Elbenzorn
Sie schlüpfte aus ihren staubigen Gewändern und stieg in das dampfende Wasser. Die Mädchen hatten ein großes, nach Olivenöl riechendes Stück Seife neben den Zuber gelegt, und Rutaaura genoss den Luxus, sich damit von Kopf bis Fuß einzuseifen. Als Letztes wusch sie ihre Haare und staunte über den Sand, der sich dabei löste.
»Es tut mir leid«, sagte sie ein wenig beschämt, als sie aus dem Wasser stieg und sich abtrocknete. »Ich fürchte, ich habe dir das Badewasser nicht allzu sauber hinterlassen.«
Lluigolf nahm ihr das Tuch ab und frottierte ihr den Rücken. »Das macht mir nichts«, murmelte er und schnüffelte an ihrem Nacken. »Du riechst sehr appetitlich, meine Freundin.«
»Das ist die Seife«, lachte Rutaaura und nahm ihm das Tuch ab, um sich hineinzuwickeln. »Los, das Wasser ist nicht mehr sehr heiß.«
Lluigolf entkleidete sich und hockte kurz darauf ebenfalls in dem Zuber. »Gut?«, fragte Rutaaura, die sich mit einem grobgeschnitzten Kamm die Haare entwirrte.
»Sehr gut. Meine müden Knochen jubilieren«, erwiderte Lluigolf. Er schloss die Augen und gähnte. »Wenn das hier überstanden ist, sollten wir endlich wieder nach Raakus gehen. Warmes Essen, ein weiches Bett, Krämer, denen man ihr Geld beim Kartenspiel abknöpfen kann – und nirgendwo Sand …«
Er bekam nur Schweigen als Antwort. Irritiert öffnete er die Augen. »Was ist?«
Rutaaura saß da, die Hände im Schoß, und mied seinen Blick. Lluigolf setzte sich so heftig auf, dass das Wasser aus dem Zuber platschte. »O nein«, sagte er. »Ich kenne dieses Gesicht! Du hast gar nicht vor, in die Mark zurückzukehren?«
Rutaaura legte den Kamm sorgsam auf einen Stein und rieb die Hände an ihrem Badetuch ab. »Ich will dich nicht verletzen, Lluis«, sagte sie.
Seine Miene versteinerte, und sie hob begütigend die Hände. »Lieber, du weißt, dass ich nicht nur einfach so durch die Welt reise. Ich suche …«
»Das weiß ich«, unterbrach er sie. »Himmel, die meiste Zeit bin ich an deiner Seite, hast du das vergessen? Ich dachte nur, dass wir eine kleine Pause verdient hätten. Etwas Ruhe nach der langen …« Er stockte, als er ihre Miene sah – mitfühlend, liebevoll und auch ein wenig traurig, aber zugleich mit diesem kalten Funkeln im Blick, das ihm sagte, er werde sich die Zähne ausbeißen, wenn er versuchen sollte, sie umzustimmen. Sie schüttelte sacht den Kopf.
»Ach, verflucht!« Er stieg aus dem Zuber und trocknete sich mit wütenden Bewegungen ab.
»Lluis, sei mir nicht böse. Ich kann jetzt nicht in die Mark zurück. Aber du musst auch nicht mit mir kommen. Reite zurück, ruh dich aus …«
»Willst du mich loswerden?«, fragte er, von ihr abgewandt. »Ist es das? Bist du meine Gesellschaft satt? Sag es nur, damit ich weiß, woran ich bin.«
Ihre Hand legte sich kühl, besänftigend auf seine nackte Schulter. »Lluis, es hat nichts mir dir – mit uns – zu tun. Ich finde einfach keine Ruhe, verstehst du.«
»Ich weiß«, murmelte er. »Ich weiß es ja. Ich frage mich nur hin und wieder, was dir eigentlich wichtiger ist, deine Suche oder ich.« Er lachte bitter. »Nein, wenn ich ehrlich zu mir bin, kenne ich die Antwort.« Er drehte sich um und umarmte sie heftig.
Sie erwiderte seine Umarmung kurz und schob ihn dann sanft von sich. »Du redest dummes Zeug, Lluis. Aber jetzt lass uns erst einmal die Kinder befreien – dann sehen wir weiter.«
In leichte, helle Gewänder gekleidet, saßen sie später neben einem kleinen Feuer, als Schritte den Weg hinaufkamen. Ein hochgewachsener Sandläufer in einem schlichten grünen Burnus näherte sich ihnen und grüßte respektvoll. Sein glattes, dunkles Haar war eingeölt und streng zurückgekämmt und gab dem schmalen, scharfnasigen Gesicht mit den goldbraunen Augen etwas Unnahbares, aber das Lächeln des Mannes war trotz aller Zurückhaltung warm und freundlich.
»Du bist der ))Gras’dau(( dieses Stammes?«, fragte Rutaaura, nachdem sie dem ))Taywwa(( Platz und einen Becher Bier angeboten hatten, was er beides würdevoll angenommen hatte.
»Ich bin Izayan, der ))Gras’dau((«, bestätigte er akzentfrei in der Sprache der nördlichen Ebenen, und seine Augen blitzten, als er die Überraschung in ihren Gesichtern sah.
Er trank, wobei seine langen Finger den Becher elegant umschlossen, und betrachtete Rutaaura. Er musterte ihr helles Haar, das sie zu einem nachlässigen Knoten geschlungen hatte, und ihre mondfarbenen Augen ohne die Scheu, die die anderen
Weitere Kostenlose Bücher