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Elchmus (German Edition)

Elchmus (German Edition)

Titel: Elchmus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Brocks
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Vogel, die Engländer. Nichts als die Royal Wedding im Kopf.
     
    „Alter, ob Ralf seine Alte auch wohl heiratet? Alter, natürlich. Die kommen bestimmt dafür nach London. Das lässt sich doch kein Weib entgehen“. Aber London ist riesiger als riesig. Mehr als 8 Millionen leben hier. Hatte er gelesen und mehr als 300 Sprachen wurden hier gesprochen.
     
    Holger bestaunt seinen neuen und sauber verlegten PVC-Boden. Zählt die Kästchen. Spielt in Gedanken Schiffe versenken und setzt dabei fast das Badezimmer unter Wasser. „Deutscher hat sich totgeduscht“, steht auf der Titelseite morgen früh. So einen verkackten Tod kann er sich nicht leisten. Sekunden später steht er daher wieder draußen. Die letzten ehemaligen Mitbewohner müssten mittlerweile definitiv ersoffen sein. Die Gedanken an Ralf und Elke haben aber auch diese Dusche überlebt.
     
    „Na klar, London ist platt wie ein Plätzchen. Das London Eye kann Ralf sich nicht leisten. Die Tusse auch nicht. Greenwich hat doch diesen Meridian da, da hat Ralf doch immer von gesprochen. Nullmeridian. London. Eine Stadt, in der die Hügel nur unwesentlich höher sind als die in Holland und wo man nur von wenigen Stellen von oben in die Ferne gucken kann.
     
    Sein BVB-Shirt empfängt ihn auch heute farblos. Die beiden neuen Shirts hatte er glatt in der U-Bahn liegen gelassen, nach anderthalb Stunden Fahrerei! Draußen dahingegen legt sich die Sonne im vollstem Gelb auf seine Arme. Beschwingt läuft er zur Docklands Light Railway Station in Bow. Die bringt ihn fahrerlos nach Greenwich. Ist wie von Geisterhand gelenkt. Wie Ralf, der aus seinem Leben verschwunden ist, samt Elke. Die Fahrt beflügelt ihn. Er ist nicht mehr in Bochum, nicht mehr auf Schicht und ist Opel mittlerweile dankbar dafür. Dankbar für den Rauswurf, der ihm diesen Neuanfang beschert hat. London ist echt superb.
     
    Der Greenwich-Fußgängertunnel verläuft unter der Themse. Das ganze Wasser wird bald über ihm sein. Das mag er überhaupt nicht. Aber er muss da durch. Im wahrsten Sinne des Wortes. Beim Kuppeleingang atmet er unauffällig noch einmal tief durch. Hoch oben am Himmel kreisen Möwen, kleine weiße Punkte, wie die Geister. Ein farbiger Angestellter im schicken weißen Anzug fährt den Aufzug für ihn in die Tiefe. Fahrt in den Himmel. Es gibt Jobs, die noch schlimmer als schlimm sind.
     
    Unten im Tunnel weht ein muffiger Wind. Es tropft nur leicht von der Decke. Endlich draußen haben ihn dann auch schon die weißen Himmelsgeister wieder. Auch Cutty Sark, ein Museumsschiff mit weißen eingeklappten Segeln, beschnuppert ihn gierig. Atrappe hin oder her.
     
    Holger legt einen Schritt zu und lächelt überhaupt nicht mehr. Sein Verhalten ist doch lächerlich. Der Pub, der plötzlich vor ihm liegt, kommt ihm dennoch mehr als gelegen. Das Geisterschiff, die Docklands im Nacken, die Vögel kreischend über ihm, das war alles ein wenig viel gewesen. Als er aber die Wasserstoffblondine an der Theke erspäht, sucht er auch hier wieder das Weite. Draußen legt er zur Sicherheit ein paar Schritte zu, bevor er in einen Buchladen verschwindet.
     
    Er lächelt und ein Buch lächelt zurück. Ein Buch über die Messung der Weltzeit. Heute ist der richtige Tag für seinen Neuanfang. Für sein neues Leben mit ohne Frauen. Aber mit Büchern. Eins über Fotografie ist soeben seins geworden.
    Außerdem ist d ie Vollbusige an der Ampel eh vergeben. Oder? Er linst vorsichtig auf ihren Ringfinger, geht dann aber doch wieder nach Hause. Mit niemanden. Und mit dem neuen Buch und ohne weiße Geister Geistern fühlt sich das auch gut und richtig an.

4 4
    ............ Einen Tag später im Londoner East End fühlen sich Elke und Ralf ein wenig deplatziert. Die von Sonnenmilch gebräunte Haut stinkt hier nach Kokosöl, die Handtücher muffeln auf dem Rücksitz und seine BVB-Kluft samt Boxershorts hat echt schon bessere Tage gesehen. Und sein Rücken pellt sich bereits in großen weißen Lappen. In dicken Brocken.
    Elke sieht das Ganze aber irgendwie nicht. Plappert munter drauflos wie in den letzten Tagen und fühlt sich so rein gar nicht gescheitert. Im Gegenteil. Ihre Zorn esfalte auf der Stirn ist verschwunden und ihr Haar wirft gar keinen Wirbel mehr. Ihre Zehen sind kaum noch lackiert. Hier und da ist noch ein kleiner roter Farbtupfer zu sehen. Sommersprossen haben sich überall in ihrem Gesicht niedergelassen. Lachend. Sie lächelt unter ihrer Sonnenbrille.
    Das pinke Zelt passt zu ihr, aber nicht

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