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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich um.
Sie war nicht da. Aber irgendjemand befand sich trotzdem hier. Lancelot spürte es. Jemand stand im Schatten
verborgen und beobachtete ihn.
»Gwinneth?«, fragte er halblaut.
Aus der Dunkelheit jenseits der Kapelle erklang ein leises Lachen, dann trat eine Gestalt in einer schwarzen, an
eine Mönchskutte erinnernde Robe heraus, machte zwei
Schritte und blieb wieder stehen.
»Nicht genau«, sagte sie. Die Stimme drang aus der
Dunkelheit unter der weit nach vorne gezogenen Kapuze
hervor und war Lancelot seltsam vertraut. Sie gehörte
nicht Gwinneth, aber es war eindeutig eine Frau.
»Wer seid Ihr?«, fragte er scharf. Seine Hand senkte sich
auf das Schwert, und obwohl er sich voller Grauen daran
erinnerte, was geschehen war, als er es das letzte Mal gezogen hatte, würde er jetzt keine Sekunde zögern, es erneut zu tun.
»Aber ich bitte dich, mein junger Freund, das ist doch
wirklich nicht nötig.« Die Gestalt trat einen weiteren
Schritt auf ihn zu, hob langsam die Hände und schlug die
Kapuze zurück und Lancelots Augen wurden groß vor
Staunen und Schrecken. »Hat Artus dir denn überhaupt
nichts erzählt?«, fragte Morgaine Le Faye.
»Ihr?«, keuchte Lancelot.
»Ich sollte enttäuscht sein, vielleicht sogar ein bisschen
beleidigt, dass du mich nicht schon längst erkannt hast«,
sagte Morgaine lachend. »Ja, ich bin es.«
»Ihr … ihr wart es die ganze Zeit?«, murmelte Lancelot
verstört. Seine Gedanken überschlugen sich. »Und Ihr
habt auch die Zofe …«
»Du darfst dem armen kleinen Ding nicht böse sein«,
sagte Morgaine. »Sie ist ihrer Herrin treu ergeben und
wollte dich gewiss nicht in eine Falle locken.«
»Ihr habt sie mit Eurer Magie getäuscht«, sagte Lancelot
grimmig.
»Ich gestehe es«, antwortete Morgaine lachend. »Nicht,
dass es mir große Schwierigkeiten bereitet hätte – aber ich
fand es doch besser, dass wir uns hier draußen treffen. Wir
haben das eine oder andere zu besprechen.«
»Ich wüsste nicht, was«, antwortete Lancelot wütend.
»Oh, ich glaube, das weißt du sehr gut, mein lieber Junge«, sagte Morgaine Le Faye. »Willst du mir denn gar
keine Fragen stellen?«
»Nur eine einzige«, stieß Lancelot zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor. Seine Hand umklammerte immer noch das Schwert. Die lodernde Blutgier, die
stets in der Klinge erwachte, wenn er danach griff, kam
jetzt nicht, aber er spürte, dass er sehr wohl in der Lage
war, sie zu ziehen. Und vielleicht war Morgaine Le Faye
der einzige Mensch auf der Welt, den er ohne Not töten
konnte. Er hatte nicht vergessen, dass sie es war, die Merlin ermordet und diesen ganzen sinnlosen blutigen Krieg
gegen Camelot vom Zaun gebrochen hatte.
Und er wusste nicht einmal warum.
»Welche?«
»Warum?«, fragte Lancelot. »Ihr wart es, die mir aufgelauert hat. Ihr habt mir an jenem Morgen im Wald das
Leben gerettet, aber Ihr habt auch Eure Krieger gegen
mich gehetzt, obwohl Ihr wusstet, dass ich sie besiegen
würde.«
»Ich habe es gehofft«, sagte Morgaine. »Ja, das stimmt.
Und du hast mich nicht enttäuscht.«
»Warum?«, wiederholte Lancelot verständnislos. »Der
Tod dieser Männer war vollkommen sinnlos. Ihr habt gewusst, dass sie keine Chance gegen mich haben – und sie
wussten es auch.«
»Ihr Tod war nicht sinnlos«, behauptete Morgaine. Sie
lächelte weiter, aber dieses Lächeln war jetzt kalt und
falsch und in ihren Augen lag eine Härte, die Lancelot
einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
»Was macht Sinn am Tod eines Mannes, der gezwungen
wird gegen einen Feind zu kämpfen, den er nicht schlagen
kann?«, fragte Lancelot.
»Sein Tod«, sagte Morgaine. »Jeder Mann, den du getötet hast, war wichtig für mich. Deshalb hat meine Magie
sie sozusagen in dein Schwert getrieben. Du weißt es noch
nicht, aber du gehörst bereits mir, mein junger, tapferer,
dummer Freund.«
»Wie bitte?«
Morgaine Le Faye deutete mit einer Kopfbewegung auf
Lancelots rechte Hand, die sich so fest um den Schwertgriff geschlossen hatte, dass es ihm wehtat.
»Hast du es denn immer noch nicht begriffen?«, fragte
sie. »Die Dienste dieses Schwertes sind nicht umsonst. Es
verlangt einen Preis für seine Hilfe und du hast diesen
Preis bereitwillig bezahlt.«
Lancelot verstand immer noch nicht, wovon sie sprach,
aber tief in ihm begann sich etwas wie ein eisiges Entsetzen breit zu machen, als hätte ein Teil von ihm sehr wohl
begriffen, was sie ihm sagen wollte, ja, hätte es vielleicht
die ganze Zeit über gewusst. »Was … was meint

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