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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Morgaine. »Aber
das ist mein Problem. Er mag Artus’ und mein Sohn sein,
aber ich kenne seine Schwächen. Er ist ein Herrscher, aber
kein König. Ich brauche jemanden, der nicht nur durch das
Schwert regiert.«
»Ihr kennt meine Antwort«, wiederholte Lancelot. »Ich
werde Euch niemals gehören.«
»Überleg es dir noch einmal«, meinte Morgaine Le Faye
erneut. Sie schüttelte den Kopf, als Lancelot widersprechen wollte, und machte eine befehlende Geste. »Ich werde dieses Nein jetzt nicht akzeptieren. Ich gebe dir Zeit bis
morgen früh, in Ruhe über mein Angebot nachzudenken.
Wenn dir dein eigenes Leben und das von Gwinneth schon
egal ist, dann denk an das Leben all der Menschen hier in
der Stadt. Komm zu mir und ich breche den Angriff ab.
Und bedenke deine Entscheidung gut. Ein Nein würde
nichts ändern. Du kannst weder diese Rüstung noch das
Schwert jemals wieder im Leben ablegen. Es ist zu spät,
glaube mir. Du kannst dich noch eine Weile wehren, aber
irgendwann gehörst du mir. Der Unterschied ist nur, ob
Gwinneth, Artus, seine Ritter und all die Menschen hier in
der Stadt dann noch am Leben sind oder nicht. Es liegt bei
dir.«
Das Schlimmste war: Lancelot spürte, dass dieses Angebot ernst gemeint war. Morgaine log nicht. Damit bürdete
sie ihm die alleinige Verantwortung für jedes einzelne
Leben hier in der Stadt auf. Sie ließ ihm keine Wahl.
Und dann tat sie etwas, was noch viel, viel schlimmer
war. Lancelot hatte geglaubt, dass es nichts mehr gab, was
sie ihm noch antun konnte, aber das stimmte nicht.
Morgaine trat einen Schritt zurück, machte eine schnelle
Handbewegung – und Lancelot konnte spüren, wie der
Bann von ihm abfiel. Plötzlich konnte er sich wieder bewegen. Plötzlich gehorchten ihm seine Glieder wieder und
er wusste mit unerschütterlicher Sicherheit, dass er jetzt, in
diesem einen Moment, tatsächlich fähig war, das magische
Schwert gegen sie einzusetzen.
»Was … was tust du?«, murmelte er.
»Ich gebe dir eine Chance«, sagte Morgaine. »Töte
mich. Du kannst es. Wenn du es wirklich willst, kannst du
es. Jetzt. Nur dieses eine Mal.«
»Aber, aber warum?«
»Weil das nichts ändern würde«, antwortete Morgaine.
Sie deutete auf das Schwert. »Nimm noch ein einziges
Leben damit und die Verwandlung ist vollendet. Töte
mich und du nimmst meinen Platz ein. Es macht keinen
Unterschied.«
Und auch das war die reine Wahrheit. Lancelot wankte
einen halben Schritt zurück und stöhnte wie unter Schmerzen. »Wie kann ein Mensch nur so grausam sein?«, murmelte er.
»Ich bin kein Mensch«, erinnerte Morgaine Le Faye mit
einem milden Lächeln. »So wenig wie Artus. Oder Gwinneth. Und du, Lancelot.«
Und damit verschwand sie.
Lancelot stand lange Zeit da und starrte die Stelle an, an
der der Schatten gestanden hatte. Dann drehte er sich um
und ging mit schleppenden Schritten und hängenden
Schultern, wie unter einer unsichtbaren Zentnerlast gebeugt, langsam wieder in die Stadt zurück.
Der Lärm der Schlacht hielt noch immer an, als er zur
Burg zurückkehrte. Camelots Schicksal und erst recht das
Artus’ und jedes seiner Ritter war Lancelot alles andere
als gleichgültig, aber Morgaine hatte ihm auch klar gemacht, dass es rein gar nichts mehr gab, was er jetzt noch
für sie tun konnte. Es gab überhaupt nur noch eine Sache,
die er tun konnte, und auch wenn sie allen – Artus vielleicht ausgenommen, der die Wahrheit ahnen mochte –
wie Verrat und Feigheit vorkommen musste, so war es
doch alles, was ihm noch zu tun blieb. Wenn er dieses
verfluchte Schwert noch ein einziges Mal hob, wenn er
noch einen einzigen Tropfen Blut damit vergoss, dann
würde er selbst zum schlimmsten Feind werden, den sich
Artus und alle seine Ritter nur denken konnten.
Lancelot fragte sich, was geschehen würde. Würde sich
seine Rüstung schwarz färben und plötzlich mit Stacheln
und tödlichen Klingen besetzt sein wie die, die Mordred in
der Schlacht am Cromlech getragen hatte? Würde sein
Gesicht düster und grausam, seine Stimme von Bosheit
und Kälte erfüllt sein wie die Mordreds? Nein. So einfach
würde es nicht sein. Es würde ganz anders sein und viel,
viel schlimmer.
Aber Lancelot hatte nicht vor, es so weit kommen zu lassen.
Er überlegte einen Moment ernsthaft, Artus eine Nachricht zukommen zu lassen, um die Gründe für seinen vermeintlichen Verrat zu erklären. Trotz des Schadens, den
Artus’ Ansehen in seinen Augen während der letzten Tage
und Stunden genommen hatte, empfand er immer noch

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