Elbensturm: Die Zwerge von Elan-Dhor
Zwerge bis zur versehentlichen Befreiung der Thir-Ailith stets die stärksten Bewohner der Tiefenwelt gewesen. Von daher war er es gewohnt, die meisten Probleme mit Gewalt und überlegener Kampfkraft zu lösen. Hier war das jedoch nicht möglich. Die vierarmigen Ungeheuer waren schreckliche Kämpfer und zudem in der Überzahl.
Mit Gewalt war hier also nichts auszurichten, und er glaubte auch nicht, dass es ihnen viel nutzen würde, blindlings durch die Stollen und Höhlen zu irren, in der Hoffnung, einen unbewachten weiteren Ausgang zu finden. Die Schrate kannten sich hier mit Sicherheit besser aus und hätten ihnen helfen können, aber sie waren geflohen, und nach ihnen zu suchen war mit Sicherheit ebenso sinnlos.
Aber der Gedanke an Elan-Dhor weckte eine andere Erinnerung. Zweifelnd blickte er zu Harlan hinüber. Der Prinz saß mit dem Rücken an eine Felswand gelehnt, Puschel hatte sich wie meistens in seine Arme gekuschelt. Obwohl er sich mittlerweile an den Anblick gewöhnt hatte, gaben der kahlköpfige Junge und das knallbunte Federbüschel noch immer ein seltsames Bild ab.
»Ich habe dir erzählt, wie es mir beim entscheidenden Kampf um Elan-Dhor gelungen ist, mit einem Stoßtrupp aus Zwergen und Elben bis in die Katakomben der Thir-Ailith vorzudringen«, wandte er sich leise an Thalinuel. »Die Elbenmagier haben uns in ein magisches Feld gehüllt, das uns unsichtbar machte, sodass wir unbemerkt an den Dunkelelben vorbeischlüpfen konnten. Glaubst du, der Junge könnte das auch?«
Thalinuel zögerte.
»Das wäre ein extrem schwieriger Zauber, aber wenigstens kein zerstörerischer. In Elan-Dhor waren zwanzig der stärksten Elbenmagier nötig, um ihn zu weben. Ich selbst wäre nicht annähernd dazu in der Lage.«
»Aber sie mussten auch uns Krieger mit dem Feld schützen, und wir waren doppelt so viele wie sie.«
»Harlan müsste außer sich selbst sogar drei Begleiter unsichtbar machen. Die Kräfte dafür hätte er zweifellos, aber darum allein geht es nicht. Er müsste das Feld nicht nur erzeugen, sondern es auch aufrechterhalten. Dafür ist eine enorme Konzentration notwendig, die man nur durch langes Training erreichen kann. Ein noch so kleiner Fehler, der einen von uns nur für den Bruchteil einer Sekunde sichtbar werden lässt, und alles ist aus.«
Barlok ließ seine rechte Faust in die linke Handfläche klatschen.
»Wenn dieser Junge eine so große Bedeutung für sie hat, dann begreife ich nicht, warum sie nicht schon längst damit begonnen haben, ihn entsprechend auszubilden und seine Fähigkeiten zu schulen.«
»Das konnten sie nicht, ohne ihr Versteck zu verraten«, erwiderte Thalinuel. »Angesichts seiner ungeheuren Kräfte wäre bei einem intensiven Training über einen längeren Zeitraum hinweg so viel magische Kraft freigesetzt worden, dass es für die Schattenmahre wie ein Leuchtfeuer gewesen wäre. Alanion hatte gehofft, dass sie nichts von der Existenz des Prinzen wissen. Dann hätte der Angriff nicht ihm, sondern dem Stützpunkt allgemein gegolten. Sobald Harlans Fähigkeiten jedoch geschult worden wären, hätten sie nicht nur die Gefahr erkannt, sondern auch gewusst, wo der Junge sich aufhält.«
»Und wir müssen es jetzt ausbaden. Aber ob ausgebildet oder nicht, wir müssen es riskieren. Es ist die einzige Möglichkeit, die ich sehe.«
»Ich rede mit Harlan.«
Barlok nahm seine ruhelose Wanderung durch die Höhle wieder auf, während Thalinuel auf den Prinzen einsprach. Aus den wenigen Brocken, die er aufschnappte, konnte er erleichtert entnehmen, dass es bereits nicht mehr darum ging, ob der Junge es sich zutraute, sondern sie ihm Kniffe verriet, wie er seine Kräfte besser kontrollieren konnte, und einfache Konzentrationsübungen mit ihm machte. Puschel rückte ein Stück von ihm ab, um ihn nicht abzulenken.
Wenig später sah Barlok, wie Harlans Umrisse unscharf wurden und zu verschwimmen begannen. Fasziniert beobachtete er die raschen Fortschritte, die der Junge machte. Schon wenige Minuten später gelang es ihm, sich komplett unsichtbar zu machen, doch dauerte dies meist nur kurz an, dann wurden entweder seine gesamten Konturen oder zumindest einzelne Körperteile wieder sichtbar.
Aber Thalinuel setzte die Übungen mit ihm unermüdlich fort, und der Prinz erwies sich als ein gelehrsamer Schüler. Schon bald schaffte er es scheinbar mühelos, für Minuten unsichtbar zu bleiben, und behauptete, er könne dies noch viel länger durchhalten.
Als Nächstes versuchte er, das
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