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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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der Mann ist, den ich aufsuchen wollte. Ich habe nur befürchtet, dass du auf das Geschäft verzichtet hättest – und glaube mir, es wäre schwierig geworden, die Ware anderswo zu einem guten Preis an den Mann zu bringen. Das war der gefahrloseste und lukrativste Weg.«
    »Gefahrlos!« Der Sandläufer schnappte nach Luft. »Bei allen Älteren Geistern, das nennst du ›gefahrlos‹?«
    Rutaaura schüttelte den Kopf. »Es war ein gewisses Risiko dabei, das gebe ich zu. Aber Rookhan ist kein Dummkopf. Und außerdem – er war mir noch etwas schuldig.«
    Tamayout hob die Hände. »Der Seelord«, sagte er erschüttert. »Meine J’Xchan wird mich zu Skrallfutter verarbeiten, wenn ich ihr erzähle, dass ich dem Seelord selbst unter die Augen getreten bin.«
    »Warum sollte sie das tun?«, fragte Rutaaura. »Du bringst gutes Geld mit. Ich denke, du hättest bei keinem Händler mehr als dreizehn Familien herausgeschlagen.«
    Der Sandläufer hob in einer entschuldigenden Geste die Finger an die Lippen. »Ich bin nicht undankbar, Saayaa .Du hast meinem Stamm einen großen Dienst erwiesen.«
    Rutaaura nickte kurz und bedeutete ihm, er möge weitergehen. »Zu deiner Frage, wohin wir unterwegs sind: Wir treffen uns mit meinem Begleiter«, sagte sie. »Ich hoffe, er hat einen Heiler aufgetrieben, der bereit ist, mit uns zu kommen.«
    Sandangers Hafen war ein unübersichtliches Areal von Molen, Kais und Hafenbecken, die teils mit trübem, dumpf riechendem Wasser, teils mit schmutzigem Sand, Kies und stinkenden Abfällen gefüllt waren. Der sogenannte alte Hafen lag vollkommen trocken. Rutaaura konnte sich noch an die Zeit erinnern, als von hier aus die Schiffe nach Westen abgelegt hatten, aber das war lange vorbei.
    Tamayout sah sich neugierig um, während er Rutaaura durch das Gelände folgte. Zwischen baufälligen Schuppen und verlassenen Lagerhallen mit löchrigen oder schon eingestürzten Dächern lagen die skelettartigen Überreste von Booten und Lastkähnen, Haufen von verrottenden Fischernetzen und Stapel kaputter Kisten und löchriger Körbe. In den Ecken und Winkeln raschelten kleine Füße, Fliegen summten träge durch die Luft, und es roch immer noch schwach nach Fisch, Tang und Salz. Auf den bröckeligen Mauern sonnten sich Katzen und Eidechsen, und in den Ritzen zwischen den Steinen wucherte allerlei graubraunes, zähes und stachliges Gewächs.
    »Was tun wir hier?«, fragte Tamayout erstaunt. Rutaaura deutete auf einen Lagerschuppen, der etwas besser erhalten war als die anderen rundum.
    »Ich habe hier ein kleines Depot«, erläuterte sie. »Wenn Lluis und ich dich begleiten, müssen wir uns für die Reise ausrüsten – und das meiste davon finde ich hier.«
    Lluigolf saß neben der Tür des Lagerschuppens an die Wand gelehnt, hatte die Beine in seinen ausgebeulten, ein wenig schmuddeligen Hosen lang ausgestreckt und den schäbigen Hut tief in die Augen gezogen. Er schien fest zu schlafen. Neben seiner schlaff herabhängenden Hand lag ein leerer Weinkrug, und in einer klebrigen Weinlache krabbelten Ameisen herum. Tamayout schenkte Rutaauras Begleiter einen angewiderten Blick und spuckte geringschätzig aus. Er sah sie in der Erwartung an, auch in ihrem Gesicht den von ihm empfundenen Abscheu zu entdecken, aber Rutaaura lächelte nur schmal.
    Als sie sich der Tür näherten, hob Lluigolf den Kopf und schob den Hut zurück. Er blinzelte sie schläfrig an und kratzte sich träge über die bartschattigen Wangen. »Hallo Leute, hab euch gar nich’ gehört«, sagte er mit schwerer Zunge. »Alles glattgelaufen mit dem ollen Seelord?«
    Rutaaura verkniff sich ein Grinsen. Der junge Sandläufer an ihrer Seite bemühte sich nicht, die Verachtung in seinem Blick zu verbergen.
    »Wie du siehst, leben wir noch«, sagte die Elbin. »Hast du einen Heiler auftreiben können? Übrigens: Du kannst aufstehen, wir sind angemessen beeindruckt von deinen schauspielerischen Fähigkeiten.«
    Er rappelte sich auf und klopfte den gelben Staub von seiner Hose. Der Blick seiner grauen Augen, mit dem er Tamayout musterte, war klar und spöttisch. »Man weiß nie, ob sich Rookhans Leute hierher verirren«, sagte er. »Ich spüre seinen Atem im Nacken, seit wir hier sind.«
    Rutaaura nickte ungeduldig. »Warst du also erfolgreich?«, fragte sie und schob die Tür des Schuppens auf.
    Lluigolf lehnte sich an den Türrahmen und verschränkte die Arme. Sein Blick schweifte wachsam über das Hafengelände, während er antwortete: »Ich habe im

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