste. Zunächst
beachteten sie uns nicht. „John fehlt mal wieder, ich hole ihn schnell“,
erklärte Katja und verschwand. Eine gute Gelegenheit, kurz das Innenleben jedes
Einzelnen anzuzapfen. Bürgerliche Durchschnittsgefühle mit ausnahmslos erhöhter
Toleranz gegenüber Gewalteindrücken. Anders ließ sich in diesem Beruf kaum
Jahre oder Jahrzehnte überleben. Dennoch rotierte meine Warnblinkanlage: Jeder
von ihnen balancierte gefährlich nah am Limit entlang. Das Team stand kurz vor
dem Kollaps. In wenigen Sekunden überdachte ich meine Aufgabe. Nicht die
Verbrecherjagd, sondern ein Minimum an Ruhe und Entspannung
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