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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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Schusswaffen zu verteilen.
    »Kugeln nützen nichts bei einem Wyrm«, sagte Hagen leise zu Svenya. »Der Schuppenpanzer ist zu dick.«
    Svenya wusste das bereits aus Raiks Unterricht über die Kreaturen der Neun Welten: Ein Lindwurm kann nur an seiner Unterseite verletzt werden – und auch nur, wenn die Klinge des Speeres oder Schwertes zwischen zwei Schuppen gefädelt wird und von dort aus das Herz oder andere wichtige Organe trifft. Ein schwieriges Unterfangen, wenn man dabei auch noch achtgeben muss, nicht von dem über elf bis fünfzehn Meter langen Monster niedergewalzt oder wie von einer Boa zerquetscht zu werden. Raik nannte Wyrm immer nur Minidrachen, weil sie im Vergleich zu echten Drachen tatsächlich relativ winzig waren. Das änderte jedoch nichts daran, dass das Vieh, das ihnen gerade durch das Tor entgegenkam, so groß war wie ein Tyrannosaurus Rex – und um einiges gefährlicher. Wyrm spucken zwar kein Feuer, aber ihr Gift ist tödlich – selbst für einen Elben … ganz zu schweigen von ihrer Kraft: Mit einem Biss reißen sie einen Elben in voller Rüstung mühelos in Stücke.
    Jemand reichte auch Svenya einen Speer, und sie umklammerte ihn krampfhaft mit den Fäusten.
    »Ich habe Angst«, sagte sie leise.
    »Zu Recht«, sagte Hagen, und Svenya war sich sicher, dass sie genau das nicht hatte hören wollen. Trotzdem fuhr Hagen fort: »Angst hält dich am Leben. Du musst sie nur richtig nutzen. Deine Schwerter sind nur Waffen. Egal wie gut sie sind, sie sind austauschbar. Angst aber ist ein Teil deiner Macht.«
    »Dann habt auch Ihr Angst?«
    »Nur ein Narr hätte vor einem Wyrm keine. Aber still jetzt. Er kommt.«
    Svenya folgte Hagens entschlossenem Blick zum Tor zurück. Das Rot wurde jetzt noch dunkler und in der Mitte, in einem Durchmesser von fast anderthalb Metern, nahezu schwarz. Svenya konnte bereits die sich windenden Konturen des Wyrm erkennen.
    Dann brach er durch – mit der Schnelligkeit und der Gewalt eines herandonnernden Güterzuges. Sein riesiger, mit Schuppen und borstigem Fell bedeckter Kopf glich mehr dem eines Keilers als dem einer Schlange – die armlangen Gifthauer saßen im Unterkiefer statt wie bei einer Kobra oben. Auf sechs krallenbewehrten Beinen katapultierte er sich nach vorne – direkt auf Svenya zu.
    Obwohl ihre Augen seit ihrer Verwandlung selbst die kleinsten Details wahrnahmen, geschah alles so schnell, dass Svenya kaum reagieren konnte. Dennoch gelang es ihr, die Spitze ihrer Lanze in die Bahn der herandonnernden Bestie zu bringen. Da war kein Mut, wie er in den Heldenliedern aus alter Zeit besungen wurde – da war lediglich der Mangel an Alternativen. Svenya packte den Speerschaft, so fest sie konnte, und bereitete sich mit weit auseinander gestellten Füßen auf den Treffer vor. Aber ebenso wirkungsvoll hätte sie sich, als sie noch ein normaler Mensch war, vor einen mit Höchstgeschwindigkeit heranrasenden Lkw stellen können. Das vordere Drittel der Lanze zersplitterte an der Stirn des Wyrm, als wäre sie aus Eis, den Rest traf das Vieh mit einer solchen Wucht, dass ihr der Schaft schmerzhaft hart aus den Händen gerissen wurde. Doch gleichzeitig gelang es Svenya, die Kraft des Aufpralls wie beim Stabhochsprung zu nutzen, um ihrem Satz eine Aufwärtsrichtung zu geben. Sie flog vorwärts und landete mit einer eleganten Halbdrehung um die Längsachse mit den Füßen auf dem Rücken des Wyrm, so dass sie jetzt in seine Laufrichtung schaute. Noch nie hatte sie sich so schnell bewegt, und zu ihrer eigenen Verwunderung gelang es ihr, das Gleichgewicht zu halten.
    »Lanze!«, rief sie, ohne recht zu wissen, was sie hier oben, auf der unverwundbaren Seite des Monsters, damit anfangen sollte, und schon in der nächsten Sekunde hielt sie einen ihr zugeworfenen Speer in der Hand. Er war kürzer und dicker als ihre letzte Waffe – ebenso die Klinge. Während sie nach vorne sprang, um sie dem Wyrm von oben herab in eines seiner vier Augen zu stechen, sah Svenya, wie die anderen Elben, die versuchten, sich in den Weg zu stellen, nach allen Seiten davongeschleudert wurden. Aber sie sah auch, dass Hagen abseits stand und seine Tochter Yrr davon abhielt, in den Kampf einzugreifen.
    Was zur Hölle ? !, fluchte sie in sich hinein. War das etwa ihr Test? Hatte man ihn vorgezogen, ohne sie darüber zu informieren?
    Jetzt war allerdings keine Zeit, darüber nachzudenken – Svenya benötigte all ihre Konzentration, um auf dem Rücken des Wyrm die Balance zu

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