Elchmus (German Edition)
gehabt.
„ Ein Stück weiter ist St. Kathrins Dock“, sagt Elke im richtigen Moment. “Da gibts einen coolen Pub mit Biergarten”.
„ Coole Sache”, sagen Ralf und Holger fast zeitgleich. Bier spült immer gut. Und nicht nur runter, sondern auch schlechtes Essen raus.
Das Dickens Inn wird gerade mit frischen Bier beliefert. Sie sitzen draußen und schauen auf den Yachthafen. Kleine und große Yachten. Schöne und noch schönere. Alle knarzen gemeinsam im Takt. Elke versucht sich vorzustellen, wie es in St. Ives wohl gerade aussieht. Viel weiter kommt sie mit ihren Gedanken nicht, denn Holger sagt laut neben ihr: „Boh, was die für eine Scheiße essen, die Inselaffen. Bananenpizza“ , und fügt dann leise hinzu: „Ich muss mal kacken.“
Dieses Mal ist das keine Entschuldigung für eine geplante längere Abwesenheit. 5 Räder am Wagen sagen das anders. Ralf schaut nur so auf die Karte. Der Magen ist ja noch voll. Pizzen gibt es in den Größen Mini, Spezial, Eimer (Durchmesser) und Beast? Klein steht drunter, dass die Zutaten Nüsse enthalten, die vielleicht gefährliche Allergien hervorrufen. Die Engländer und ihre dummen Erdnussallergien. Ralf schaut noch immer in die Speisekarte, als plötzlich das Biest auch in ihm erwacht. Kurze Zeit später sitzt er neben Holger in der Kabine. Die Schuhe haben ihn verraten.
D aher kann Elke die Stille am Hafen genießen. Sightseeing kann so schön stressfrei sein, denkt sie und prostet sich selber zu. Noch vor ein paar Wochen hat sie Herrn Kessner angeschmachtet. Bücher gelesen, wie „Wie angel ich mir meinen Traummann“. Sie hat es nicht geschafft. Gott sei Dank.
Hier ist alles anders. Ralf ist viel besser für sie. Freier in seinen Gedanken. Das beflügelt sie. Sie ist endlich glücklich.
„Morgen fahren wir?“, fragt Ralf pro-forma, als er wieder kommt und holt sie aus ihren Gedanken.
„Ja“, sagt sie laut und deutlich, aber nicht wie eine Braut. Ralf lächelt.
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............ Von Holgers Japsen und Seufzen hören die beiden Turteltauben nichts. „Alter, was für eine Scheiße“, jammert dieser. Wieder und wieder. Es geht immer wieder von vorne los. „Ich glaub ich schmier gleich ab“, denkt er. „Alter, Alter, Alter“. Immerhin spielt keine seichte Toilettenmusik im Hintergrund und durch die unten und oben offene Schwingtür kommt auch noch ganz gut Luft rein. Echte Cowboys sehen aber anders aus.
Ausgerechnet beim chinesischen Essen passiert ihm so was. Und sein eigener Vater hat vor ein paar Jahren die Hundefutterdosen mit eigenen Augen gesehen , würgt sich die Erinnerung in ihm hoch. Noch vor einer Stunde hat er ihm das auch Jahre später noch nicht geglaubt und gedacht, der Herr Papa wollte nur mal was Interessantes erzählen, war er doch nur Müllmann in einer ganz normalen Zechensiedlung gewesen.
Chinesisches Essen ist echt das Hinterletzte. Schlimmer als Sushi. Japanische strahlenverseuchte Fische. Sein Gedächtnis projiziert ihm noch mal das Unglück ins Gedächtnis. Die Berichterstattung der AKW-Betreiber. Die Japaner wollen nicht beunruhigen. Betonen immer wieder, alles ist nicht so schlimm.
Das hier ist schlimmer als es riecht. Grün ist hier gelb. Selbst Jodtabletten würden heute nicht drinbleiben. Holger kann sich gut vorstellen, dass sein Vater ähnlich geguckt haben muss, als er an einem ganz normalen Arbeitstag die Mülltonnen vom Restaurant öffnete, die alle voll mit leeren Hundefutterdosen waren. Und es gab sage und schreibe sechs schwarze Aschetonnen für den Laden. Und alle waren voll. Voll mit Dosen vom Schwein, vom Rind und auch mit Kalbsfleischgeschmack. Am Abend vorher wurde in dem Laden eine Silberhochzeit gefeiert. Das Restaurant wurde aber nie dichtgemacht. Aus Mangel an Beweisen. Die Dosen wollte keiner kennen.
Aber irgendwie ging dann doch keiner mehr hin und der rote Drachen verblasste nach und nach an der Hauswand, bis er irgendwann ganz verschwunden war. Holger sieht diesen roten Drachen noch immer klar und deutlich vor sich. Eine weitere heftige Welle durchzuckt bei diesem Gedanken seinen Körper.
Gefühlte Stunden später schleicht er sich dann aber doch durch die Tür, wenngleich er total alle ist. Er beäugt sich skeptisch im Spiegel. Sein Kopf ist leer. Alles ist leer. Beim Händewaschen spürt er zumindest seine Füße wieder.
)W klebt an der Schwingtür in unechtem Gold. So langsam geht es wieder. )W wird dann auch zu WC, als er die Toilette mit einem letzten Blick verlässt. Der Goldpreis ist
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