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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein
Gefühl tiefer Freundschaft und Dankbarkeit, an dem
nichts, was immer auch geschehen mochte, irgendetwas
würde ändern können. Artus hatte einfach zu viel für ihn
getan und es war ihm wichtig, dass er ihn nicht für einen
Verräter und Feigling hielt.
Als er das Stockwerk erreicht hatte, in dem sein Zimmer
lag, blieb er überrascht stehen. Die Tür, die sich ganz am
Ende des Korridors befand, stand weit offen.
Flackernder roter Lichtschein fiel heraus und er hörte eine aufgeregte Frauenstimme, der eine andere leise und
eingeschüchtert widersprach. Lancelot blieb gerade lange
genug stehen, um die wütende Stimme als die Gwinneths
zu identifizieren, dann begann er auf die offene Tür zuzulaufen.
Er kam gerade zurecht um zu sehen, wie Gwinneth den
Arm hob, um die junge Frau, die zitternd vor ihr auf die
Knie gesunken war, zu ohrfeigen, die Bewegung aber
dann nicht zu Ende führte, sondern es bei einem wütenden
Blick beließ.
»Was geht hier vor?«, erkundigte er sich.
Gwinneth fuhr herum. Ihr Gesicht hatte sich vor Zorn
verdüstert, aber als sie ihn erkannte, erschien ein Ausdruck
unendlicher Erleichterung auf ihrem blassen Gesicht.
»Lancelot!«
»Gwinneth, was tust du hier?«, fragte Lancelot. Er deutete auf die junge Frau, die immer noch auf den Knien lag
und auch ihn furchtsam ansah. Sie hatte den Schleier zurückgeschlagen und Lancelot konnte sehen, dass sie geweint hatte. Es war die Zofe, die ihn oben auf dem Turm
aufgesucht hatte.
»Dieses dumme Ding hat mir eine völlig verrückte Geschichte erzählt«, sagte Gwinneth mit einer anklagenden
Geste auf die Zofe. »Stell dir vor, sie behauptet –«
»Es ist nicht ihre Schuld«, verteidigte sie Lancelot.
Gwinneth blinzelte. »Aber du weißt doch gar nicht –«
»Ich weiß Bescheid«, unterbrach sie Lancelot. Er warf
der Zofe einen raschen beruhigenden Blick zu, und als er
sich wieder an Gwinneth wandte, versuchte er zu lächeln,
spürte aber selbst, wie kläglich es misslang. »Das Ganze
ist ein großes Missverständnis, glaub mir. Das Mädchen
hat nichts getan, was du ihm vorwerfen müsstest. Aber
jetzt ist nicht der Moment, um darüber zu reden. Ich muss
mit dir sprechen. Allein.«
Gwinneth sah ihn überrascht an, aber die Zofe stand hastig auf und eilte, ohne ein Wort und auch ohne die Erlaubnis ihrer Herrin zu erbitten, aus dem Zimmer.
Lancelot sah ihr nach, ging dann zur Tür und schloss sie
hinter ihr. Gwinneth sah ihn fragend, aber auch leicht ungeduldig an und wartete offensichtlich auf eine Erklärung,
doch Lancelot blieb drei oder vier Schritte von ihr entfernt
stehen und blickte sie nur missbilligend an.
»Was tust du hier?«, fragte er. »Du solltest in deiner
Kemenate sein. Du hast doch gehört, was Artus gesagt hat.
Und du weißt, was geschieht, wenn man dich und mich
zusammen sieht. Noch dazu allein und hier, in meinem
Zimmer.«
»Ich musste einfach kommen«, widersprach Gwinneth.
»Dieses dumme Ding hat eine so verrückte Geschichte
erzählt, dass ich mich mit eigenen Augen überzeugen
musste, dass es dir gut geht.«
Gut?, dachte Lancelot. Nein, es ging ihm ganz gewiss
nicht gut. Er hatte vorgehabt einfach zu gehen, aber nun,
da er Gwinneth gegenüberstand und in ihre Augen blickte,
wurde ihm klar, dass das vielleicht das Schlimmste gewesen wäre, was er ihr und vielleicht auch sich selbst hätte
antun können.
»Ich muss gehen«, sagte er ruhig. Gwinneth schien das
nicht völlig unvorbereitet zu treffen. Für die Dauer von
zwei, drei Atemzügen sah sie ihn nur an, dann fragte sie
leise:
»Jetzt? Mitten in der Schlacht? Du weißt, wie das in den
Augen der anderen aussehen muss?«
»Artus wird mich verstehen«, behauptete Lancelot.
»Und was die anderen denken, ist mir gleich.«
»Und ich? Ist es dir auch gleich, was ich denke?«
Es lag ihm auf der Zunge, zu sagen, komm mit. Es gab
nichts, was er in diesem Moment lieber gesagt hätte.
Alles in ihm schrie danach, es zu tun, und dennoch
brachte er keinen Laut hervor. Er spürte sogar, dass Gwinneth genau darauf wartete, und er wusste mit unerschütterlicher Sicherheit, dass sie seine Bitte erhören würde, ja,
dass sie genau wie er nichts mehr wollte, als Artus und
Camelot und diesen ganzen sinnlosen Krieg zu verlassen.
Und vielleicht war genau das der Grund, aus dem er auch
weiter schwieg. Artus würde verstehen, warum er ging. Er
würde zumindest ahnen, dass Lancelot die Wahrheit erfahren und das Einzige getan hatte, was ihm noch zu tun
blieb, um ihn und den anderen Verteidigern zu

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