Elbenschswert
verhehlen, den er bei diesen Worten empfand. »In aller
Stille sozusagen. Es war ja auch nicht viel Zeit. Artus
musste in den Krieg ziehen und der Bischof war unglückseligerweise nicht abkömmlich. Aber ich kann Euch versichern: Es war eine kleine, aber sehr schöne Feier. Lady
Gwinneth hat es sehr bedauert, dass Ihr nicht dabei wart.«
Wieder senkte sich Lancelots Hand auf das Schwert und
diesmal war es keine unbewusste Bewegung. Diesmal zog
er die Hand auch nicht zurück.
»Das reicht«, murmelte er. Leise, aber in einem Ton, der
Mandrake warnte, es nicht noch weiter zu treiben.
»Ja, das finde ich auch«, sagte Mandrake. Seine Stimme
wurde kälter. »Was tut Ihr hier?«
»Wie ich bereits sagte: Ich wollte nach Galahad sehen«,
antwortete Lancelot. Ihm war selbst klar, wie wenig
glaubwürdig seine Behauptung klang, aber das war ihm
gleich. Ganz im Gegenteil – er wollte , dass Mandrake sie
als die Ausflucht erkannte, die sie war.
»Dann müsst Ihr Euch schon an Artus’ Tafelrunde begeben«, antwortete Mandrake. »Aber wenn ich Euch einen
Rat geben darf: Ihr solltet zuerst zum König gehen. Er
verzehrt sich fast vor Sorge um Euch.«
»Wenn Ihr denn so freundlich wäret, mir zu sagen, wo
ich ihn finde«, sagte Lancelot kühl. Er hatte Mühe, überhaupt zu sprechen. Seine Gedanken schienen sich plötzlich
zweigeteilt zu haben. Ein ganz kleiner Teil davon folgte
noch Mandrakes Worten und versuchte vergeblich ihm
klar zu machen, dass dahinter mehr steckte als die gehässige Bosheit eines Ritters, der einfach nur eifersüchtig auf
ihn war und ihn aus persönlichen Gründen nicht mochte.
Der weitaus größere Teil kreiste um das, was Mandrake
gerade gesagt hatte: Artus und Gwinneth hatten geheiratet!
Er wusste, dass es wahr war. Mandrake würde nicht lügen.
»Bringt mich zum König«, verlangte er.
Die Sonne war untergegangen und das einzige Licht war
der rote Schein der Wachfeuer, die hinter Camelots Zinnen brannten. Die Dunkelheit darunter war von Bewegung
erfüllt; obwohl Lancelot sie nicht sehen konnte, spürte er
die Anwesenheit der Männer, die das Areal rings um die
kleine Kapelle und den Friedhof bewachten. Und er spürte
auch ihre Furcht. Die Dunkelheit, die Camelot umgab,
hatte sich gewandelt. Es war nicht einfach nur der Wechsel von Tag und Nacht, die Abwesenheit von Licht. Es
war, als hätte die Finsternis Gestalt angenommen, als wäre
jeder Schatten, jeder Bereich von Dunkelheit und Schwärze zu einem Krieger der Nacht geworden, einer gewaltigen
Armee aus Düsternis und Schwärze, die Camelot belagerte.
Dort draußen war etwas Finsteres und Uraltes, das allem
Leben feindselig gesonnen war und sich zum Angriff rüstete.
Mandrake hatte ihn bis zum Eingang der Kapelle begleitet und war dann stehen geblieben. Artus hatte die Kapelle
zu einem Refugium der Stille gemacht, einem kleinen Teil
der Welt, der nur ihm gehörte und in dem er keine Eindringlinge duldete. Lancelot trat sehr leise in den schlichten Raum und bemühte sich keinerlei Geräusch zu machen, aber als er die Tür hinter sich schloss und der gedämpfte, dumpfe Knall durch das Innere der Kapelle hallte, sprang Artus in die Höhe und fuhr mit einer so zornigen Bewegung herum, dass Lancelot um ein Haar nach
seiner Waffe gegriffen hätte.
Auch Artus’ Hand senkte sich zum Gürtel – der allerdings leer war. Artus trug nur ein schlichtes Gewand im
Blau und Weiß Camelots und hatte weder Excalibur noch
irgendeine andere Waffe bei sich, und als er Lancelot erkannte, verschwand der Zorn von seinem Gesicht und
wich dem Ausdruck großer Erleichterung.
»Lancelot!«, rief er.
Lancelot machte zwei weitere Schritte in die Kapelle
hinein, blieb stehen und senkte demütig das Haupt.
»Mylord.«
»Lancelot?«, murmelte Artus noch einmal, als könne er
es nicht glauben. Dann lachte er, breitete die Arme aus
und stürmte auf Lancelot zu. »Lancelot! Ihr seid zurück!
Ihr lebt! Gott sei es gedankt!«
Obwohl Lancelot die Beine spreizte und nach festem
Stand suchte, riss Artus ihn im Ungestüm seiner Wiedersehensfreude fast von den Füßen. Er umarmte ihn und
schlug ihm so wuchtig auf den Rücken, dass ihm die Luft
wegblieb, ehe er endlich von ihm abließ und schwer atmend zwei Schritte zurückwich, um ihn von oben bis unten zu betrachten.
»Worte können nicht ausdrücken, wie froh ich bin, Euch
zu sehen!«, rief Artus aus.
»Mir geht es genauso, Mylord«, antwortete Lancelot.
Für den Bruchteil eines Gedankens huschte ein
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