Elbenschswert
habt von König Artus und Camelot gehört, von der Tafelrunde und von unserer Unbesiegbarkeit. Aber damit ist es
vorbei.«
»Mylord?«, fragte Lancelot noch einmal.
»Es war Merlins Zauber, der uns unbesiegbar gemacht
hat«, sagte Artus. »Seine Magie. Sie allein hat uns die
Kraft gegeben, jeden Kampf zu gewinnen, jeden Gegner
zu überwinden und sei er noch so überlegen und tapfer.
Aber nun, da er nicht mehr da ist, ist auch seine Magie
erloschen.«
»Aber das … das kann doch gar nicht sein«, murmelte
Lancelot. »Ich meine … was …?«
»Er hat mir niemals gesagt, womit er den Magischen
Kelch füllt, der uns diese Kraft und Stärke gab«, sagte
Artus. »Und ich habe ihn niemals danach gefragt. Ich bin
wohl davon ausgegangen, dass es immer so weitergeht.
Ich Narr.«
Lancelot starrte ihn an. Plötzlich verstand er, warum Artus damals so entsetzt gewesen war, als Merlin Morgaines
Anschlag zum Opfer fiel. Es war nicht nur die Trauer um
einen guten alten Freund gewesen, nicht nur der Schmerz
über den Verlust eines Mannes, den er zeit seines Lebens
gekannt und geliebt hatte wie einen Vater. Es war das abgrundtiefe Entsetzen gewesen, als ihm klar wurde, dass
mit dem alten Druiden auch Camelots stärkster Schild
gegangen war.
»Ein … ein Zaubertrank?«, fragte er unsicher.
»So scheußlich, wie er geschmeckt hat, kann es sich nur
um einen Zaubertrank gehandelt haben«, antwortete Artus
und fügte mit einem schmerzlichen Lächeln hinzu: »Oder
um eines von Dagdas berüchtigten Rezepten für eine Suppe.«
»Aber er muss Euch doch gesagt haben –«
»Nein!«, unterbrach ihn Artus. »Das hat er niemals. Wozu auch? Ich bin kein Zauberer. Wahrscheinlich wäre ich
nicht einmal in der Lage, diesen Trank zu mixen, wenn ich
all seine Zutaten hätte.«
»Dann geht zurück auf die Tir Nan Og und ruft einen
anderen Druiden«, schlug Lancelot vor, aber Artus reagierte nur mit einem erneuten Kopfschütteln.
»Ich kann nicht dorthin zurück«, sagte er. »Nie wieder.
Und es ist auch nicht so, dass –«
Er verstummte mitten im Satz und runzelte die Stirn, als
er Lancelots Gesichtsausdruck bemerkte. »Was habt Ihr?«,
fragte er.
Lancelot antwortete nicht. Er starrte Artus nur aus aufgerissenen Augen an und hinter seiner Stirn fügten sich die
durcheinander gewirbelten Teile eines Bildes, das die ganze Zeit über in ihm gewesen war, plötzlich zu einem Ganzen zusammen.
»Lancelot!«, sagte Artus. Lancelot blickte ihn noch einige Sekunden an, dann wandte er sich um und begann mit
weit ausgreifenden Schritten auf die Tür zuzurennen.
»Wartet hier auf mich, Artus!«, rief er. »Ich glaube, ich
weiß, wovon Ihr gesprochen habt!«
Da es bereits tiefste Nacht und niemand in Camelot nach
Feiern zumute war, lagen nicht nur die Straßen der Stadt
wie ausgestorben da, auch in Tanders Gasthaus waren
längst alle Lichter erloschen und die Faustschläge, mit
denen Lancelot gegen die Tür hämmerte, mussten noch
einen Häuserblock weiter zu hören sein.
In einem Gebäude auf der anderen Straßenseite flackerte
bereits Kerzenschein hinter vorgelegten Läden auf und aus
einem anderen Fenster drang eine unwillige Stimme, die
sich schlaftrunken, aber lautstark über die nächtliche Ruhestörung beklagte und dann abrupt abbrach, als ihr Besitzer offenbar sah, wer da zu solch unchristlicher Zeit Lärm
machte. Lancelot ließ sich von alledem nicht irritieren,
sondern schlug nur noch heftiger gegen die Tür, dass das
Holz und der vorgelegte Riegel ächzten. Bisher war die
einzige Reaktion auf seine Rufe und den Lärm Wolfs
schrilles Kläffen, das aus der Scheune hinter dem Haus
drang, aber endlich hörte er von drinnen polternde Schritte
und dann Tanders missmutige Stimme, die dem nächtlichen Störenfried eine gehörige Tracht Prügel ankündigte,
ganz egal wer und weshalb er gekommen war.
Lancelot trat ungeduldig einen halben Schritt von der
Tür zurück und hörte, wie der Riegel scharrend zurückgezogen wurde, dann ging die Tür einen Spaltbreit auf und
Tanders verschlafenes Gesicht blinzelte unter einem
Schopf wirr in alle Richtungen abstehender Haare zu ihm
heraus. »Wer zum Teufel –?«, begann er, stockte dann
mitten im Wort und riss verwirrt die Augen auf, als er sein
Gegenüber erkannte. Lancelot gab ihm keine Zeit, seine
Frage zu Ende zu bringen, sondern versetzte der Tür einen
so derben Stoß, dass sie nach innen aufflog und Tander
nicht nur zwei Schritte rücklings gegen einen der
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