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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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auf und lächelte sie mit seinen blassen Opalaugen an. »Das hier musst dir dir ansehen«, sagte er. »Ich denke, es hat mit deinem Forschungsgebiet zu tun.« Er reichte ihr den Kristall mit seinen spinnenbeindünnen Fingern. Sie nahm ihn an, sondierte flüchtig seinen Inhalt und legte ihn wieder auf den Tisch.
    »Was ist?«, fragte Alvydas und nippte an einer Schale mit Tee.
    »Warum verurteilst du mein Interesse für die Dunklen nicht?«, fragte sie unverblümt. »Jeder, den ich kenne, macht mir Vorhaltungen deswegen oder hält mich für überspannt – nur du nicht.«
    Alvydas stellte die Schale behutsam ab und legte die Hände unter seinem Kinn zusammen. Er musterte sie durchdringend, und Iviidis erwiderte den Blick.
    »Ich habe keine Vorbehalte«, sagte er schließlich. »Die Dunklen sind Teil unseres Volkes. Ein unglücklicher Teil, das ja. Verbannte, Getriebene und manchmal leider auch Verirrte. Aber ich weiß, dass das einmal anders war, und ich freue mich, dass du weiterführst, was deine Mutter begonnen hat.«
    Iviidis beugte sich vor. »Was meinst du damit?«, fragte sie.
    Alvydas richtete den Blick seiner seltsam verschleierten Augen in die Ferne. »Du hast noch keine Zeit gefunden, dir anzuhören, was Lootana auf dem Kristall gespeichert hat.«
    Iviidis hob die Hände und ließ sie wieder sinken. »Ich wollte es mir nicht im Haus meines Vaters anhören«, sagte sie.
    Alvydas nickte. »Es hat Glautas zutiefst getroffen, dass deine Mutter fortgegangen ist. Und ich weiß, dass er nicht billigte, womit sie sich so eingehend befasst hat.«
    Iviidis hielt den Atem an. »Die Dunklen«, flüsterte sie. »Natürlich.«
    Alvydas lächelte. Die tausend feinen Fältchen ließen sein Gesicht zerspringen wie craqueliertes Eis. »Wenn du möchtest, kannst du dich mit Lootanas Aufzeichnungen hier bei mir beschäftigen«, bot er an. »Es stimmt, ich ertrage keine Gesellschaft mehr um mich herum – aber du bist mir angenehm.«
    Iviidis dankte ihm, seltsam gerührt.
    »Hast du dir denn Andronees Aufzeichnungen inzwischen ansehen können?«, fragte er. Sein Blick war erwartungsvoll, fast ein wenig lauernd.
    Iviidis lächelte, sie kannte ihren alten Lehrer gut genug, um zu wissen, worauf er aus war.
    »Das ›Verborgene Licht‹ ist weit nach der Glücklichen Ära entstanden. Das heißt, Andronee muss nach dem Umbruch noch gelebt haben. Warum ist das keinem der Historiker aufgefallen?«
    Alvydas’ Lächeln ließ die Müdigkeit aus seinem Gesicht schwinden wie die Sonne den Morgentau. »Niemand außer deiner Mutter hat ihre Aufzeichnungen je in der Hand gehabt«, sagte er. »Das ›Verborgene Licht‹ galt als verschollen oder vernichtet, in der Zeit des Umbruchs verloren gegangen. Nur einige Bruchstücke daraus waren bekannt, und die Zitate galten als ungesichert. Deshalb hat sich niemand Gedanken über die Widersprüche gemacht.«
    Iviidis schüttelte den Kopf. »Es kann doch nicht sein, dass dieser Kristall so lange verloren war. Wo hast du ihn gefunden?«
    Alvydas senkte die Lider über die Augen. Er legte einen seiner dünnen Finger an die Nase und seufzte kaum hörbar. »Er war bei mir«, sagte er schließlich.
    Iviidis sah ihn verblüfft an. »Wie meinst du das?«, fragte sie.
    »Ich hatte ihn all die Zeit. Er war bei mir.« Seine Stimme klang rau.
    »Alvydas, du bist der klügste, scharfsinnigste Elb, den ich kenne, aber du redest irre. Du meinst, du hast ihn gefunden und deinen Fund unverständlicherweise für dich behalten.«
    Alvydas lächelte. Seine blassen Augen funkelten verwirrend im Licht des Elbenfeuers. »Sie hat ihn mir gegeben und mich gebeten, ihn für sie zu verwahren«, sagte er beinahe fröhlich. »Eigentlich wollte ich ihn deiner Mutter überlassen, denn sie hat sich hier bei mir damit beschäftigt, aber als sie fortging, erschien mir das zu unsicher. Er sollte hier bleiben, im Herzen unserer Erinnerungen.«
    Iviidis schüttelte den Kopf. »Du nimmst mich auf den Arm, mein Lehrer. Aber gut, wenn du es mir nicht sagen willst …«
    Der alte Elb schloss die Augen und holte mühsam Luft. Dann schob er sich in einen aufrechteren Sitz und ließ eine Hand über den haarlosen Schädel gleiten. »Ich würde gerne mit der Aufzeichnung beginnen«, sagte er. »Bist du bereit?«
    Iviidis legte wortlos ihre Hände auf den Tisch. Alvydas hatte den großen Schwarzbernstein schon griffbereit zurechtgelegt. Er hob ihn aus seiner Umhüllung und legte ihn in Iviidis’ Hände. Sie schloss die Augen, leerte ihren

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