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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Stadtmauern wären sie auf jeden Fall sicherer
gewesen. Dennoch: Er konnte Artus’ Wahl sehr gut verstehen. Er selbst an seiner Stelle hätte wohl nicht anders
entschieden.
    »Nein, bitte, Sir Lancelot«, sagte der Bischof. In seiner
Stimme klang beinahe so etwas wie Verzweiflung mit.
»Nicht so weit nach rechts! Morgen wird dort der Herzog
von Canterbury stehen. Ihr tretet ihm gerade auf die Füße.«
    Parzifal, der hinter ihm stand, lachte ganz leise und Lancelot warf dem Bischof einen ärgerlichen Blick zu.
Sie waren jetzt seit einer guten Stunde hier. Der Bischof
hatte ihnen den genauen Verlauf der Hochzeitszeremonie
erklärt und anschließend darauf bestanden, sie mindestens
einmal zu proben. Der Vorschlag war Lancelot albern
vorgekommen, aber er hatte schließlich zugestimmt und
schon nach kurzer Zeit zugeben müssen, dass eine solche
Probe durchaus nötig war. Es war eine Sache, sich den
Verlauf eines Empfanges anzuhören, und eine ganz andere, jeden Schritt in der richtigen Geschwindigkeit und
richtigen Reihenfolge zu tun. Und ganz offensichtlich eine, die ihm nicht sonderlich lag.
Was immer er auch tat, es schien falsch zu sein.
»Der erste Teil war schon ganz richtig«, sagte der Bischof. »Ihr werdet Lady Gwinneth draußen in Empfang
nehmen und durch die Tür hereinführen, aber ich bitte
Euch, tut es mit einiger Würde. Ihr seid in einer Kirche,
nicht auf dem Schlachtfeld, und Ihr führt eine Braut zum
Altar, keinen Ochsen auf die Weide.«
Lancelot warf Parzifal einen fast flehenden Blick zu, »So
schlimm?«
Parzifal schüttelte den Kopf. »Schlimmer«, sagte er fröhlich.
»Es ist auch nicht ganz leicht, jemanden am Arm zu führen, der gar nicht da ist«, maulte Lancelot. »Ich bin
schließlich kein Gaukler.«
»Dieser Einwand ist nicht der schlechteste«, sagte der
Bischof. Er wandte sich mit einem leicht schadenfrohen
Lächeln an Parzifal. »Vielleicht ist es tatsächlich einfacher, wenn es jemanden gibt, der die Rolle der edlen Lady
Gwinneth annimmt. Wenn Ihr vielleicht so freundlich
wärt?«
»Ich?« Parzifal klang regelrecht entsetzt und jetzt war es
an Lancelot, ihm schadenfroh ins Gesicht zu grinsen.
»Ich sehe hier sonst niemanden«, sagte der Bischof geduldig. Er runzelte die Stirn. »Ziert Euch nicht. Niemand
sieht uns.«
Parzifal verdrehte die Augen, wandte sich aber gehorsam
um und ging zur Tür und Lancelot folgte ihm, nahm links
von ihm Aufstellung und hob den angewinkelten rechten
Arm an. »Mylady«, sagte er spöttisch.
Parzifal spießte ihn mit Blicken regelrecht auf, legte aber
gehorsam die Hand auf seinen Unterarm und stolzierte mit
affektierten Schritten neben ihm her, als sie durch den
Mittelgang auf den kleinen Altar zugingen.
Der Bischof seufzte leise, sagte aber nichts, sondern
schien Lancelots Schritte mitzuzählen. Als sie die Hälfte
der Strecke hinter sich gebracht hatten, schüttelte er den
Kopf und wedelte unwillig mit der Hand. »Ihr seid viel zu
schnell«, sagte er. »Und Ihr, Sir Parzifal, wenn Ihr mir die
Bemerkung gestattet – Ihr seid kein Pfau. Versucht wenigstens einigermaßen damenhaft auszusehen.«
Hinter ihnen ertönte ein helles Lachen, und eine Stimme,
die Lancelot einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ, sagte:
»Ich fürchte, das ist so ziemlich das Schlimmste, was Ihr
von dem guten Sir Parzifal verlangen könnt. Aber warum
lasst Ihr mich nicht diesen Part übernehmen? Ich habe ein
wenig Übung darin.«
Parzifal nahm hastig die Hand von Lancelots Arm und
Lancelot spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich.
Sein Herz begann so heftig zu klopfen, dass es schmerzte.
Gwinneth trug ein schlichtes dunkelblaues Gewand, das
ihre Gestalt vollkommen verhüllte, und ihr Gesicht war
hinter einem dichten weißen Schleier verborgen, aber
Lancelot hätte sie auch erkannt, hätte sie sich in einen
Sack gehüllt und eine schwarze Maske getragen.
Seine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt und er wusste
nicht, was er sagen sollte, und hätte er es gewusst, hätte er
vermutlich keinen Ton herausgebracht.
»Also?«, fragte Gwinneth. »Braucht Ihr noch jemanden,
der die Rolle der Braut spielt?«
Parzifal brachte es irgendwie fertig, so zu tun, als wäre
er überhaupt nicht da, und auch der Bischof druckste einen
Moment herum. »Ich weiß nicht, ob es sich geziemt …«,
begann er.
Gwinneth unterbrach ihn mit einer raschen Handbewegung. »Unsinn«, sagte sie. »Schließlich bin ich die Braut,
oder? Und ich lege so

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