Elbensturm: Die Zwerge von Elan-Dhor
sich deshalb hier versammelt.
Die Mauer stellte für die fliegenden Ungeheuer mit dem menschenähnlichen, allerdings wie mumifiziert aussehenden dürren Leib und den gezackten Fledermausflügeln kein Hindernis dar. Sie hätten schon früher angreifen können. Manchmal suchten sie sich auch innerhalb von Tal’Orin Opfer, wie Aila berichtet hatte, doch nur in Ausnahmefällen. Die magische Aura des alten Heiligtums schien für sie extrem unangenehm zu sein, weshalb sie sich nur selten ins Innere der verfallenen Stadt wagten. Kaum hatte der Schattenmahr die Pforte durchschritten, stürzten sie sich jedoch in solchen Massen auf ihn, dass sich der Himmel über ihm verdunkelte.
Ein Prickeln und Pulsieren durchströmte Lhiuvans Körper. Die Luft um ihn herum begann zu knistern, und als er die Arme in die Höhe hob, sprangen kleine Funken zwischen seinen Händen hin und her. Teils handelte es sich um die magischen Kräfte des Schattenmahrs, die dieser nun erweckte, teilweise aber auch um die in ihm selbst schlummernde Elbenmagie. Als Krieger hatte er nie gelernt, in größerem Maße auf sie zuzugreifen und sie zu nutzen, doch der Schattenmahr bemächtigte sich ihrer mühelos.
Bläuliches Feuer zuckte aus seinen Fingerspitzen, raste in Form verästelter Blitze nach oben. Mehr als zwei Dutzend Sarn wurden gleichzeitig getroffen und flammten in Feuerbällen auf, steckten dabei noch weitere in Brand.
Nur wenige Sekunden später stieß der Schattenmahr erneut Blitze aus, die ebenso schrecklich unter den geflügelten Kreaturen wüteten. Chaos breitete sich unter ihnen aus. Wild flatterten sie durcheinander, versuchten zu fliehen und behinderten sich dabei gegenseitig. Keiner der Sarn stieß mehr nieder, um ihn anzugreifen.
Der Schattenmahr ließ die Arme sinken. Mit einer Hand deutete er auf den Boden einige Meter vor sich. Noch einmal zuckte ein Blitz aus seinen Fingerspitzen. Diesmal breitete er sich in noch wesentlich mehr Verästelungen fast wie ein Spinnennetz über den Boden aus. Zahlreiche der Verästelungen verschwanden in Ghoul-Löchern im Untergrund und setzten sich in den unterirdischen Stollen der Aasfresser fort, wie die von dort heraufklingenden Schreie bewiesen.
»Ich bin Khraátam der Mächtige, Fürst der Schattenmahre!«, brüllte die Bestie. »Beendet augenblicklich sämtliche Angriffe auf mich und meine Begleiter, oder keiner von euch wird meinen Zorn überleben!«
Lhiuvan wusste nicht, ob die Kreaturen genug Intelligenz besaßen, um die Drohung zu verstehen, oder ob sie einfach nur durch die Demonstration von Khraátams Macht abgeschreckt wurden. Auf jeden Fall wagte es keine von ihnen mehr, sich ihm zu nähern. Die Ghoule blieben in ihren Schlupflöchern unter der Erde verborgen, und die überlebenden Sarn ließen sich auf den Bäumen nieder oder flatterten vollends davon.
Lhiuvan drehte sich zu der Pforte herum.
»Folgt mir!«, befahl der Schattenmahr.
3
DIE BERATUNG
An einem unbekannten Ort, zu einer unbekannten Zeit
Ohne allzu große Schwierigkeiten kletterten sie die Felswand hinab, für die Barlok sich bereits vor der Entdeckung des geflügelten Ungeheuers entschieden hatte. Tatsächlich bot das Gestein genügend Vorsprünge und Vertiefungen, an denen ihre Füße und Hände Halt fanden. Der Zwerg war das Klettern an wesentlich glatteren Felsen gewöhnt, doch auch Thalinuel bewältigte den Abstieg mit Bravour. Was ihr an Kraft fehlte, machte sie durch Geschicklichkeit mehr als wett und erreichte kaum zwei Minuten nach ihm eine Art natürlichen Sims, der sich etwa halbmeterbreit in beide Richtungen dahinzog. Nach links wies er eine leichte Steigung auf, nach rechts ein Gefälle, und da sie in die Ebene hinunterwollten, entschieden sie sich für diese Richtung.
Der Sims war mit losem Geröll und kleineren Felsbrocken übersät, die das Gehen erschwerten und stellenweise sogar gefährlich machten. Links von ihnen fiel das Gelände die meiste Zeit steil ab, ein Sturz musste unbedingt tödlich enden. Stellenweise ragten dort jedoch auch Felsen auf, sodass sie wie durch einen schmalen Hohlweg gingen. Immerhin war der Weg nirgendwo durch größere Felsbrocken blockiert, und es klafften auch keine Lücken darin, die ihnen das Weiterkommen unmöglich gemacht hätten.
Während des Marsches ertappte sich Barlok immer wieder dabei, wie er den Himmel über der Ebene mit Blicken absuchte. Zu seiner Erleichterung kehrte der Schattenmahr jedoch nicht zurück, und auch sonst war keinerlei Bedrohung zu
Weitere Kostenlose Bücher