Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
reiten konnte. Noch zweimal legte er im Laufe der Nacht kurze Pausen ein, die letzte kurz vor Tagesanbruch, doch danach schonte er den Hengst nicht mehr. Der Doralin lag bereits zum Greifen nah vor ihm, und sobald er den Berg erreichte, hatte das Pferd keinen Nutzen mehr für ihn, denn die schmalen Bergpfade würde er ohnehin zu Fuß erklimmen müssen.
Um die Mittagszeit war es so weit. Lhiuvan erreichte einen der Pfade, die sich den Berghang hinaufwanden, stieg ab und machte sich an den Aufstieg, ohne sich weiter um den Hengst zu kümmern. Das Tier besaß für den Schattenmahr keinerlei weiteren Wert und war von ihm befreit, und wie es aussah, würde es nicht mehr lange dauern, bis es Lhiuvan ebenso erging.
Höchstens ein Wunder könnte jetzt noch verhindern, dass der Mahr das magische Tor öffnete, und nach allem, was er in letzter Zeit hatte durchmachen müssen, glaubte Lhiuvan nicht mehr an Wunder.
Nicht nur die Horden von Ungeheuern, über die der Mahr herrschte, würden aus dem Tor geströmt kommen, um diese Welt erneut zu unterjochen, sondern auch Khraátam selbst, die Geißel des Elbenvolkes und jedes freien Wesens. Der Bewusstseinssplitter, den Lhiuvan in sich trug, würde sich wieder mit dem Ungeheuer vereinen, von dem er stammte, und anschließend würde der Schattenmahr ihn töten.
Da es ohnehin nichts mehr zu geben schien, das er noch dagegen tun konnte, wünschte Lhiuvan, es wäre bereits so weit, und er könnte endlich in die Ruhe und den Frieden des Todes hinübergleiten. Wenigstens brauchte er den Untergang seines Volkes und dieser ganzen Welt dann nicht mehr mitzuerleben.
Zunächst aber musste das Tor gefunden werden, und das war keine leichte Aufgabe. Khraátam kannte diese Berge noch aus seiner Zeit. Im Zeitalter des Feuers hatten sich Elben hier versteckt. Gelegentlich hatte er deshalb die Hänge aus der Luft beobachtet, um sie anzugreifen, falls sie sich zeigten, bis dringendere Kriegsangelegenheiten seine ständige Anwesenheit im Süden erfordert hatten. Einige der Pfade kannte er noch, doch hatte sich im Laufe der Jahrtausende auch hier viel verändert. Steinschläge und anderes hatten das Bild der Hänge gewandelt, so dass er immer wieder an Stellen geriet, an denen er nicht weiterkam und umkehren musste.
Stunde um Stunde verstrich, in denen er nur langsam vorankam. Einmal meinte er, das Tor bereits spüren zu können, eine auf die Entfernung nur unendlich schwache Quelle einer fremden Magie, doch kaum hundert Meter weiter endete der Weg an einer so steilen Felswand, dass nicht einmal der Elb sie hinaufklettern konnte. Erneut blieb ihm nichts anderes übrig, als mit einem markerschütternden Fluch umzukehren und ein gutes Stück bis zu einer Gabelung zurückzugehen, wo er sein Glück mit einem anderen Pfad versuchen musste.
Diesmal hatte er mehr Erfolg, gelangte höher an den Berg hinauf als bei allen vorherigen Versuchen. Lhiuvan spürte nichts, aber für den Mahr schien die Nähe des Tores nun immer deutlicher fühlbar zu werden.
»Ihr beiden schon wieder«, ertönte in diesem Moment eine piepsige Stimme. »Hat man denn nirgendwo vor euch seine Ruhe?«
Als er sich erschrocken umblickte, entdeckte Lhiuvan einige Meter über sich auf einem Felsen das seltsame Wesen mit dem kunterbunten Fell, dem sie vor einiger Zeit schon im Finsterwald auf dem Weg nach Tal’Orin begegnet waren. Schon da hatte die merkwürdige Kreatur zu seiner maßlosen Überraschung gewusst, dass er einen Teil eines Schattenmahrs in sich trug.
Der Mahr hatte ihn daraufhin gezwungen, den unliebsamen Mitwisser zu töten, doch das Wesen war ihm mit einer Geschicklichkeit entwischt, gegen die selbst die eines Elben nicht ankam. Und nun begegneten sie sich hier erneut, was sicherlich kein Zufall war.
Lhiuvan lauschte in sich hinein, doch das Ungeheuer war so sehr damit beschäftigt, den genauen Standort des Tores zu bestimmen, dass es ihn zumindest für den Moment weitgehend frei gewähren ließ. Nur falls er versuchen würde, etwas gegen ihn oder seine Interessen zu unternehmen, würde es sofort eingreifen.
»Wer bist du?«, stieß er hervor. » Was bist du? Woher weißt du von dem Schattenmahr?«
»Das steht dir in großen Buchstaben auf der Stirn geschrieben. Ich würd’s mal mit Waschen versuchen«, feixte die bizarre Kreatur. »Ist das alles, was dich in deiner Lage interessiert?«
»Hilf mir«, keuchte Lhiuvan. Er war selbst überrascht, dass er diese Worte aussprechen konnte, und erwartete, dass der Mahr
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