Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
meisten Gespräche im Raum verstummt. Die Tanzenden hörten auf, sich im Kreis zu drehen und auf dem Boden zu stampfen, und die Musikgruppe, bestehend aus einem Sänger, einem Flöten- und einem Paukenspieler, brach ab.
„Wenigstens wissen wir jetzt, dass mit unseren Ohren absolut alles in Ordnung ist, denn wir haben die Instrumente selbst aus großer Entfernung richtig herausgehört“, dachte Daron und wechselte dabei einen kurzen Blick mit seiner Schwester. Diese lächelte zwar, wirkte aber trotzdem recht angespannt, weil die beiden Elbenkinder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen.
Auf einem einfachen Holzthron saß der König des Kleinling-Reich, den die Elben an der schmalen Krone aus Gold und dem Zepter sogleich erkannten. Der Kleinling-König hatte einen langen, grau gelockten Bart und starrte die Besucher stirnrunzelnd und verwundert an. Neben seinem stand ein weiterer Thron, auf dem offenbar seine Gemahlin saß, denn das Haupt der Kleinling-Frau schmückte ebenfalls eine Krone.
„Hast du dir mal überlegt, wie das wird, wenn wir denen beichten, dass ausgerechnet unser Fledertier ihnen das Zauberjuwel gestohlen hat?“, richtete Sarwen einen Gedanken an Daron.
„Früher oder später werden wir nicht darum herum kommen, ihnen die Wahrheit zu gestehen“ , befürchtete Daron.
„Da wäre ich aber lieber etwas vorsichtiger. Schließlich könnte es sein, dass diese bisher so freundlichen Winzlinge dann plötzlich sehr ungehalten reagieren!“
„Früher oder später müssen wir es ihnen sagen. Schließlich brauchen wir ihre Hilfe, wenn wir Rarax wieder einfangen wollen. Und dass wir das hinbekommen, ist ja auch im Interesse der Kleinlinge. Immerhin ist das wohl die einzige Möglichkeit für sie, ihr Juwel zurückzubekommen. Und ohne Juwel müssten sie sich anderswo ein neues Land suchen, den gegen die Trorks werden sie sich nicht behaupten können.“
„Ich würde die Knirpse nicht unterschätzen“, entgegnete Sarwen, die in dieser Hinsicht etwas anderer Ansicht war.
Von dieser Gedankenunterhaltung bekam natürlich niemand etwas mit – und das war auch sicher ganz gut so.
Unter denen, die bisher so ausgelassen gefeiert hatten, waren auch ein paar Halblinge, wie man aufgrund ihrer Größe auf einen Blick erkennen konnte. Auch sie blickten die beiden Elbenkinder voller Erstaunen an.
Das Reich der Halblinge lag sehr weit im Süden in einem Land, das Osterde genannt wurde. Zum Elbenreich hatte Osterde allerdings wenig Kontakt. Nur einmal hatten Daron und Sarwen erlebt, dass ein Gesandter von dort am Hof von König Keandir in Elbenhaven eingetroffen war. Das Gastgeschenk, das der aus seiner Heimat mitgebracht hatte, war ein Dunkelseher für König Keandir gewesen, daran erinnerte sich Daron noch genau, denn er hatte darüber nachgedacht, wie jemand so dumm sein konnte, die Leistungskraft seiner Augen absichtlich zu schwächen. Dass dieser Dunkelseher natürlich höchstwahrscheinlich gar nicht von den Halblingen in Osterde, sondern in Wahrheit von den Kleinlingen hergestellt worden war, hatte der Botschafter wohlweislich verschwiegen.
Einige Augenblicke lang sagte niemand in dem Steinhaus des Kleinling-Dorfes ein Wort, und das nutzte Mik aus, indem er vortrat und rief: „Draußen wartet eine Kiste mit Dunkelsehern darauf, dass ein starker Halbling – oder auch zwei – sie vom Wagen schafft!“ Mik wandte sich direkt an einen der Halblinge und fuhr fort: „Du wolltest doch in aller früh mit den Dunkelgläsern aufbrechen, Koy. Wir haben sie vor dem Verpacken sogar noch geputzt.“
Der angesprochene Halbling nickte. Er schnippte mit den Fingern und sagte zwei anderen Halblingen, die offenbar seine Diener waren, sie sollten die Kisten vom Wagen holen und auf seinen eigenen umladen.
„Nun wollen wir aber wissen, wen ihr beide uns da als Besuch mitgebracht habt!“, ergriff endlich der König das Wort. „Den spitzen Ohren nach sind es zwei Elben.“
„Und der Größe nach lediglich Elben kinder “, warf der Halbling namens Koy ein, von dem Daron vermutete, dass er ein Händler war.
Der Kleinling-König runzelte die Stirn und rückte sich seine Krone zurecht. Neben ihm saß seine Gemahlin, die offenbar der seltsamen Mode folgte, einen Dunkelseher auch dann zu tragen, wenn die Sonne gar nicht schien. Um besser sehen zu können, ließ die Königin den Dunkelseher etwas die Nase hinabrutschen, gerade so, dass er auf der Spitze noch Halt fand und sie über die Gläser hinwegschauen
Weitere Kostenlose Bücher