Elbenschswert
gestohlen habt?«
Tander keuchte. »Gestohlen?«, krächzte er mit übertriebener Empörung. »Ich? Aber Herr, wie kommt Ihr auf
eine solche Idee?«
Lancelot wollte antworten, doch in diesem Moment hörte er, wie die Tür hinter seinem Rücken aufging und eine
wohl vertraute Stimme sagte: »Das würde mich auch interessieren.«
Tander schrie erschrocken auf und Evan wich einen halben Schritt zurück und wurde noch blasser. Lancelot zuckte ebenfalls überrascht zusammen, als er sich herumdrehte
und niemand anderen als Artus erkannte.
Der König war nicht allein gekommen. Hinter ihm betraten die Ritter Parzifal und Galahad den Raum und draußen
auf der Straße konnte er weitere, schattenhafte Bewegungen wahrnehmen.
»Mylord?«, fragte er erstaunt. »Verzeiht, ich habe nicht
bemerkt, dass Ihr mir gefolgt seid.«
»Das solltet Ihr auch nicht, mein Freund«, sagte Artus.
Ohne eine weitere Erklärung wandte er sich an Tander.
»Also, guter Mann – was hat Sir Lancelot damit gemeint? Sicher kann es sich nur um eine Verwechslung
handeln oder einen Irrtum.«
Tander nickte so heftig, dass ihm das Haar in die Stirn
fiel. »Bestimmt, Hoheit«, keuchte er. »Ich würde nie–«
»– davon ausgehen, dass der König von Camelot gewiss
nicht weiß, welches Kochgeschirr sich in seiner Küche
befindet, und es stehlen, um es gegen wertlosen Tand auszutauschen, nicht wahr?«, unterbrach ihn Artus mit einem
dünnen Lächeln. Tander wurde noch blasser. Er sagte
nichts mehr. Artus blickte ihn noch eine Sekunde lang
drohend an und wandte sich dann an Lancelot.
»Allerdings ist mir noch nicht ganz klar, was das alles
mit diesem Hund zu tun hat.«
Lancelot dachte einen Moment vergeblich über eine
Antwort nach, die er sowohl in Tanders als auch Evans
Gegenwart und der der anderen Tafelritter geben konnte,
ohne zu viel von dem preiszugeben, was Artus und er vorhin unter vier Augen besprochen hatten, und Artus schien
seine Gedanken wohl zu erraten, denn er machte ein entsprechendes Zeichen mit der Hand und ging dann ans andere Ende des großen Schankraumes.
Lancelot folgte ihm und senkte die Stimme so weit, dass
keiner der anderen ihn hören konnte.
»Es hat mit diesem Hund zu tun, Herr«, sagte er. »Eine
Geschichte, die ich gehört habe. Es heißt, dieses kleine
Tier hier hätte drei ausgewachsene Hunde fast in Stücke
gerissen.«
Artus betrachtete Wolf genauer und runzelte dann die
Stirn. Auf seinen Lippen erschien ein spöttisches Lächeln.
»Seid Ihr sicher, dass er es mit einem neugeborenen Kaninchen aufnehmen könnte?«
»Vermutlich nicht«, sagte Lancelot. Er blieb ernst. »Wie
gesagt, ich habe es nicht geglaubt. Aber vorhin, als Ihr mir
davon erzählt habt, dass Merlins Zauber erloschen ist …
Er hat doch als Küchenmeister bei Euch gearbeitet, nicht
wahr?«
Artus nickte. Sein Blick blieb weiter auf Wolf gerichtet,
aber er sah jetzt sehr nachdenklich drein. »Ja, zu unser
aller Leidwesen. Er wollte sich nicht aufs Altenteil schieben lassen und so mussten wir das ertragen, was er für
seine Kochkünste gehalten hat. Warum fragt Ihr?«
Nun kam der Teil, der Lancelot das größte Kopfzerbrechen bereitete. Er musste sich ein wenig weiter, als gut
war, von der Wahrheit entfernen und konnte nur darauf
hoffen, dass im Zweifelsfall sein Wort mehr galt als das
Evans. Er machte eine Kopfbewegung auf Tanders neuen
Gehilfen, der immer unruhiger von einem Fuß auf den
anderen trat und aus angsterfüllten Augen zu ihnen herüberblickte, und fuhr noch leiser fort: »Es sollte vielleicht
unter uns bleiben, aber ich weiß, dass dieser Junge da gesehen hat, wie der Hund Wasser aus einem alten Becher
trank, der von Tanders Wagen gefallen ist.«
»Ein Becher?«
»Ein großer Becher, aber alt und verbeult. Er gehörte zu
der Beute, die Tander in seinem Schuppen versteckt hatte.«
Artus schwieg einige Augenblicke. Dann sagte er leise:
»Natürlich. Wie konnte ich es vergessen? Der Gral.«
»Gral?«
Artus machte eine rasche wegwerfende Geste. »Wir haben ihn so genannt, um Merlin zu foppen. Er hat so an
dem alten Ding gehangen, als wäre es der Heilige Gral,
und er hat darauf bestanden, dass wir den Messwein daraus trinken, bevor wir in eine Schlacht zogen.« Er sah
Lancelot nun direkt in die Augen. »Und Ihr seid sicher,
dass es dieser Becher war?«
Sicher? Lancelot war so sicher, wie er nur sein konnte.
Er selbst hatte das Wasser in den Becher geschüttet, aus
dem Wolf getrunken hatte. Und erst jetzt, als er
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