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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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ließ sich von seiner langen grünlichen Doppelzunge betasten.
    Graina hatte einen spitzen kleinen Laut ausgestoßen und war wie eine erschreckte Maus in Lluigolfs Schatten gehuscht. Zusammengekauert blickte sie an seinen Beinen vorbei auf das Ungeheuer, das vor ihr lag.
    »Das ist Krannta«, erklang Tamayouts Stimme von hoch oben. »Er ist der Große Vater. Jinnta, den Kleinen Vater, muss ich noch holen, er ist immer ein wenig langsamer als die anderen.« Er schwang sich vom Rücken der Echse und rutschte an einem Seil herab, das am Sattelaufbau befestigt war.
    Er sprang auf den Boden und ging den Weg zurück, den er gerade gekommen war.
    Rutaaura klopfte Krannta fest auf den Hals und blickte mit leisem Amüsement in das erschreckte Gesicht der Heilerin und die mühsam gefasste Miene Lluigolfs.
    »Auf – auf diesem werden wir reiten?«, flüsterte Graina. »Können wir nicht eins von den kleinen …«
    »Die Töchter sind sicher noch nicht an Reiter gewöhnt«, unterbrach Rutaaura. »Außerdem sind sie noch zu temperamentvoll, wenn sie so jung sind. Die Väter halten sie im Zaum, aber nur sehr erfahrene Hirten trauen es sich zu, junge Skralls zuzureiten.« Sie legte ihre Hand über ein Skrall-Nasenloch. Die riesige Echse schnaubte und wickelte ihre Zunge um Rutaauras Handgelenk.
    »Das ist ein sehr friedliches Tier«, sagte Rutaaura. »Er wird sich gut reiten lassen.«
    Wieder bebte der Boden, als ein zweiter Riese durch das Gebüsch brach. Scharfer Echsengeruch erfüllte die Luft.
    Tamayout ließ ihn neben seinem Gefährten lagern und sprang herab. Er blickte die Heilerin an.
    »Tamayout, das ist Graina, die Heilerin«, sagte Rutaaura. Der junge Sandläufer legte in einer förmlichen Geste die Faust gegen seine Schulter. »Deine Schritte seien gesegnet«, sagte er auf Tya’n’tawa .
    Die kleine Heilerin vergaß ihre Furcht vor den mächtigen Echsen und strahlte ihn an. »Gruß, Sandfrau! Wunsch, Wasser für deinen Stamm«, sagte sie. »Freude zu reiten mit Sandfrau. Mein heilmach Mutter-Tier.«
    Tamayout starrte sie an. Rutaaura biss sich auf die Lippe und raunte ihm in schnellem Tya’n’tawa zu: »Sie lernt deine Sprache noch. Sei geduldig. Sie wollte sagen, dass sie sich freut, mit dir zu reiten und darauf brennt, die J’Xchan deines Stammes zu heilen.«
    Tamayouts Gesicht blieb ernst. Er kreuzte die Arme vor der Brust, verneigte sich vor der kleinen Frau und erwiderte stockend in der Sprache der Städte: »Ich danke dir, Heilfrau. Meine J’Xchan sein wird glücklich, dich zu sehen und doppelt glücklich, du unsere Sprache sprichst. Aber du mir helfen lernen Stadt-Sprache. Sprechen mit mir Stadt-Sprache, bitte.«
    Die Heilerin errötete unter ihren Sommersprossen und erwiderte die Verbeugung mit einem unbeholfenen Knicks.
    »Wir sollten jetzt langsam ans Aufbrechen denken«, mahnte Rutaaura.
    Lluigolf seufzte leise. »Auf welchem dieser Riesenviecher werde ich sitzen?«, fragte er.
    Rutaaura zeigte auf den Kleineren. »Mit mir auf Jinnta. Ich überlasse die Heilerin Tamayout – dann können die beiden ihre Sprachkenntnisse verfeinern.«
    »Also gut, Chefin. Ich gehe recht in der Annahme, dass ich unserem tapferen Krieger jetzt beim Aufladen helfen soll?«
    »Ich bitte dich darum«, erwiderte Rutaaura. »Je eher wir aufbrechen, desto eher sind wir am ersten Randstein.«
    Das Beladen der jungen Skralls war schnell erledigt. Die Tiere kauten zufrieden an den dornigen Salzpflanzen, die Tamayout vor ihnen aufgehäuft hatte, und ließen sich dabei nicht im Mindesten stören. Rutaaura zeigte der Heilerin, wie sie den Rückensattel der größten Echse besteigen sollte. Graina kletterte tapfer an dem Seil empor, und Tamayout, der schon oben thronte, reichte ihr die Hand und zog sie das letzte Stück hinauf.
    »Jetzt du«, sagte die Dunkle Elbin zu Lluigolf. Er seufzte leise und musterte den Skrall, der mit gleichmütiger Ruhe seinen Blick erwiderte. Dann packte Lluigolf das Seil und schwang sich auf den Skrallrücken. Er rutschte sich im Sattel zurecht, murmelte etwas über die Härte des Sitzes und blickte zu Tamayout und der Heilerin hinüber. Der Sandreiter hob seine Skrall-Peitsche, ließ sie neben der Ohröffnung der großen Echse knallen und rief »Sssa!« Krannta, der Große Vater, erhob sich schaukelnd auf die stämmigen Beine. Die jungen Skrall-Weibchen schlossen sich dem Großen Vater an, und erst, als die letzte Echsenschwanzspitze im Gebüsch verschwunden war, erhob sich auch der Kleine Vater Jinnta

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