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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gebauten Steingebäude, das Mühe
hatte, auch nur mit den Ställen Camelots mitzuhalten, und
man musste schon ein gehöriges Maß an Fantasie aufbringen um sich vorzustellen, wie die verfallene Ruine einmal
ausgesehen haben mochte. Nebenbei war sie auch nicht
schwarz, sondern von einem so staubigen Grau, dass man
beim bloßen Ansehen schon das Gefühl hatte, nicht mehr
richtig atmen zu können.
    Früher einmal hatte Blackmanor Castle vermutlich frei
auf der Kuppe des sanften Hügels gestanden, auf dem es
errichtet worden war, aber der Wald hatte längst begonnen
das verloren Terrain zurückzuerobern und die Rückseite
der Ruine erreicht. Niedriges Gebüsch und fast hüfthohes
Unkraut hatten das Bauwerk bereits überwuchert und nach
Lancelots Meinung konnte es allenfalls noch als Unterschlupf für wilde Tiere und Ungeziefer dienen, kaum mehr
als Behausung von Menschen. Er verstand das, was Sir
Braiden gestern Nacht über seinen Besitzer gesagt hatte,
jetzt um einiges besser. Wer es nötig hatte, in einer solchen Ruine zu wohnen, der konnte wohl kaum über die
entsprechenden Mittel verfügen, um irgendetwas bei einem Hehler zu kaufen, ganz egal wie verlockend oder billig das Angebot auch war.
    Und er bezweifelte ebenso, dass Blackmanor Castle
überhaupt noch einen Bewohner hatte. Über der Ruine
kräuselte sich weder der Rauch eines Kaminfeuers noch
sahen sie ein Licht oder irgendein anderes Anzeichen
menschlicher Anwesenheit.
    Irgendwann im Laufe der letzten beiden Stunden hatte
Braiden die Führung des kleinen Trupps übernommen, fast
ohne dass Lancelot es bemerkt hatte. Jetzt zugehe er sein
Pferd und sie hielten am Fuß der runden Hügelkuppe an,
auf der die Burgruine stand. Braiden blickte aus eng zusammengekniffenen Augen nach oben, musterte jeden
Zentimeter der verfallenen staubgrauen Burgmauern und
drehte sich schließlich ächzend im Sattel, um auch ihre
Umgebung einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.
Eine Stunde nach Mittag waren sie dem letzten menschlichen Wesen begegnet, seither ritten sie durch eine Landschaft, in der sich Wälder, flache Wiesen und karges Felsland abwechselten und die so unberührt erschien, als hätte
es hier niemals Menschen gegeben. Lancelot fragte sich
vergeblich, was für Menschen es gewesen sein mussten,
die ihr Haus ausgerechnet hier errichtet hatten. Blackmanor Castle war schließlich nicht als Ruine erbaut worden,
sondern irgendwann einmal ein stolzes und auch wehrhaftes Gebäude gewesen. Aber was nutzte ein Besitz, auf den
man stolz sein konnte, wenn niemand da war, der ihn sah?
Er überlegte müde, Braiden nach den jetzigen Besitzern
Blackmanor Castles zu fragen, fand es aber dann der Mühe nicht wert und wartete geduldig darauf, dass der Ritter
das Zeichen zum Weiterreiten gab.
    Braiden regte sich jedoch nicht, sondern stellte nur leise
fest: »Scheint niemand zu Hause zu sein.«
»Seit wie vielen Jahren?«, fügte Parzifal hinzu.
Braiden lächelte müde und schüttelte den Kopf. »Ich
kenne den Besitzer von Blackmanor Castle und seine Familie«, sagte er. »Sie sind ziemlich scheu, aber sie gehören
nicht zu denen, die große Reisen zu unternehmen pflegen.«
»Vielleicht haben sie sich vor uns versteckt«, meinte
Lancelot, aber Braiden schüttelte erneut den Kopf.
»Ich sagte scheu «, antwortete er. »Aber ich kenne sie.
Und sie mich. Sie hätten sich längst gezeigt.«
Parzifal seufzte tief. »Und was genau wollt Ihr uns damit
sagen, Sir Braiden?«, fragte er.
Statt zu antworten stieg Braiden aus dem Sattel und zog
sein Schwert. Parzifal hob alarmiert eine Augenbraue,
aber Braiden winkte rasch ab. »Wartet hier auf mich«,
sagte er. »Ich gehe voraus. Vielleicht habt Ihr ja Recht und
sie haben wirklich nur Angst. Es ist besser, wenn ich allein
hinaufgehe.«
Er wartete die Antwort auf seinen Vorschlag nicht ab,
sondern marschierte mit schnellen Schritten los und Parzifal tauschte einen fragenden Blick mit Lancelot, auf den
dieser aber nur mit einem hilflosen Achselzucken reagieren konnte. Schweigend sahen sie zu, wie Braiden den
Hügel hinaufeilte und in dem verfallenen Steingebäude
verschwand, wozu er sein Schwert zu Hilfe nehmen musste, um sich einen Weg durch das wild wuchernde Unkraut
vor dem Eingang zu hacken.
»Ich wusste nicht, dass Sir Braiden so seltsame Leute
kennt«, sagte Parzifal amüsiert. Er schauderte übertrieben.
»Ich finde die Gegend hier nachgerade unheimlich – Ihr
nicht?«
Lancelot nickte.

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