Elbenschswert
Mandrake brennen darauf, dem Heerführer der Pikten zu
zeigen, wie viele seiner Männer sie, auf die Rücken ihrer
Pferde gebunden, zurückschicken können.«
»Ich werde sie begleiten«, sagte Lancelot, aber Artus
schüttelte den Kopf.
»Ich weiß, wie sehr Ihr auf einen Kampf mit den Barbaren brennt, mein Freund«, sagte er. »Aber für Euch habe
ich eine wichtigere Aufgabe.«
»Und was wäre das?«, fragte Lancelot misstrauisch.
Artus deutete auf Parzifal, dann auf ihn. »Ich möchte,
dass ihr losreitet und diesen Hehler sucht. Sir Braiden wird
euch begleiten. Er kennt sich gut im Osten aus, wo wir
diesen Marcus vermuten.«
Er sollte einen Dieb jagen? Auch wenn Lancelot – mit
Ausnahme Artus’ als Einzigem hier – wusste, dass es um
mehr ging als um gestohlenes Küchengerät und einen
kleinen Hehler, so empörte ihn dieses Ansinnen im ersten
Moment. Dann aber begegnete er Artus’ Blick und
schluckte die Worte hinunter, die ihm auf den Lippen lagen. Artus schickte ihn nicht auf diese Mission, um ihn zu
demütigen, sondern weil er der Einzige hier war, dem er
wirklich vertraute. Der Einzige, der sein Geheimnis kannte.
»Wie Ihr befehlt, Mylord«, sagte er. »Ich werde mein
Pferd satteln und sofort aufbrechen.«
Als er sich auf der Stelle umwenden und seine Ankündigung in die Tat umsetzen wollte, hob Artus rasch die
Hand. »Nicht so schnell, Sir Lancelot«, sagte er mit einem
warmen Lächeln. »Es müssen noch ein paar Vorbereitungen getroffen werden. Der Weg nach Stanton ist vielleicht
nicht weit, aber es mag sein, dass Ihr länger unterwegs
seid. Ich habe bereits Anweisung gegeben, Euch ausreichend Wegzehrung zusammenzustellen. Ist da sonst noch
etwas, das Ihr mitzunehmen wünscht?«
»In der Tat«, antwortete Lancelot in einem Ton, der
nicht nur Galahad aufmerksam in seine Richtung blicken
ließ. Ihm war völlig klar, dass er sich jetzt auf dünnes Eis
begab, aber Artus bot ihm die Lösung seines momentan
größten Problems ja geradezu auf dem Silbertablett an.
»Ich würde gern den Jungen mitnehmen.«
»Den Jungen?« Artus runzelte die Stirn.
»Evan war sein Name, glaube ich«, sagte Lancelot.
»Das ist richtig«, antwortete Artus. »Aber was wollt Ihr
mit ihm? Er würde Euch nur belasten.«
»Und bei der ersten Gelegenheit davonlaufen«, fügte
Galahad hinzu.
»Das mag sein«, gab Lancelot zu. »Aber er ist der Einzige, der Marcus den Einäugigen kennt.«
»Einen einäugigen Hehler zu erkennen dürfte ja nicht
besonders schwer sein«, sagte Galahad spöttisch, aber
Artus gebot ihm mit einer Geste zu schweigen und nickte
dann.
»Und vermutlich auch seine Gehilfen«, pflichtete er
Lancelot bei. »Galahad hat zwar Recht – ich denke, der
Junge wird bei der ersten Gelegenheit weglaufen, schon
weil er fast verrückt ist vor Angst. Aber wenn Ihr Euch
diese Arbeit aufhalsen wollt …« Er hob die Schultern.
»Mir soll es recht sein.«
»Dann sollten wir ihn gleich holen«, sagte Lancelot –
bevor Artus es sich etwa noch anders überlegen konnte.
Parzifals Gesicht war keinerlei Regung anzusehen, aber
dass Sir Galahad nicht mit dieser Entscheidung einverstanden war, war mehr als deutlich und Lancelot wollte
Camelot verlassen, bevor es dem Ritter gelang, Artus vielleicht doch noch umzustimmen.
»Warum nicht?«, meinte Artus mit einem neuerlichen
Schulterzucken. »Ich wollte im Laufe des Tages ohnehin
noch einmal mit Mordred reden. Wir können es genauso
gut jetzt erledigen, wenn wir einmal in den Kerker hinuntergehen.«
Auf dem Weg zurück zum Turm wäre Lancelot um ein
Haar über Wolf gestolpert, der ihm zwar nicht auf den Hof
hinausgefolgt, sondern unter der Tür stehen geblieben war
und das Treiben aufmerksam und mit aufgestellten Ohren
beobachtete, ihm aber mit einem freudigen Kläffen entgegensprang, als er seinen Herrn zurückkommen sah. Parzifal lächelte flüchtig und auf eine gutmütig wirkende Art
schadenfroh, als Lancelot einen komischen Hüpfer in dem
Bemühen machte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren
und zugleich nicht auf den kleinen Hund zu treten, was
dessen sicheres Ende bedeutet hätte, und Sir Galahad fragte hämisch: »Habt Ihr Euch ein neues Haustier zugelegt,
Sir Lancelot?«
Lancelot antwortete nicht gleich, sondern konzentrierte
sich erst einmal darauf, seine Balance wieder zu finden,
ehe er mit todernstem Gesicht sagte: »Die Welt ist voller
Feinde und Gefahren, Galahad. Da braucht man einen guten Hund, auf den man sich verlassen
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