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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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noch einen Moment lang ausdruckslos an, aber dann nickte er und
gab Galahad ein Zeichen, ihn loszulassen.
Offensichtlich glaubte er ihm und auch Lancelot war sicher, dass Tander die Wahrheit gesagt hatte. Nicht viele
Männer hatten die Kraft, zu lügen, wenn sie Todesangst
verspürten oder ihnen die Folter angedroht wurde, und
Tander gehörte ganz bestimmt nicht dazu.
»Also gut«, sagte Artus. »Dann werden wir diesen Marcus den Einäugigen befragen, ob deine Geschichte wahr
oder gelogen ist. Doch bis es so weit ist, darfst du als Gast
in meiner Burg leben.« Er gab Galahad ein Zeichen.
»Werft den Kerl in den Kerker!«
Noch in derselben Nacht hatte Artus einen Trupp Reiter
losgeschickt, um nach dem Trödler und Hehler zu suchen,
und er hatte ihnen bei ihrem Leben eingeschärft, ihn unversehrt zurückzubringen – samt seiner Ware. Lancelot
hätte zwar nichts anderes getan, war aber nicht besonders
zuversichtlich. Es war zu lange her. Wenn das, was Galahad über Marcus den Einäugigen gesagt hatte, stimmte,
dann war er ganz gewiss keiner, der lange an einem Ort
blieb, und vermutlich vermochte er auch seine Spuren gut
zu verwischen.
Stanton war ein kleiner Ort einen Tagesritt nördlich von
hier. Selbst mit einem mit Diebesgut hoch beladenen Wagen konnte man ihn in zwei Tagen bequem erreichen und
in den gut vier Wochen, die seither verstrichen waren,
konnte der Hehler sonst wo sein – und vermutlich hatte er
seine Ware unterwegs an einem Dutzend verschiedener
Orte an zehn Dutzend verschiedene Kunden verkauft.
Aber irgendwie mussten sie ja anfangen zu suchen.
Lancelot schlief in dieser Nacht nur ein paar Stunden,
und als er am Morgen erwachte, wünschte er sich fast, gar
nicht zu Bett gegangen zu sein. Er hatte einen grässlichen
Albtraum gehabt, an den er sich nicht mehr in allen Einzelheiten erinnerte, der aber so schlimm gewesen war,
dass er schweißgebadet und mit heftig klopfendem Herzen
aufwachte und sicher war, im Schlaf geschrien zu haben.
In seinem Mund war der Geschmack von Blut. Wahrscheinlich hatte er sich im Schlaf auf die Zunge gebissen.
Außerdem hatte er hämmernde Kopfschmerzen.
Wolf saß auf seiner Brust und gab sich alle Mühe, ihm
die Haut vom Gesicht zu lecken.
Lancelot richtete sich benommen auf, setzte den kleinen
Hund behutsam auf den Boden und stand ganz auf.
Es klirrte, als er sich bewegte, und sein Rücken und seine Glieder taten derartig weh, als hätte er versucht auf
einem Nagelbrett zu schlafen. Dieser Vergleich war vielleicht nicht ganz falsch. Er hatte in seiner Rüstung geschlafen, aus Angst, dass jemand hereinkommen und ihn
in seiner wirklichen Gestalt erblicken würde. Ein Zustand,
den er auf Dauer sicherlich nicht halten konnte. Ganz davon abgesehen, wie unbequem es war, in einem Nachtgewand aus Eisen zu schlafen, hatte er sich ohnehin schon
gewundert, dass noch niemand in Camelot angefangen
hatte darüber zu munkeln, dass man ihn nie ohne die Rüstung sah.
Lancelot warf einen müden Blick zur Tür, verschob die
Antwort auf diese Frage auf später und schlurfte zu dem
kleinen Tischchen neben dem Fenster, auf dem ein Eimer
mit Wasser stand. Als er die Hände hineintauchen wollte,
stellte er fest, dass er leer war. Gut, dann würde er sich
eben heute Morgen nicht waschen. Aber das ist typisch für
Evan, dachte er. Als Dulac noch hier gearbeitet hatte, hatten die Gäste stets frisches Wasser in ihren Zimmern gefunden.
Der Gedanke weckte die Erinnerung an die vergangene
Nacht wieder in ihm. Artus hatte seinem Wunsch entsprochen und ihm zumindest sein Wort gegeben, dass dem
Jungen nichts passieren würde, aber die Ritter hatten ihn
trotzdem mitgenommen und gleich neben Tander in eine
zweite, leere Kerkerzelle gesperrt. Lancelot war Evan rein
gar nichts schuldig, ganz im Gegenteil, aber er fand dennoch, dass er ein solches Schicksal nicht verdient hatte.
Außerdem musste er verhindern, dass Evan sich möglicherweise ein wenig zu vertraut mit Artus unterhielt. Artus
mochte Dulac tatsächlich für tot halten, aber er war kein
Dummkopf.
Er ging zur Tür, schob den Riegel zurück und zögerte
einen Moment, ehe er auf den Flur hinaustrat. Er bewohnte noch immer dasselbe Zimmer wie zuvor, das nur ein
paar Schritte von dem Gwinneths und ihrer Zofen entfernt
war, und er hatte mehr denn je Angst, ihr zu begegnen.
Das Gespräch mit Artus in der vergangenen Nacht hatte
ihm endgültig klar gemacht, dass es keine gemeinsame
Zukunft für sie gab.

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