Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
bestätigte Warlon ein wenig steif. Sein Unbehagen wuchs. »Sie liefern uns vor allem Holz und Felle, woran wir einen wesentlich höheren Bedarf haben, als wir selbst decken können.«
»Holz könnt Ihr künftig selbst auf dem Land am Fuße der Berge schlagen, das ich Eurem Volk abgetreten habe, auch wenn es sicherlich eine Weile dauern wird, dort Waldstücke aufzuforsten, doch wird sich dort dann auch vielerlei Getier jagen lassen.« Er zögerte kurz. »Aber mir bereitet weniger Sorgen, welche Waren Euer Volk von den Barbaren bezieht, als vielmehr umgekehrt. Die Waffenschmiedekunst der Zwerge ist weithin berühmt, und wir sähen äußerst ungern solche Waffen in den Händen solch unberechenbarer Feinde. Wir selbst haben keine Siedlungen in unmittelbarer Nähe der Barbarengebiete, aber sie bedrohen unsere Schifffahrtswege auf dem Oronin. Vor allem aber sind ihre mörderischen Übergriffe Ursache für die ständigen Auseinandersetzungen mit dem radonischen Reich.«
»Die Barbaren schmieden ihre Waffen selbst oder erbeuten sie im Kampf«, behauptete Warlon. »Wir liefern ihnen keine. Zwar haben sie Interesse daran gezeigt, doch haben wir dies stets abgelehnt und werden es auch weiterhin so halten. Die guten Handelsbeziehungen mit Lartronia und Radon sind uns zu kostbar, um sie auf diese Art zu gefährden.«
»Eure Worte sind weise und klingen gut in meinen Ohren. Zumindest würden sie es tun, wenn wir nicht bei den Gefallenen eines missglückten Angriffs auf eines unserer Schiffe Brünnen, Armreifen, Beinschienen und dergleichen Ausrüstung mehr gefunden hätten, die unzweifelhaft zwergische Schmiedekunst verrieten. Und auch Schwerter.« Des Königs Stimme war scharf geworden. »Wie wollt Ihr das erklären?«
»Wollt Ihr mich und mein Volk etwa der Lüge bezichtigen?«, gab Warlon ebenso scharf zurück, zwang sich aber gleich darauf zur Mäßigung. Das Schattengebirge lag inmitten von Lartronia, und viel hing von einem guten Verhältnis zum Königshof ab. »Es stimmt, wir haben Ausrüstung und auch Waffen der Barbaren bearbeitet, allerdings nur solche, die sie uns bereits fertig gebracht haben. Aber sie haben ein besonderes Verhältnis zu ihrem Kriegswerkzeug. Auch wenn man es gerade von ihnen nicht erwarten mag, stellen sie in dieser Hinsicht gerne einen gewissen Prunk zur Schau. Je reicher verziert ihre Waffen sind, desto mehr Ansehen genießen sie innerhalb ihres Volkes. Deshalb zahlen sie gut dafür, dass wir ihre Waffen und sonstige Ausrüstung verzieren. Das ist alles, was wir tun. Weder stellen wir sie her, noch verbessern wir ihre Kampfeigenschaften. Wir verzieren sie nur nach dem Willen ihrer Besitzer.«
»Und das ist wirklich alles?« Die Skepsis in Kalmars Stimme war nicht zu überhören.
»Alle anderen Anfragen haben wir abgelehnt, so großzügig manche in Aussicht gestellte Bezahlung auch gewesen wäre. Wenn Ihr Zweifel an meinen Worten habt, dann lasst die erbeuteten Waffen genauer untersuchen. Ihr werdet feststellen, dass weder ihr Stahl noch seine Verarbeitung es mit von uns geschmiedeten Klingen aufnehmen können.«
»Das werde ich«, sagte der König, und obwohl er seinen Worten durch ein flüchtiges Lächeln etwas von ihrer Schärfe zu nehmen versuchte, klangen sie dennoch wie eine Drohung. »Glaubt mir, das werde ich.«
3
DER ÜBERFALL
WER BIST DU?
WAS BIST DU?
So überwältigend die Freude über die Erkenntnis war, nicht allein in der Unendlichkeit zu sein, so sehr verunsicherte die fremde Stimme das Wesen auch.
Wer war es? Was war es?
Fragen wie diese hatte es sich noch niemals zuvor gestellt, wusste nichts damit anzufangen. Es war, mehr wusste es nicht, und deshalb schwieg es verwirrt.
WIE HEISST DU?
WOHER KOMMST DU?
Noch mehr Fragen, mit denen es nichts anzufangen wusste. Heißen? Besaß es einen Namen? Es war es. Es existierte, und das war immer so gewesen, soweit es sich erinnern konnte. Woher sollte es gekommen sein? Wie konnte es überhaupt etwas anderes geben als die Ewigkeit in der sich überall ausdehnenden Unendlichkeit? Woher sollte es kommen, wenn es doch immer schon hier gewesen war?
Die Farben und Formen um es herum begannen stärker durcheinanderzuwirbeln, reagierten auf den Aufruhr in seinem Inneren.
ICH BIN, antwortete es zögernd.
DU BIST WAS?
ICH BIN, wiederholte es, weil es keine andere Antwort wusste.
Schweigen folgte seinen Worten, dehnte sich aus, bis es bereits zu fürchten begann, die fremde Stimme wäre für immer verstummt.
ICH BIN ICH, ergänzte es
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