Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
herumgeführt werden, ja?
Es ist nicht sicher da draußen.«
»Gut.« Maya tastete sich zu der großen Stute.
Vor der Höhle war es eiskalt, und Maya vermisste ihren Mantel. »Hast du mich
erschreckt, du Dumme!«, flüsterte sie. Samantha schien sie vorwurfsvoll
anzustarren. Maya bemerkte, dass ihr Maul klebrig war. Sie musste in der Nacht
doch an die Knallbohnen gekommen sein.
»Komm mit!« Maya packte die Stute an der Mähne,
denn sie trug ja nachts kein Zaumzeug. Samantha weigerte sich mitzugehen. Sie
bewegte sich keinen Schritt vorwärts. Maya seufzte. Sie fror jämmerlich und
wollte ungern Stelláris um Hilfe bitten, er schlief sicherlich bereits,
immerhin hatte der Arme schon die halbe Nacht bei der gefräßigen Stute
verbracht. Von Shanouk war nichts zu sehen. Hatte er nicht vor der Höhle Wache
halten wollen?
»Wenn du nicht brav bist, muss ich Larin holen«,
murmelte sie und zog noch mal. Samantha blickte Maya trübe an.
»Also gut. Ich laufe mit dir ein paar Minuten
vor der Höhle auf und ab.«
Die Stute schien aus Mayas Stimme zu entnehmen,
dass diese nachgegeben hatte. Bewegung tat gut. Der nette Elf hatte sie vorhin
auf die Wiese begleitet und stundenlang herumgeführt, bis die Krämpfe besser
geworden waren. Sie machte kehrt und strebte dort hin.
»Samantha!«, zischte Maya. Ihr blieb nichts
anderes übrig, als ihr zu folgen.
Es war bitterkalt und unheimlich. Die Wiese lag
im dichten Nebel, und ein leiser Wind trieb die Nebelschwaden darüber hin. Es
wirkte wie der Tanz bleicher Schauergestalten. Zitternd stolperte Maya neben
dem Pferd her. »Du dummes Tier«, flüsterte sie immer wieder, aber sie redete
hauptsächlich, um den Klang einer menschlichen Stimme zu vernehmen, und wenn es
ihre eigene war. Schließlich klapperten ihre Zähne so stark, dass sie kein Wort
mehr herausbrachte. ›Es ist alles in Ordnung‹, versuchte sie sich einzureden.
›Die anderen sind nur ein kleines Stück entfernt dort hinter den Bäumen, gleich
drehen wir um und gehen zurück.‹
Schlaftrunken wie sie war, kam Maya gar nicht
auf den Gedanken, die schwarze Stute einen Moment allein zu lassen und um Hilfe
zu bitten. Sie bemerkte nicht den Mann, der sich aus dem Nebel löste und mit
gezücktem Zauberstab heranschlich.
Samantha wieherte schrill. Sie machte einen
schreckhaften Satz zur Seite und sprengte im vollen Galopp über die Wiese
davon. Maya starrte ihr hinterher, und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen.
Sie hatte den Mann entdeckt. Groß und schwarz stand er da, den Zauberstab
drohend erhoben. Ihre Hand fuhr in die Tasche, um ihren Zauberstab zu ziehen,
aber ihre zittrigen und vor Kälte steifen Finger konnten ihn nicht tasten. Maya
stöhnte. Ihr fiel ein, dass er gar nicht da war. Sie hatte ihn in der Höhle
gelassen. Schreien war sinnlos, nicht einmal ein Elf wäre schnell genug bei
ihr. Sie wirbelte herum, um im Zickzacklauf zu ihrem Versteck zu rennen,
zumindest wollte sie kein gutes Ziel bieten. Doch sie kam nicht weit. Sie
stolperte über einen Stein, taumelte und machte sich darauf gefasst, gleich von
einem tödlichen Zauber getroffen zu werden. Plötzlich hörte sie vor sich eilige
Schritte und sah einen Wimpernschlag später Shanouk an sich vorbeistürzen,
Stelláris war dicht hinter ihm. Sie drehte sich nach dem Mann um. Er war so
schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war. Stelláris stoppte kurz neben ihr,
um sich zu vergewissern, dass sie unverletzt war. Dann verschluckte auch ihn
der Nebel.
Maya zitterte heftig. Ein wenig benommen sah sie
Samantha ängstlich wiehernd herbeilaufen, und dann war auf einmal Larin da. Er
zog Maya wortlos an sich. Sie spürte seine Wärme, doch sie hörte nicht auf zu
zittern. Er wollte sie zurückführen, aber Maya hatte das Gefühl, dass ihre
Beine jemand anders gehörten – ihr gehorchten sie jedenfalls nicht.
Larin hob sie hoch und trug sie zurück. Maya
wollte Einspruch erheben, aber das ging nicht, denn ihre Zähne schlugen
andauernd aufeinander. Die schwarze Stute lief folgsam mit, diesmal tappte sie
ohne zu zögern in die Höhle. Larin brachte Maya zu ihrem Schlafplatz und
stellte sie unsanft ab. Verwirrt registrierte sie, dass er immer noch nichts sagte.
Sie versuchte, seine Gesichtszüge zu erkennen, aber es war zu dunkel. War er
wütend auf sie? Er nahm ihren weiten Kapuzenmantel und wickelte sie darin ein,
dass sie sich kaum rühren konnte. Verpackt wie eine Raupe im Kokon ließ sie
sich auf den Boden plumpsen. Anschließend hob er seinen
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