Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
einschätzen.“
Thamandor wandte sich an Daron und Sarwen, die zu seiner Linken saßen, und sagte: „Aus den Steinen des magischen Feuers, die ihr mir mitgebracht habt, habe ich übrigens ein Steingewürz gewonnen, mit dem die Flammenspeere außerordentlich gut funktionieren. Nun brauche ich nicht mehr sparsam damit umzugehen und muss nicht mehr befürchten, dass jeder Schuss, den ich mit einem der Speere abgebe, der letzte sein könnte, wie es zuvor war.“
„Das war also das Wetterleuchten, das mir in den vergangenen Nächten in der Nähe des Elbenturms aufgefallen ist“, erkannte die Heilerin Nathranwen. „Ich hatte mich schon darüber gewundert.“
„Ja, fast hundert Elben haben sich beschwert, dass sie in den letzten Nächten schlecht schlafen konnten, weil das flackernde Licht sie sogar im Schlaf blendete“, sagte Prinz Sandrilas ein wenig missmutig.
„Ich nehme schon sehr viel Rücksicht“, behauptete Thamandor. „Und schließlich bin ich ja deswegen mit meiner Werkstatt auch auf den Elbenturm gezogen, um niemanden zu belästigen.“
„Belästigen ist gut!“, sagte Lirandil und lachte freudlos auf. „Die ganze Stadt wäre damals fast abgebrannt!“
„Übertreibt nicht, werter Lirandil“, versuchte Thamandor die Anschuldigung herunterzuspielen. „Und diejenigen, die sich auch diesmal beklagen, scheinen mir doch etwas arg empfindlich. Sie sollen die Fensterläden schließen und die Augen zumachen, und wenn das nicht reicht, können sie in Zukunft Augenklappen aus jenem besonders dichten Stoff benutzen, den ich vor fast einem Jahrhundert erfand. Die Dichte des Gewebes übertrifft die von Elbenseide um ein Vielfaches.“
In diesem Moment stürzte ein Wächter in den Saal. „Mein König!“, rief er. „Ein Botschafter von unseren Verbündeten aus dem Waldreich ist gerade eingetroffen. Er ist vollkommen erschöpft, wünscht Euch jedoch dringend und sofort zu sprechen. Er scheint mir in höchster Not!“
„So soll man ihn vorlassen!“, bestimmte König Keandir.
Der Wächter verschwand und kehrte wenig später mit einem Zentauren zurück. Von der Gestalt her glich er einem Pferd, jedoch glich sein Oberkörper dem eines Elben oder Menschen und war mit Wams und Brustharnisch nach Art eines Kriegers bedeckt. Pfeil und Bogen, ein Schwert und eine Streitaxt gehörten zu den Ausrüstungsgegenständen, die er bei sich trug und von denen die meisten an einem um den Pferdekörper geschnallten Geschirr befestigt waren. Dazu kamen noch Gepäck und eine Decke.
Auf dem Kopf trug er einen messingfarbenen, etwas verbeulten Helm, der offenbar über Generationen vererbt worden war. Ein Relief darauf zeigte eine Szene aus ferner Vergangenheit.
Seit langem waren Zentauren und Elben Verbündete und hatten sich gegenseitig geholfen. Manche der Zentauren dienten auch im Heer des Elbenreichs oder hatten beim Bau der Aratanischen Mauer geholfen.
Der Zentaur trat ein paar Schritte in den Saal, wobei die Hufe auf dem Steinboden laut hallten. Dann nahm er den Helm ab und schüttelte den Kopf, den er offenbar vor wenigen Augenblicken noch unter Wasser getaucht hatte, denn seine gelockte Mähne war triefend nass.
„Ich war so frei, Eure Pferdetränke zu benutzen“, keuchte er und rang nach Atem. „Ich brauchte ein paar Schlucke Wasser, sonst wäre ich jetzt kaum noch fähig, ein verständliches Wort hervorzubringen.“
Er sprach gutes Elbisch. Vielleicht hatte er sogar eine Weile in einer der Elbenstädte an der Grenze zum Waldreich gelebt.
„Wer seid Ihr und welch dringende Botschaft überbringt Ihr uns?“, fragte Keandir, der sich von seinem Platz erhoben hatte.
Der Zentaur rang noch immer nach Atem, und sein Pferdeleib dampfte, denn der Schweiß trat ihm aus allen Poren. „Mein Name ist Farados, und der Rat der südlichen Zentaurenstämme schickt mich. Im Waldreich ist ein gewaltiges Feuer ausgebrochen, die Gier der Flammen ist schier unersättlich und wächst immer mehr, statt dass das Feuer irgendwann erstickt, so wie andere Brände zuvor. Die Bewohner des Waldes sind verzweifelt, und da sie wissen, dass unsere elbischen Freunde über besondere Fähigkeiten verfügen, erbitten wir Hilfe in dieser schweren Not. Schließlich gibt es in keinem Volk so viele Magier wie in Eurem.“
Er hatte das letzte Wort gesprochen, da drang ein röchelnder Laut aus der Kehle des Zentauren.
„Bringt einen weichen Teppich, damit sich unser Gast niederlegen kann!“, rief der König, denn er sah, dass der Zentaur
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