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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Ich bin gespannt, ab wann du bei ihrem Vortrag den glasigen Blick bekommst.«
    Rutaaura lachte. Dann wurde sie ernst. »Was ist mit der Goldenen, die bei euch lebt?«
    Sonnenlied sah sie erstaunt an. »Lootana ist doch deine Mutter, oder habe ich da etwas falsch verstanden?«
    Rutaaura knirschte mit den Zähnen. »Nein, das stimmt«, sagte sie.
    Sie sprachen nicht mehr viel. Sonnenlied erzählte ihr ein wenig von den täglichen Abläufen im Tal, und Rutaaura hörte unaufmerksam zu. Schließlich stiegen sie aus dem Wasser, trockneten sich ab und machten sich auf den Rückweg.
    In der Hütte, die Rutaaura zugewiesen worden war, wartete schon eine junge Elbin auf sie, um sie zum gemeinsamen Essen zu führen. »Es nehmen nicht immer alle daran teil«, erklärte sie, während sie neben Rutaaura herging. »Aber die Älteste meinte, du solltest wissen, dass es das gemeinsame Mahl gibt und dass es dir freisteht, dich jederzeit dazu zu gesellen.«
    Sie führte Rutaaura zu einem Platz, auf dem eine Reihe von Tischen und Bänken aufgebaut war. Stoffbahnen bildeten ein Dach, aber es gab keine Wände. Das Essen war auf einem großen Tisch aufgebaut, und jeder nahm sich nach Belieben und setzte sich damit, wohin er wollte. Beinahe alle Tische waren mit mehr oder weniger großen Gruppen besetzt, die schweigend und auch miteinander plaudernd aßen.
    Rutaaura nahm sich eine Schale mit dicker Suppe und Brot und blieb zögernd am Rand des Platzes stehen, bis sie sah, dass ihr eine Fremde zuwinkte. Sie ging zu dem Tisch hinüber. Die Winkende, eine ältere Elbin mit stoppelkurzen weißen Haaren, lächelte sie an und deutete auf den Platz an ihrer Seite. »Du bist Lootanas Tochter«, sagte sie. »Setz dich. Ich freue mich, dich endlich kennenzulernen.«
    Rutaaura ließ sich nieder und stellte ihre Suppe ab. Die Elbin reichte ihr die Hand. »Mondauge«, sagte sie. »Du bist wahrscheinlich schon vor mir gewarnt worden.«
    Rutaaura lachte und begann, ihre Suppe zu löffeln. Mondauge trank einen stark riechenden Tee und sah ihr lächelnd beim Essen zu. »Wie gefällt es dir hier?«, fragte sie.
    Rutaaura schob den Napf fort. »Es ist nicht leicht, darauf zu antworten«, sagte sie ehrlich. »Ich war so froh, euch gefunden zu haben – aber der Empfang hat mich dann ein wenig erschreckt.«
    Mondauge nickte verständnisvoll. »Wir haben dir keine Gelegenheit gegeben, dich ein wenig einzuleben«, sagte sie. »Das ist normalerweise nicht unsere Art. Aber in deinem Fall …« Sie kratzte nachdenklich mit dem Fingernagel auf der Tischplatte herum.
    »Was ist mit mir?«, fragte Rutaaura unverblümt. Sie wurde langsam ungeduldig, weil ihr anscheinend niemand Antworten auf ihre Fragen geben wollte.
    Die Elbin stützte die Ellbogen auf den Tisch und faltete die Hände vor dem Mund. »Das ist eine lange Geschichte«, sagte sie gedämpft. »Im Grunde bist du bei mir genau richtig, was das angeht, denn ich bin hier die Expertin für lange Geschichten. Aber ich fürchte, wir haben dafür doch zu wenig Zeit.«
    Rutaaura nickte grimmig. Schon wieder Ausflüchte. Mondauge sah ihr ihre Gedanken an und legte begütigend eine Hand auf ihren Arm. »Du wirst alle Antworten bekommen, das verspreche ich dir. Aber zuerst möchte ich dir etwas über die Hintergründe erzählen, warum wir alle überhaupt hier sind, in diesem verlassenen Winkel der Welt.«
    Sie beugte sich vor und erzählte Rutaaura von der Trennung des Elbenvolkes. Rutaaura lauschte, zunehmend von der Geschichte in Bann gezogen, und die dunkle Stimme Mondauges tat ein Übriges.
    »Also waren wir einst ein Volk«, sagte Rutaaura schließlich. »Wir sind es noch immer«, erwiderte Mondauge. »Es war ein großes Unglück, dass unsere Zweige sich trennten. Der Baum verkümmert. Seither hat keine Königin und kein König mehr auf dem Thron des Elbenreiches gesessen.«
    »Warum ist das so?«
    »Weil die Dunklen die Bewahrer sind«, sagte Mondauge. »Wir sind diejenigen, die das Wissen und die Geschichte in uns tragen. Wir sind die Seele unseres gemeinsamen Volkes, wie die Hellen Elben der Körper sind.«
    »Aber sie haben auch ihre Bewahrer«, wandte Rutaaura ein. »Meine Schwester Iviidis ist eine von ihnen.«
    Mondauge nickte. »Sie haben die Technik erlernt. Aber sie verstehen den Sinn dahinter nicht. Es geht nicht nur darum, Wissen zu archivieren.« Sie seufzte. »Dir diesen Unterschied zu erklären, zu zeigen, was er bedeutet, wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Zeit, die wir leider nicht

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