Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards
nicht gerade mit Essen, Trinken und der Reinigung zu tun hat.«
»Und das wäre?«, fragte sie interessiert.
»Ich führe Eure Bücher, verwalte die Kassen und die Angelegenheiten mit den Banken der Menschen, kümmere mich um die Ausrüstung Eurer Truppen und der Leibgarde, um die Instandhaltung des Palastes, die Stallungen …«
»Ich habe eigene Pferde?«, fragte Svenya ihn freudig.
»Nicht nur Pferde, Eure Hoheit«, antwortete Raegnir bedeutungsschwanger und mit einem gutmütigen Zwinkern.
»Sondern?«
»Morgen«, unterbrach Raik. »Alles zu seiner Zeit. Zuerst die wichtigeren Dinge, Prinzessin.«
»Spielverderber«, raunzte sie aus dem Mundwinkel und nahm im selben Moment wahr, dass Wargo beinah losgelacht hätte und dass Raik rote Flecken auf den Wangen bekam.
»Es ist mir eine Freude, Euch die Stallungen morgen zu zeigen«, sagte Raegnir, »und mit Euch die Belange Eures Hofes zu besprechen.«
»Auf die Stallungen freue ich mich ebenfalls«, erwiderte sie. »Die übrigen Belange handhabt Ihr bitte einfach weiterhin wie gehabt, auch ohne Absprache mit mir.«
»Euer Vertrauen ehrt mich, Hoheit«, sagte Raegnir und verneigte sich.
»Es ist gar nicht so sehr Vertrauen«, sagte Raik patzig. »Sie will einfach nur ein bisschen mehr … wie hieß das noch gleich? Ach ja, Freizeit .« Er betonte das Wort, als wäre es etwas Widerwärtiges, das er nicht einmal mit Handschuhen anfassen würde. Dann fasste er sich wieder und deutete auf einen eher unscheinbaren Elb von mittlerer Statur. »Und das hier ist Tapio, Euer Kämmerer.«
Tapio hatte ein unfreundliches Gesicht mit schmaler Hakennase und kleinen, leicht hervortretenden Augen. Svenyas Erfahrung nach hatte jeder Mensch eine Ähnlichkeit mit einem bestimmten Tier oder einer Mischung aus verschiedenen Tieren, sowohl was sein Äußeres anging als auch seine Ausstrahlung. Hagen zum Beispiel nahm sie wahr als Mischung aus einem Adler und einem sibirischen Tiger, und ein bisschen etwas Bäriges hatte er auch – weniger den knuffigen Teil als den majestätischen. Wargo wiederum war ihrem Gefühl nach eine Mischung aus Wolf und schwarzem Panther. Tapio aber erinnerte Svenya auf unangenehme Weise an ein Wiesel … eher sogar noch an eine Ratte.
»Ich kümmere mich um die Küche und Eure Weinkeller«, sagte er, ohne dass sie danach gefragt hatte. »Und um die Reinigung.«
Auch ihn hielt Svenya davon ab, vor ihr auf die Knie zu fallen, aber es fiel ihr schwer, dabei zu lächeln. Tapio war ihr nicht sympathisch.
»Kommen wir nun zu den einzelnen Gemächern«, sagte Raik.
»Die kann sicher Wargo mir zeigen«, schlug Svenya eilig vor. Sie hatte für heute genug von Raiks oberlehrerhaftem Gebaren.
»Wargo?«, fragte der Magier verwirrt.
»Er ist doch immerhin der Anführer meiner persönlichen Leibgarde«, sagte Svenya. »Als solcher kennt er sich hier sicher bestens aus.«
Wargo strahlte, aber Raik wirkte gekränkt.
»Niemand kennt sich hier in Elbenthal so gut aus wie ich …«, begann er, doch sie schnitt ihm das Wort ab.
»Du hast bestimmt noch jede Menge zu tun mit den Vorbereitungen für meinen Unterricht morgen. Wichtige Vorbereitungen«, betonte sie abschließend, fasste ihn an der Schulter, drehte ihn um und führte ihn zum Ausgang.
»Aber …«, setzte er an.
»Mach dir keine Sorgen, Raik«, versicherte sie ihm. »Ich komme schon klar.« Und damit schob sie ihn über die Schwelle nach draußen in den Gang. »Schlaf nachher schön.«
»Aber …«, versuchte er es ein zweites Mal.
» Hurdh «, sagte Svenya zu dem Portal. »Bitte schließen.«
Die Tür gehorchte und schloss sich langsam und völlig geräuschlos. Svenya winkte Raik noch einmal kurz durch den kleiner werdenden Spalt zu und rief: »Bis morgen. Vier Uhr! Ich freu mich!«
Kaum war die Tür in ihr Schloss gefallen, lachte Wargo auf.
»Autsch«, sagte er. »Das hat ihm jetzt aber gar nicht geschmeckt.«
»A propos schmecken «, sagte Svenya. »Wie wärs mit ner Pizza, Tapio?«
»Pizza, Eure Hoheit?«, fragte der Kämmerer. »Ich hätte Kapaune und Wildbret, Feigen und …«
»Pizza reicht völlig«, sagte Svenya. »Schinken und Pilze wären toll. Und extra viel Käse. Lieber mittelalten Gouda statt Mozzarella. In der Zwischenzeit zeigt mir Wargo die Zimmer.«
»Euer Wunsch sei mir Befehl«, sagte Tapio und wieselte davon.
Auch Raegnir verneigte sich. »Ich wünsche eine Gute Nacht, Eure Hoheit.«
»Bis Morgen, Marschall«, erwiderte Svenya und wartete, bis er aus der Halle
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