Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
uns erwarten.‹
Fiona schien Ähnliches durch den Kopf zu gehen.
Sie zitterte und atmete sehr schnell und stand kurz vor einem hysterischen
Anfall. Rote Flecken erschienen in ihrem Gesicht. Mitleidig nahm Maya ihre
Freundin in den Arm. Sie fühlte sich selbst schrecklich hilflos und riss sich
nur mühsam zusammen. Dennoch bemühte sie sich, ruhig und sicher zu wirken und
ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. Sie wollte selbst so gerne an das
glauben, was sie Fiona sagte. »Wir werden das schaffen, Fiona. Wir kommen heil
da durch, ganz bestimmt.« Fiona nickte verstört.
›Es ist kein Wunder, dass sie so reagiert‹,
dachte Maya. ›Keiner von uns kann sich vorstellen, wie es ist, von einem Vampir
gebissen zu werden.‹
»Es tut weh«, flüsterte Fiona.
»Was?«
»Der Biss. Es tut scheußlich weh.«
»Oh.« Das hatte Fiona nie vorher erwähnt.
Hilfesuchend sah Maya die anderen an.
»Kein Vampir wird dich jemals wieder anrühren.«
Stelláris hörte sich sehr entschlossen an. Unterdrückte Wut schwang in seiner
Stimme mit.
Überrascht sah Fiona zu ihm auf. Er hatte mit
ihr nie über das Erlebte geredet, sie hatte den Eindruck gehabt, er wiche ihr
aus, wenn sie dem Thema nur nahe kam.
Fiona wurde ein bisschen ruhiger.
Max ging es ebenfalls nicht besonders gut. Er
sagte kein Wort, was für ihn ziemlich ungewöhnlich war, aber man konnte ihm die
Angst vom Gesicht ablesen. Zacharias legte seine große Hand auf seine Schulter
und zog ihn an sich. »Nur Mut, Kleiner. Das schaffen wir.«
»Du bist sehr mutig.« Larins leise Stimme dicht
hinter Mayas Ohr ließ sie heftig zusammenfahren.
»Aber schreckhaft«, sagte sie.
Larins Grinsen wirkte etwas angespannt. »Es
macht keinen Sinn, sich jetzt Gedanken zu machen. Gehen wir rein und bringen
wir es hinter uns.«
Die
Höhle im Berg
Mit wild klopfendem Herzen ging Maya neben Larin auf eine
große schwarze Öffnung zu, die im Nebel allmählich deutlicher zu Tage trat. Wie
ein aufgerissener Raubtierschlund lag der Eingang vor ihnen. Dicht hinter sich
konnte Maya Fiona stoßweise atmen hören. Sie griff nach ihrem Zauberstab und
straffte sich. Dann tauchte sie ein in die samtene Dunkelheit der Vampirhöhle.
Mayas Augen mussten sich erst an die Finsternis
gewöhnen. Allmählich nahm die Höhle Konturen an. Sie war sehr hoch und breit,
ähnlich einer großen Kathedrale. Die Wände glimmerten unheimlich, obwohl kein
Licht einfiel. Ein schwacher Schein ging von ihnen aus. Maya wusste nicht,
welcher Stein solche Glimmerteilchen enthielt, und vor allem nicht, warum sie
leuchteten, ohne dass irgendein Licht darauf fiel. Vermutlich hatte der
Schattenfürst Magie benutzt, um die Schwarzen Reiter mit den Dracheneiern durch
die Höhle leiten zu können. Es sah seltsam und unwirklich aus, aber es half,
sich in der düsteren Höhle besser zurechtzufinden. Wo waren die Vampire?
Vorsichtig sah Maya sich um. Lauerten sie in irgendeiner Nische? Warum sah man
sie nicht, sie mussten doch hier sein?
Ihr suchender Blick blieb an dunklen Schatten an
der Decke hängen, und Maya unterdrückte ein entsetztes Keuchen. Da oben waren
sie! Grausig sahen sie aus und bedrohlich. Die Vampire hingen kopfüber von der
Decke herab. Sie hatten sich mit ihren Füßen am Fels festgekrallt und schienen
zu schlafen. Wegen ihrer schwarzbraunen Färbung hoben sie sich kaum von der
Umgebung ab. Fasziniert starrte Maya nach oben. Sie versuchte, Einzelheiten zu
erkennen – da waren ledrige Flügel, die zusammengefaltet waren und den
hässlichen Körper teilweise verbargen. Die Flügel mussten riesig sein, wenn die
Vampire sie entfalteten, überlegte Maya. Der Anblick zog sie so sehr in ihren
Bann, dass sie das Hindernis nicht bemerkte. Sie fühlte, wie jemand ihren Arm
packte und festhielt. Erschrocken starrte sie Larin an. Einen Augenblick lang
setzte ihr Herz aus, dann raste es umso schneller, denn sie hatte in letzter
Sekunde die Steine bemerkt, die wohl irgendwann von der Decke gefallen waren
und nun auf ihrem Weg lagen. Sicherlich wäre sie darüber gefallen, hätte Larin
sie nicht darauf aufmerksam gemacht. Um ein Haar hätte sie einen beträchtlichen
Lärm verursacht. Vorsichtig stieg sie darüber und mahnte sich beschämt, besser
aufzupassen.
Die Höhlendecke wurde niedriger. Sie senkte sich
allmählich ab, und Maya erkannte den Ausgang: Weiter vorne drang ein schwaches
Leuchten durch eine schmale Öffnung in der Höhlenwand. Irgendetwas Dunkles
versperrte den Blick auf die Höhle
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