Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
Zeitrechnung der Elben
Barlok war durch und durch ein Zwerg vom alten Schlag, fühlte sich nur unter der Erde, umgeben von massivem Fels wohl. Äußerst selten und jeweils nur für kurze Zeit hatte er vor dem Sturz in die Vergangenheit Elan-Dhor verlassen, und aus eigener Anschauung hatte er nur wenig über die Oberfläche gewusst, hatte nicht mehr als die unmittelbare Umgebung des Schattengebirges gekannt. Von Wäldern hatte er bis dahin lediglich in Erzählungen gehört.
Das hatte sich in letzter Zeit etwas geändert, aber große Wälder waren ihm immer noch fremd und unheimlich. Ganz besonders dieser, nach allem, was er darüber gehört hatte. Obwohl sie auf dem Weg hierher einige Wälder durchquert hatten, war der Finsterwald etwas völlig anderes und in keiner Form mit ihnen zu vergleichen.
»Normale Wälder sind nichts weiter als eine Ansammlung vieler Bäume. Aber der Finsterwald lebt als eine Einheit, als wäre er ein einziger riesiger Organismus, als hätte er eine Seele«, hatte Warlon es nach der Rückkehr von seiner Reise zum goldenen Tal der Elben beschrieben.
An diese Worte musste Barlok nun denken. Damals hatte er sie nicht wirklich verstanden, aber jetzt, da er den Finsterwald selbst betreten hatte, drückten sie genau das aus, was auch er empfand.
Erst seit knapp einer Stunde stapften sie durch den Wald, doch ihm kam es vor, als wäre bereits mindestens ein Tag vergangen, seit sie das offene Land verlassen hatten.
Dies war eine völlig eigenständige, fremde Welt. Das wurde ihm mit jedem Schritt deutlicher bewusst, den sie tiefer in den Wald eindrangen. Thalinuel und er wurden hier nur geduldet, und das nicht besonders gern, obwohl sie eine Elbin war. Anderenfalls wäre die Feindseligkeit des Waldes vermutlich noch wesentlich stärker gewesen.
Laut dem Waldläufer Malcorion war Elem-Laan, wie der Finsterwald in der Elbensprache hieß, einst ein freundlicher, harmonischer Ort gewesen. Davon war jedoch auch in dieser Zeit nichts zu merken. Vermutlich hatten die Elben erst nach dem Sieg über die Schattenmahre damit begonnen, ihn zu hegen und zu pflegen. Kriege waren wahrscheinlich keine gute Zeit, um an Baumpflege zu denken …
»Glaubst du, es hat wirklich einen Sinn, weiterhin einfach blindlings durch den Wald zu stapfen?«, wandte er sich an Thalinuel.
»Hast du eine bessere Idee, wie wir die Elben finden sollen?«
Nein, die hatte Barlok nicht. Genau das war das Problem. Ebenso wie offenbar auch Thalinuel hatte er in den vergangenen Wochen nur bis zum Erreichen des Finsterwaldes geplant. Waren sie erst einmal hier, so hatte er geglaubt, würde sich alles weitere von selbst ergeben. Die Elben würden sie entdecken, und sie könnten Harlan wieder in die Obhut seines Volkes geben, womit ihre Aufgabe erledigt wäre. Ungefähr so, wie es bei Altion und seinen Begleitern zunächst auch den Anschein gehabt hatte.
»Können wir uns nicht irgendwie bemerkbar machen, damit man uns findet?«
»Und wie soll das gehen?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht könnten wir ein großes Feuer entzünden oder etwas in der Art.«
Thalinuel verzog das Gesicht. »Keine gute Idee hier in Elem-Laan. Sei unbesorgt, wenn noch Elben in diesem Teil des Waldes leben, werden sie uns auch so entdecken.«
Genau darüber aber machte sich Barlok die größten Sorgen. »Und was, wenn hier keine mehr leben? Altion sagte, dass sich die Front weit nach Osten verlagert hat, und ich denke, damit hat er ausnahmsweise sogar die Wahrheit gesagt. Wenn nun alle Elben in die Schlacht gezogen sind?«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, erwiderte Thalinuel kopfschüttelnd. »Es mag sein, dass nur noch wenige Angehörige meines Volkes hier leben, aber sie würden niemals ein ganzes Gebiet in unmittelbarer Feindnähe komplett aufgeben. Die Gefahr ist zu groß, dass er ihnen in den Rücken fallen könnte. Der Fluss hingegen ist auch gegen eine Übermacht leicht zu halten, auf diesen Vorteil würden sie nicht freiwillig verzichten.«
Das leuchtete Barlok unter dem strategischen Gesichtspunkt ein, schließlich war er nicht umsonst in Elan-Dhor Kriegsmeister gewesen. Zwar wusste er nicht viel über Kämpfe an der Oberfläche und kannte auch nicht das Gebiet, in dem die Schlacht tobte, aber er wusste, wie wichtig es war, die Flanken und den Rücken eines Heeres stets zu schützen. Als Befehlshaber hätte er diesen Teil des Waldes deshalb ebenfalls auf keinen Fall preisgegeben.
»Außerdem müssen Altion und seine Leute ja irgendwo
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