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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass
Artus es unweigerlich gesehen hätte, hätte er ihn in diesem
Moment angeblickt. Spürte man es so deutlich?
»Natürlich tue ich das, Mylord«, antwortete er zögernd.
»So wie jeder hier.«
»Lügt mich nicht an, ich bitte Euch«, sagte Artus müde.
Er öffnete die Augen, trank einen Schluck Wein und stellte den Becher dann mit einem angewiderten Gesichtsausdruck auf das Fenstersims, als hätte Essig seine Lippen
benetzt. »Ihr wisst, was ich meine.«
Lancelot schwieg. Er hätte leugnen können, aber er
wusste, wie wenig Sinn es gehabt hätte – und er wollte es
auch nicht mehr.
Artus nickte schwer mit dem Kopf. »Ich danke Euch,
dass Ihr wenigstens ehrlich seid«, murmelte er.
»Artus, ich versichere Euch, dass –«, begann Lancelot,
aber Artus unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln.
»Ihr wart lange fort«, sagte er. »Fast zwei Wochen. Der
Weg nach Malagon ist weit, aber nicht so weit.«
Warum sagte er es ihm nicht? Hier und jetzt? Warum
stand er nicht auf, trat Artus gegenüber und gestand ihm,
was zwischen ihm und Gwinneth war? Vielleicht war dies
der einzige Moment, den es je gegeben hatte und der je
kommen würde, in dem er es wagen konnte, Artus die
Wahrheit zu sagen. Doch stattdessen hörte er sich selbst
antworten: »Es waren keine zwei Wochen, Artus. Für
mich ist ein Tag vergangen, seit wir das letzte Mal zusammen in diesem Raum gewesen sind und annähernd
dasselbe Gespräch geführt haben.«
Ihm war klar, wie lächerlich das in Artus’ Ohren klingen
musste, und vermutlich hatte er mit dieser so offensichtlichen Lüge jeden möglichen Rest von Artus’ gutem Willen
verspielt. Doch statt aufzufahren oder ihn auszulachen,
drehte sich Artus ihm gänzlich zu und sah ihn mit sonderbarem Ausdruck an. Er schwieg.
Und Lancelot fuhr fort: »Und ich war auch nicht in Malagon. Jedenfalls nicht wirklich. Ich war –«
»Ich weiß, wo Ihr wart«, unterbrach ihn Artus. »Ich habe
den Thronsaal meiner geliebten Schwester erkannt, als sie
über den Abgrund zwischen den Welten griff, um Gwinneth zu entführen.«
»Eure … Schwester? Ich habe es gehört, doch ich konnte
es nicht glauben.«
Artus verzog kurz und schmerzlich die Lippen. »Ich bitte
Euch, Lancelot, macht Euch nicht über mich lustig. Jedermann in Camelot weiß, dass der Bastard, den Morgaine
Le Faye geworfen hat, mein Sohn ist. Nur wagt niemand
es auszusprechen.«
Erneut spürte Lancelot ein kurzes, eisiges Frösteln, als er
hörte, wie Artus über seinen eigenen Sohn sprach.
Woher dieser abgrundtiefe Hass?
»Ich hielt es für ein Gerücht«, meinte Lancelot. »Die
Leute reden viel.«
»Nun, es ist die Wahrheit«, sagte Artus. »Was nicht ganz
so allgemein bekannt ist, ist der Umstand, dass Morgaine
damals in einer anderen Gestalt zu mir kam.«
»In einer anderen Gestalt?«
»Sie hat ihren Beinamen nicht von ungefähr«, bestätigte
Artus. »Ihr wart in ihrer verfluchten schwarzen Festung.
Ihr habt gesehen und erlebt, über welche Macht sie gebietet. Sie hat von Anfang an versucht, mich zu vernichten
und mir zu schaden. Ich hätte sie töten sollen, als ich noch
die Gelegenheit dazu hatte.«
»Sie ist Eure Schwester, Mylord«, sagte Lancelot vorsichtig. »Gelten Blutsbande denn dort, wo Ihr herkommt,
nichts?«
»Sie ist eine Hexe«, widersprach Artus. »Sie tötete die
Frau, die mir alles bedeutet hat, und nahm ihre Gestalt an,
und nachdem sie sicher war, ein Kind von mir empfangen
zu haben, offenbarte sie sich mir, um mich zu demütigen.
Aus keinem anderen Grund wurde Mordred geboren. Er
ist alles, was ich verachte, aber auch alles, was ich fürchte.
Am Tag seiner Geburt kam Morgaine noch einmal zu mir
und prophezeite mir, dass es Mordred sein wird, mein eigener Sohn, der mich eines Tages tötet.«
»Hasst Ihr ihn deshalb so?«, fragte Lancelot geradeheraus.
»Hassen?« Artus schüttelte heftig den Kopf. »Ich verachte ihn. Er mag mein eigen Fleisch und Blut sein, aber
er steht für alles, was ich zeit meines Lebens bekämpft
habe. Ich fürchte den Tod nicht, wenn es das ist, was Ihr
mit Eurer Frage meint, mein Freund. Ich sehne ihn nicht
herbei, aber ich habe auch keine Angst vor ihm. Irgendwann werde ich sterben wie jeder und es spielt keine Rolle, wer es ist, der mich tötet. Doch wenn Mordred siegt
und damit Morgaine, dann wird sich die Dunkelheit wieder über dieses Land senken.
Ich weiß, dass ich nicht vollkommen bin. Ich weiß, dass
auch die Menschen meines Reiches ihren König oft genug

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