Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
gut gemacht, Lilia.
„Lil?“ Katja steuerte,
aschfahl im Gesicht, auf mich zu. „Du bist ein Engel! Aber du brauchst
unbedingt Dienstausweis und Blaulicht.“
„Könnte mich irgendwer nach
Santa Christiana bringen?“ flüsterte ich matt durch heftige Schwindelgefühle.
Katja fing mich auf.
A ls Björns Dienstwagen den
Parkplatz der Kirche erreichte, hing ich bewusstlos im Sicherheitsgurt. Ein
Segen, dass Raimund just in diesem Moment ebenfalls sein Auto abstellte. Björn
stieg aus und sprach ihn ebenso ratlos wie hoffnungsvoll an: „Lilia sitzt
ohnmächtig im Wagen.“
„Ich kümmere mich um sie,
alles in Ordnung. Fahren Sie ruhig, Lilia wird länger hier bleiben.“
Bei Björn stauten sich immer
neue Fragen über mich auf, wahrlich nicht der einzige im Team. Restlos ausgepowert
zog er kopfschüttelnd Leine.
Tief in der Nacht kam
Raimund nach mir sehen. „Was machst du bloß für Sachen, Lilia? Als Racheengel
durch die Stadt ziehen, du bist doch keine Superwoman.“
So, so, selbst bei ihm war
der Groschen gefallen. „Raimund, ich habe keine Wahl. In dieser Stadt findet
eine Schlacht statt, bei der Menschen die ersten Opfer sind.“
„Aber du bist selbst ein
Mensch“, mahnte er.
„Ich fürchte, würdest du
mich in Aktion erleben, sähest du das anders.“
Seine wichtigste Frage kam mit
gärender Verzweiflung unterlegt heraus: „Sind sie gar keine Friedensstifter,
sondern kriegerische Wesen?“
„Glaub mir, sie wünschen
sich nichts mehr als Frieden auf der Erde, doch unser mächtiger Feind vertritt
nun mal gegensätzliche Ansichten“, lächelte ich beruhigend.
Kapitel 17
E rst Dienstag, registrierte ich fassungslos. Um 7 Uhr bugsierte ich den Tagesplan in Katjas
virtuelles Postfach. Kaum erledigt, meldeten sich die Sternelben erneut zu
Wort.
Lilia, im Team rumort es.
Weswegen denn nun schon
wieder?
Nach läppischen zwei Stunden
im Bett hatte ich keine Lust, meinen Kopf anzustrengen.
Sie halfen notgedrungen aus. Weil sie Menschen sind, begreifen sie dein Handeln nicht. Warum es dir
offensichtlich möglich war, den Tod des Mädchens zu verfolgen. Wie du zum
Beispiel erst gestern ohne Waffe und Schutzweste in den Supermarkt stürmen
konntest. Und deine Aufenthalte in der Kirche sorgen inzwischen ebenfalls für Gesprächsstoff .
Natürlich kam dieses
neuerliche Pulverfass nicht gänzlich unerwartet. Doch mein Gehirn meldete auch
so schon volle Auslastung.
Morgen musst du mit ihnen
reden.
Nicht heute?
Rachel wird anwesend sein.
Mit aufgesetzter
Fröhlichkeit sang ich laut den Reim: „Morgen, morgen nur nicht heute, sagen
alle faulen Leute.“
Lilia, bereite dich vor!
Ja, ja!
Draußen am Tor traf ich Jay.
„Lil, gut dass wir uns sehen. Schorsch und ich haben uns gefragt, ob du
Heiligabend bei uns verbringen magst.“
Gerührt über sein ehrlich
gemeintes Angebot, obwohl die beiden sich riesig auf das erste zweisame Fest im
neuen Zuhause freuten, antwortete ich ebenso ehrlich: „Total lieb von euch,
aber ich habe ein volles Programm.“
„Doch nicht etwa Arbeiten?“
„Orgel spielen, unter
anderem.“
„Du bist ‘ne Marke!“
„Und tschüss.“
Heiligabend verhieß für mich erstens ausschlafen.
Zweitens wollte ich gerne zumindest für ein paar unglückliche Menschen den
Weihnachtsengel spielen. Drittens möglichst keine Einsätze für die Lichtwesen
erledigen müssen, wobei, der Punkt gehörte eindeutig an die unverrückbar erste
Position. Viertens zum krönenden Abschluss der wunderbaren Orgel in Santa
Christiana die schönsten, je nach Geschmacksempfinden auch kitschigsten,
Weihnachtslieder entlocken. Putzmunter und bestens gelaunt fuhr ich der Arbeit
entgegen.
An der vierten roten Ampel rappelte das Handy
los. John meldete sich:„Verflucht Lilia, wenigstens du bist erreichbar. Auf der
Glaskuppel des Hauptbahnhofs turnt ein Selbstmörder herum.“
„Bist du dort?“
„Ja, und zwar allein mit
einer Herde aufgescheuchter Bahnleute.“
„Ruhig Blut, ich beeile
mich.“
Schaffe ich das noch
rechtzeitig?
Wir wissen es nicht, seine
Emotionen sind kollabiert.
Falls ja, was unternehme
ich?
Du musst zu dem Jungen auf
das Dach.
Ein Kind? fragte ich entsetzt.
Ein Jugendlicher mit
Liebeskummer.
Und wo steckt seine Liebste?
Sie ist mit einem Anderen in
die Ferien geflogen.
Ach du grüne Neune. Bleibt
bloß auf Sendung!
Die Lichtwesen lotsten mich über eine verborgene
Montageleiter auf das gigantische Glasdach, derweil ich seine Ex-Freundin aus
dem Bett
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