Elchtest - Liebe ohne Grenzen (Junge Liebe)
Bitte“, fleht er mich fast an und ich sehe, dass er seine Tränen nur schwer zurück halten kann. Also gehe ich einfach nur auf ihn zu und nehme ihn in den Arm. Drücke ihn tröstend an mich. Ich kann sein Beben bemerken und weiß genau, wie schlecht es ihm geht und dass er es mir nicht zeigen will. Aber ich kenne meinen besten Freund. Manchmal besser als mich selber. Und in manchen Momenten ist er wieder ein völlig Fremder für mich.
„Lass uns fahren. Ich will hier nur noch weg“, bittet er mich leise. Ich nicke und lasse ihn los. Packe seine Taschen in den Kofferraum und öffne ihm die Beifahrertür.
„Komm, steig ein“, fordere ich ihn auf und gehe auf meine Seite und steige ein. Stecke den Schlüssel ins Zündschloss und drehe ihn um. Sofort ertönt das schnurrende Geräusch des Motors. Doch bevor ich losfahre, sehe ich ihn noch einmal eindringlich an. „Geht es wieder?“
Er nickt und nuschelt ein „Alles gut.“
Was ich ihm nicht wirklich glaube, aber ich belasse es erst einmal dabei. Ich gebe Gas. Nur weg von dieser bedrückenden Stimmung hier.
Je dichter wir an das Haus meiner Großeltern kommen, desto mehr hellt sich seine Miene auf. Ich kann ihm ansehen und auch verstehen, dass er froh ist, von zu Hause weg zu kommen. Wo seine Mutter und seine Schwester dieses Wochenende ja auch nicht da sind. Und im Stillen frage ich mich, wie es wohl sein wird, wenn ich nicht mehr da bin. Wohin er dann flüchten wird. Aber er wird sicher viel mit seinen Fußballkollegen oder mit seinen Klassenkameraden unternehmen. Leise seufze ich auf, weil ich mir schon wieder viel zu viele Gedanken um ihn mache. Vielleicht sollte ich mehr auf die Straße achten, denn sonst hätte Lucas mich nicht darauf aufmerksam machen müssen, dass ich fast die Ausfahrt verpasst hätte. Doch so kann ich grade noch bremsen, den Blinker setzen und rechts abbiegen. Zum Glück ist heute nicht viel los und ich habe mit meiner unkoordinierten Fahrweise niemanden behindert.
„Benny, Benny, Benny! Willst du uns beide vorzeitig ins Grab bringen?“, rügt Lucas mich und schüttelt missmutig den Kopf.
„Sorry. War keine Absicht. Und außerdem ist doch das Leben viel zu schön, um schon so früh ins Gras zu beißen. Ich hatte eigentlich vor, mindestens hundert zu werden.“
„Na, da hast du dir aber ganz schön was vorgenommen. Ich für meinen Teil will erst einmal die nächsten zwei Jahre unfallfrei überstehen“, meint Lucas und streicht sich bezeichnenderweise über die leicht geschwollene Wange.
„Du weißt schon, dass es eine Möglichkeit gibt, wie du dem Ganzen entgehen kannst?“
„Was soll das denn bringen, Benny? Wenn ich ihn anzeigen würde, dann bekommt er ein „Du, Du, Du“ vom Gericht und vielleicht noch eine kleine Geldstrafe oder ein paar Sozialstrafen aufgebrummt. Und mehr würde nicht passieren. Außer, dass er noch wütender auf mich wird, wenn er womöglich Müll sammeln muss. Und das Geld müsste Mama sicherlich berappen. Also sind wir alle mehr gestraft als er. Und nun lass uns nicht mehr davon reden. Ich will einfach nur ein schönes Wochenende mit dir verbringen.“
Und das haben wir auch. Ich kann die meiste Zeit wirklich meine nahende Abreise vergessen. Und ich bin Oma unwahrscheinlich dankbar, als sie mich kurz beiseite nimmt und mir sagt, dass sie mich am Montag zum Flughafen bringen werden.
„Es würde sicherlich ein bisschen merkwürdig für Lucas aussehen, wenn wir uns unter Tränen verabschieden würden, oder?“, meint Oma und ich lächele sie etwas traurig an.
„Da hast du recht. Ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, wie wir das bewerkstelligen wollen.“
„Na, da kannst du dich ja freuen, dass du einen Opa hast, der mitdenkt. Nein wirklich“, lacht sie über mein verdutztes Gesicht, „dieser Vorschlag kam tatsächlich von deinem Opa. Manchmal hat er einen lichten Moment und ihm fallen solche Dinge ein“, zwinkert sie mir grinsend zu. „Außerdem dachte er, dass wir dann auch gleich unsere Tickets abholen können, wo wir schon mal da sind. Dann brauchen sie sie uns nicht mehr zuschicken. Du weißt ja, dass er immer gerne alles da hat, bevor unsere große Reise losgeht.“
„Ach ja. Da habe ich ja gar nicht mehr dran gedacht. Eure große Fahrt geht ja auch bald los. Wo geht es denn dieses Mal hin?“, frage ich voll Interesse. Ich habe wirklich durch meine baldige Abfahrt ganz vergessen, dass Oma und Opa ja auch jedes zweite Jahr das Land verlassen. Winterflucht - wie sie es so
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