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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nachzukommen, und Wander, nur im Nachthemd und barfüßig, aus der Tür stürmte.
Als sie wieder allein waren, wandte sich Tander zögernd
zu ihm um. »Dürfte ich fragen, warum Ihr den Jungen so
dringend sprechen wollt, Herr?«, fragte er.
Lancelot nickte. »Natürlich dürft Ihr das«, sagte er, drehte sich herum und begann mit langsamen Schritten im
Zimmer auf und ab zu gehen, während er Wolf kraulte.
Der Hund hatte zwar endlich aufgehört zu bellen, malträtierte sein Gesicht aber immer noch mit der Zunge und
wedelte so heftig mit dem Schwanz, dass es klang, als
schlüge jemand mit einem kleinen Hammer rasend schnell
auf Lancelots Rüstung ein. Ungeduldig wartete dieser darauf, dass Tanders Sohn zurückkam und Evan mit sich
brachte.
Endlich wurde die Tür wieder geöffnet und Wander kam
herein, Evan im Schlepptau, dem man ansah, dass er sich
nur hastig und unvollständig angezogen hatte und ebenfalls aus dem tiefsten Schlaf gerissen worden war. Er tat
Lancelot fast ein bisschen Leid. Wie er Tander kannte,
hatte der Junge von Sonnenauf- bis lange nach Sonnenuntergang gearbeitet.
»Es ist gut«, sagte er zu Wander. »Du kannst gehen.«
Der Junge verschwand hastig in der Küche und Lancelot
wartete, bis sie wieder allein waren, ehe er sich mit einer
betont langsamen Bewegung Evan zuwandte.
Er lächelte sogar, aber Evans Gesichtsausdruck nach zu
urteilen, schien dieses Lächeln seine Wirkung ziemlich zu
verfehlen. »So schnell sehen wir uns also wieder, Evan«,
sagte er. »Das war doch dein Name, nicht wahr?« Evan
nickte. »Ich habe eine Frage an dich, Junge«, fuhr Lancelot fort. »Und überlege dir die Antwort gut. Du kennst
diesen Hund?«
Evans Blick strich nervös über Wolf. Er nickte und fuhr
sich mit der Zungenspitze über die Lippen, schwieg aber
ansonsten.
»Man hat mir eine seltsame Geschichte erzählt, Evan«,
sagte er. »Du und deine Freunde, ihr besitzt ebenfalls
Hunde, habe ich Recht? Viel größere, wildere Hunde.
Richtige Bestien, sagte man.«
Evan nickte erneut. Er sagte immer noch nichts, aber
sein Blick flackerte. Er starb innerlich fast vor Angst.
Ahnte er, worauf Lancelot hinauswollte?
»Und ich habe gehört, dass dieser kleine Hund hier die
euren fast in Stücke gerissen hätte. Es fällt mir schwer, das
zu glauben.« Er streichelte Wolf, der den Kopf gehoben
hatte und ihn anblickte, als sei er beleidigt, dass Lancelot
an seinen Fähigkeiten zweifelte, und sah Evan auffordernd
an. Dieser schwieg aber unverwandt weiter.
»Also?«, fragte Lancelot schließlich.
»Das … das ist die Wahrheit, Herr«, stammelte Evan. Er
raffte all seinen Mut zusammen, um Lancelot ins Gesicht
zu sehen, und für einen Moment blitzte etwas in seinen
Augen auf, das Lancelot nicht gefiel. Aber dann fuhr er
fort: »Ich hätte es selbst nicht geglaubt, wenn ich es nicht
mit eigenen Augen gesehen hätte. Er hätte unsere Hunde
getötet, hätte sich Tander nicht dazwischengeworfen. Er
muss vom Teufel besessen gewesen sein. Anders kann ich
es mir nicht erklären.«
»Interessant«, sagte Lancelot ruhig. Er ließ ganz bewusst
eine kurze Weile verstreichen und tat so, als blicke er sinnend zu Boden, behielt Evan aber aus dem Augenwinkel
aufmerksam im Blick. Der Junge sah völlig eingeschüchtert und verängstigt aus, aber noch immer ein wenig nachdenklich, und Lancelot machte sich klar, wie gefährlich
das Spiel war, das er spielte. Er hatte schon einmal das
Gefühl gehabt, dass Evan ihn erkannt hatte oder wenigstens kurz davor stand. Natürlich würde niemand dem
Jungen glauben, wenn er behauptete, in dem berühmten
Ritter Lancelot du Lac den Küchenjungen Dulac wieder
erkannt zu haben, der noch dazu als tot galt, aber Gerüchte
machten schnell die Runde und manchmal umso rasanter,
je weniger glaubhaft sie waren. Aber er musste Gewissheit
haben.
»Erinnerst du dich noch genau daran, wann es war?«,
fragte er nach einer Weile.
Evan schüttelte den Kopf. »Es ist länger her«, sagte er.
»Bestimmt vier Wochen, wenn nicht mehr. Aber an den
genauen Tag kann ich mich nicht erinnern, Herr, das ist
die Wahrheit. Ich … zähle die Tage nicht.«
»Wenn das so ist«, sagte Lancelot und sah Tander nachdenklich an, »könnt Ihr uns vielleicht weiterhelfen.«
»Herr?«, murmelte Tander. Lancelot sah ihm an, dass er
wirklich nicht verstand, was diese Frage sollte.
»Ich meine«, sagte Lancelot, »könnte es zufällig in der
Nacht gewesen sein, in der Ihr Dagdas Küchenutensilien

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