Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
flog auf einmal besonders tief, sodass ganze Schwärme von Federvieh aufflatterten, und Rarax stieß dann jedes Mal Laute aus, die an das meckernde Lachen einer Ziege erinnerten.
Seine Fluggeschwindigkeit hatte das Riesenfledertier inzwischen deutlich verlangsamt. Vielleicht suchte es irgendetwas am Boden dieses nahezu vollkommen bewaldeten Landes. Möglicherweise war aber auch endlich das eingetreten, worauf die beiden Elbenkinder schon seit langem warteten, und das Riesenfledertier war müde geworden.
„Großvater wird sich längst Sorgen machen“, glaubte Sarwen. „ Erzählt er nicht immer, dass er schon einmal im Waldreich und sogar im Wilderland war? Warum sollte er uns also nicht zurückholen?“
Die schrillen, fast wie Gelächter klingenden Laut, die Rarax daraufhin hören ließ, wirkte fast wie eine Antwort auf Sarwens Gedanken.
Kapitel 4
Ausgesetzt im Wilderland
Rarax hatte sein Flugtempo verlangsamt. Inzwischen machten sich auch bei ihm erste Zeichen der Erschöpfung bemerkbar.
In Daron keimte bereits die Hoffnung auf, dass es ihm und Sarwen vielleicht doch noch gelingen konnte, das Riesenfledertier wieder zum Umdrehen zu bewegen.
Rarax flog sehr tief. Kaum eine Mannlänge trennte ihn von den Baumwipfeln, die voll von unheimlichem schattenhaftem Leben waren.
Der Morgen graute bereits, als sie schließlich einen weiteren Fluss erreichten. Er war nicht so breit wie der Nur, und außerdem floss er Richtung Norden. Oft hatte Daron mit seinem Großvater zusammen die Karten des Zwischenlandes betrachtet, und König Keandir hatte ihm gezeigt, welche Flüsse, Berge und Küsten die Grenzen von Elbiana und anderer Reiche bildeten. „Ein zukünftiger Herrscher sollte die Grenzen seines Reiches kennen“, waren dem Elbenjungen die Worte eines Großvaters noch im Ohr.
Darum erinnerte sich Daron auch noch sehr gut an die besondere Form, die das nach Norden führende Flussbett hatte.
„Es muss der Nor sein!“ , dachte er und ließ Sarwen an diesem Gedanke teilhaben, „der Grenzfluss zum Wilderland.“
„So weit sind wir schon?“, fragte Sarwen.
„Ich habe diesen gewundenen Lauf oft genug auf den Karten unseres Großvaters gesehen“, erklärte Daron. „Und außerdem: Sieh dir die Pflanzen am anderen Flussufer an! Sie sehen völlig anders aus als die, die wir kennen. Hausgroße Schachtelhalme, dafür kaum Bäume!“
König Keandir hatte nie viel über seine Abenteuer in Wilderland gesprochen, obwohl Daron wiederholt versucht hatte, mehr über dieses geheimnisvolle Land mit seinen seltsamen Geschöpfen zu erfahren. Dafür war Waffenmeister Thamandor um so redseliger gewesen. Er hatte den König seinerzeit auf seiner abenteuerlichen Reise nach Wilderland begleitet und dem Elbenjungen ausführlich von dieser Gegend erzählt und seine Geschöpfen eindrucksvoll geschildert. Nur hatte ihm Daron nicht alles geglaubt. Von Riesenmammuts war die Rede gewesen, unter deren Füßen der Boden erzitterte, oder von den wilden Trorks, vor denen man sich in Acht nehmen musste.
„Wir sollten Großvater endlich Bescheid geben!“, drang Sarwens Stimme in Darons Gedanken.
„Nur wenn es unbedingt nötig ist …“
„Es ist nötig, Daron! Denn wenn wir noch länger damit warten, sind wir vielleicht schon zu weit entfernt, um noch eine geistige Verbindung zu ihm aufnehmen zu können. Und dann wird er nicht mal ahnen, was uns widerfahren ist. Wie sollte er uns da helfen?“
Daron hätte es gern vermieden, dem König um Hilfe zu bitten, denn er gestand damit seinen eigenen Fehler ein. Er hätte auf seinem Großvater hören sollen, der ihn vor dem Riesenfledertier gewarnt hatte.
„Es wäre besser, wir würden die Situation ohne ihn meistern“, meinte er.
„Dazu ist es zu spät! , beharrte Sarwen.
Doch der Gedanke, dass Großvater Keandir erfuhr, dass seine Enkel das Riesenfledertier nicht unter Kontrolle hatten, gefiel Daron immer noch nicht. Wahrscheinlich dürfen wir danach nie wieder damit fliegen, ging es ihm durch den Kopf – allerdings ließ er Sarwen diesmal an seinen Gedanken nicht teilhaben.
Möglicherweise bestimmte König Keandir auch, dass ihnen erst dann wieder gestattet wurde, auf Rarax' Rücken zu reiten, wenn die Zwillinge groß geworden waren. Und das wollte Daron ja um jeden Preis vermeiden oder zumindest möglichst weit hinausschieben.
„Großvater hat bestimmt schon versucht, eine Gedankenverbindung zu uns herzustellen“ , meldete sich Sarwen wieder in seinem Kopf.
„Andere
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