Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
...“
Rarax hatte die Felsnadel inzwischen schon ein ganzes Stück hinter sich gelassen und strebte einem Berg entgegen, dessen Gipfelregion stets von Nebel umhüllt war, weswegen man ihn auch den Nebelberg nannte.
Dort lag das Ziel der beiden Elbenkinder. Der Berg war im ganzen Elbenreich bekannt. Die anderen Gipfel der Gebirgszüge von Hoch-Elbiana waren schneebedeckt, aber wie es auf dem Nebelberg aussah, wusste bisher niemand, denn dessen Gipfel war andauernd von einem dichten Kranz aus grauweißen Nebelschwaden umringt. Selbst wenn in direkter Nachbarschaft das beste Wetter herrschte und die Sonne aus einem klaren, wolkenlosen Himmel auf die anderen Berghänge strahlte, lösten sich die grauen Schwaden um die Gipfelregion des Nebelbergs einfach nicht auf.
Dass dies etwas mit Magie zu tun haben musste, ahnte man im Elbenreich schon seit langem. Und im Verlauf vieler Zeitalter hatte es immer wieder Elben gegeben, die versucht hatten, den Nebelberg zu besteigen. Doch eine Reihe von tiefen Schluchten und nicht zu überwindenden Felsspalten machte es unmöglich, den Gipfel zu erklimmen. Außerdem fürchteten viele die unheimlichen Kräfte, die rings um dem Berg zu spüren waren. Sie drangen aus der Felsnadel genauso wie aus dem Nebelberg selbst.
Sarwen konnte sie sehr deutlich spüren, und auch Daron registrierte sie, obwohl er sich vollkommen darauf konzentrierte, das Riesenfledertier zu lenken. Und selbst Rarax schien die magischen Kräfte zu fühlen, die von diesem Ort ausgingen.
Er stieß einen geradezu ängstlich klingenden Laut aus, sodass Daron es für nötig erachtet, ihm in Gedanken zu beruhigen. „ Keine Sorge. Sarwen und ich sind zwar immer noch Kinder, aber trotzdem die stärksten Magier des ganzen Elbenreichs! Wenn dich jemand beschützen kann, dann sind wir es.“
Rarax knurrte unwillig und schien auf einmal keine Lust mehr zum Weiterflug zu haben.
Darons Augen wurden für einen Moment vollkommen schwarz, sodass man das Weiße darin nicht mehr sehen konnte. Das geschah immer dann, wenn er seine magischen Kräfte besonders konzentrierte.
„ Vorwärts!“, sandte er einen starken Gedanken an das Riesenfledertier und unterstützte ihn noch mit einer Formel, die er vor sich hinmurmelte.
Das hatte die gewünschte Wirkung.
Das Riesenfledertier flog mit kräftigem Flügelschlag vorwärts – geradewegs auf die Spitze des Nebelbergs zu. Es wurde sehr kalt. Obwohl Elben nicht sehr temperaturempfindlich waren, fröstelte es sogar Daron und Sarwen ein wenig.
Sarwen murmelte einen Wärmezauber für sie beide.
Sie war gespannt, ob es oben auf dem Gipfel tatsächlich so aussah, wie sie es gesehen hatte. Sarwen hatte nämlich mit ihrer Magie den Geist eines Bergadlers übernommen und durch dessen Augen geschaut. Der Bergadler war zum geheimnisvollen Gipfel des Nebelbergs geflogen, und Sarwen hatte die Umgebung durch die Augen des Vogels gesehen. So stimmte es zwar, dass noch nie ein Elb den Nebelberg bestiegen und sich dort umgeschaut hatte, aber dennoch gab es nun eine Elbin, die wusste, wie es dort aussah.
Sarwen war daraufhin so erschöpft gewesen, dass sie mehrere Wochen geschlafen hatte und sich ihr Großvater, der Elbenkönig Keandir, schon große Sorgen um sie gemacht hatte. Selbst Darons Gedanken hatten sie nicht zu wecken vermocht, und so rief König Keandir die Heilerin Nathranwen herbei. Die hatte den König beruhigt und prophezeit, dass Sarwen bald von allein wieder erwachen würde. Ein Kräftigungszauber würde genügen, denn Sarwen sei einfach nur durch eine besondere geistige Anstrengung sehr erschöpft.
„Was immer sie auch getan hat, mach es nicht nach!“, hatte daraufhin König Keandir seinen Enkel Daron streng ermahnt. Darons Beteuerungen, dass er diesmal ausnahmsweise nicht wüsste, was Sarwen getan hatte, hatte der Elbenkönig nämlich nicht geglaubt. Und tatsächlich war es auch eher ungewöhnlich, dass der eine der beiden Elben-Zwillinge mal nicht in die Pläne des anderen eingeweiht war. Schließlich teilten sie meistens sogar ihre Gedanken – sofern sie das zuließen und nicht einer von ihnen seinen Geist verschloss.
Aber die Idee, den Nebelberg zu erkunden, hatte Sarwen ganz allein gefasst, denn Daron hatte sich dafür zunächst nicht so sehr interessiert.
Später hatte sie ihn dazu überreden können, mit ihr zusammen dorthin zu fliegen. Daron hatte zwar nicht wirklich verstanden, was sie dort eigentlich wollte, aber es war ihm klar geworden, dass es ihr aus irgendeinem
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