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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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wenig behutsamer behandeln musste als üblich. Er stieg ab und gab dem Jamall ein Zeichen, er möge sich um die Gefangene kümmern.
    Rutaaura ließ sich von dem Jamall in den Schatten eines Sandsteinfelsens tragen und dort in den Sand legen. Wenig später spürte sie, wie ein feuchtes Tuch ihr Gesicht berührte. Sie stöhnte ein wenig und versuchte, sich aufzusetzen, was ihr wegen der gefesselten Hände nicht gelang. Eine raue Hand drehte sie auf die Seite und nestelte an der Lederschnur. Wenig später waren ihre Handgelenke frei. Sie blieb eine Weile liegen, dann stemmte sie sich schwankend hoch und öffnete die Augen.
    Der Jamall, der neben ihr hockte, hielt ihr eine Schale mit Wasser hin. Sie nahm sie mit bebenden Händen und führte sie zum Mund. Der Jamall blieb neben ihr hocken und wandte sein sonnenverbranntes Gesicht auch nicht für die Dauer eines Wimpernschlags ab. Rutaaura ließ die Schale sinken und sackte gegen den Felsen. Sie verdrehte die Augen und ließ den Mund halb geöffnet. Der Jamall rief etwas zum Anführer hinüber, der ungeduldig neben seinem Tier wartete. Der warf zornig die Zügel seines Reittiers aus der Hand und kam mit langen Schritten auf sie zu. Sand stäubte hoch vor seinen Stiefeln auf, als er neben ihnen stehen blieb und sich zu Rutaaura niederbeugte. Er griff nach ihrem Gesicht und prüfte ihre Temperatur – die wie bei allen Elben etwas höher lag als bei Menschen. Dann zog er ein Augenlid herab und schlug ihr ein paar Mal auf die Wange, aber Rutaaura stellte sich weiter bewusstlos.
    Der Sklavenjäger drehte sich mit einem Fluch um und vollführte eine kreisende Geste mit dem Arm. Die anderen Jamalli fingen an zu fluchen, richteten sich aber auf eine Rast ein. Sie führten ihre Tiere in den Schatten der Felsen, banden ihre Vorderläufe zusammen und hoben die anderen Frauen aus den Doppelsätteln.
    Rutaaura nutzte die Unruhe, die dadurch entstand, und blinzelte durch ihre Wimpern. Ihr Bewacher hatte sich ein paar Schritte entfernt und besprach sich mit dem Anführer. Rutaaura atmete erleichtert aus und ließ eine der Gefangenen verschwinden. Der Jamall, der die Frau gerade in den Sand gesetzt hatte, schrie in höchstem Erschrecken auf und machte einen Satz zurück.
    Die anderen, die nicht gesehen hatten, was geschehen war, riefen durcheinander, fragten ihn, was geschehen sei. Der Mann deutete auf den leeren Platz im Sand und stotterte ein paar Worte. Die anderen lachten, dann wurden sie ärgerlich. Der Anführer ging zu seinen durcheinanderschreienden Männern und brachte sie barsch zur Ruhe. Dann befragte er den unglücklichen Jamall, dem seine Gefangene auf so unerklärliche Weise entkommen war. Der Mann stammelte hastig ein paar Worte, und der Anführer hob die Hand und schlug ihm so hart ins Gesicht, dass er zu Boden ging.
    Der Jamall wischte sich das Blut aus dem Gesicht und verbeugte sich vor seinem Anführer, dass seine Stirn den Boden berührte. So verharrte er, und der andere trat ihm fest in die Rippen. Rutaaura setzte sich halb auf und ließ die zweite Frau verschwinden. Das blieb zunächst unbemerkt, bis ihrem Bewacher auffiel, dass er eine leere Lederleine in der Hand hielt. Er schrie auf, und alle drehten sich zu ihm um. Rutaaura unterdrückte ein Kichern und ließ die dritte Illusion in der Luft zerfasern. Das Chaos, das nun folgte, nutzte sie aus, um hinter den Felsen zu krabbeln und sich dort für menschliche Augen so gut wie unsichtbar zu machen. Das gelang gewöhnlich besser bei Nacht, aber für einen flüchtigen Blick sollte der Schatten hier ausreichen. Der nächste Skrall stand einige Schritte von ihr entfernt, und sie musste durch das gleißende Sonnenlicht, um zu ihm zu gelangen.
    Sie wartete einen günstigen Moment ab, in dem alle entweder auf ihren Anführer sahen oder zu der Stelle, an der die letzte Erscheinung verschwunden war, und lief gebückt los. Das lose Gewand hatte sie gerafft, und auch ihre weichen Stiefel machten kein Geräusch. Aber einer der Jamalls hatte die Bewegung im Augenwinkel bemerkt, fuhr herum und deutete mit einem lauten Alarmruf auf sie.
    Rutaaura fluchte und sprang vor, um die Fußfessel des Skralls zu lösen. Dem ersten Krieger, der sie erreichte, brach sie mit einem Schlag die Nase und trat ihm, als er zurücktaumelte, in den Unterleib. Er fiel gegen zwei andere Angreifer und blockierte kurz deren Weg. Das genügte ihr, um die Fessel des Skralls zu lösen. Sie griff nach den Zügeln, aber im selben Augenblick hatte einer der

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