Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
dahinter. Larin stoppte. Er hob die Hand zum
Zeichen, dass sie stehen bleiben sollten. Maya verstand nicht, warum. Dann sah
sie es.
Das Dunkle, das den Ausgang versperrte, waren
fünf Vampire. Sie hingen wie die anderen kopfüber schlafend von der niedrigen
Decke herab; der Mittlere von ihnen füllte die türbreite Öffnung fast
vollständig aus. Normalerweise legten die widerlichen Kreaturen ihre Flügel
beim Schlafen zusammengefaltet an den dunkelbraunen, dicht behaarten Körper. Um
den Durchgang komplett zu versperren, hatte der Vampir in der Mitte jedoch
seine Flügel nach unten hängen lassen, so dass sie ein Stück auf den Boden
schleiften. Die scheußlichen Fratzen der Blutsauger waren der Höhle zugewandt
und befanden sich etwa in Mayas Augenhöhe. Ihre Gesichter waren mit kurzen
dunkelbraunen Haaren bewachsen. Sie sahen nur teilweise menschlich aus; statt
einer Nase besaßen die Vampire eine kurze, abgeplattete Schnauze mit großen,
geschlitzten Nasenlöchern. Das breite Maul schienen sie nie gänzlich zu
schließen, denn man konnte zwischen den Kiefern ein kräftiges Gebiss mit verlängerten
oberen Eckzähnen erkennen. Hände und Füße muteten absonderlich verdreht an und
endeten in schmutziggelben, säbelförmigen Krallen. Die Wesen wirkten grotesk,
und gleichzeitig war die tödliche Bedrohung, die von ihnen ausging, beinahe
körperlich zu spüren. Mayas Herz machte einen Satz. Sie meinte, die Vampire
müssten es schlagen hören, so wild klopfte es in ihrer Brust. Hinter sich
vernahm Maya einen erstickten Aufschrei.
Einer der Vampire bewegte sich. Es gab ein
schabendes Geräusch, als er die Flügel ein wenig entfaltete und mit seinen
klauenartigen Füßen seine Position an der Decke leicht veränderte und erneut
Halt suchte.
Schlafende Wächter! Warum sollten die Vampire
sich die Mühe machen, wach zu bleiben, wenn sie ihren Opfern einfach den Durchgang
versperren konnten? Damit hatte auch Zacharias nicht gerechnet. Entsetzt
blickten sie sich an. Fiona hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und
schlotterte vor Angst. Sie bemühte sich, keinen Laut von sich zu geben, aber
sie atmete keuchend und viel zu schnell.
Maya trat auf ihre Freundin zu und zog sie mit
zitternden Händen an sich. Sie lauschte mit zunehmender Panik auf Fionas immer
hektischer werdendes Atmen. In ihrer Vorstellung wirbelten die schrecklichsten
Möglichkeiten durcheinander. ›Sie ist zu laut … Bestimmt wachen die Biester
jeden Moment auf‹, dachte sie, ›es dauert nicht mehr lange, und sie verliert
restlos die Kontrolle … dann stürzen sich die Vampire auf uns.‹
Fiona schwankte und krallte sich an sie wie eine
Ertrinkende. Beruhigend strich Maya ihr über den Rücken. Sie merkte selbst, wie
tröstlich die Nähe des anderen wirkte. Fiona empfand es wohl genauso, denn nach
einer Weile schien sie sich etwas zu entspannen. Sie atmete ruhiger und
lockerte ihren Klammergriff.
Maya vermied es, die Vampire anzusehen und
versuchte, sich selbst Mut zuzusprechen. Sie rief sich die Worte des Einhorns
ins Gedächtnis und spürte Zuversicht in sich aufsteigen. Seit dem Wald von
Amadur hatten sie einen weiten Weg zurückgelegt. Nein, sie waren nicht hierher
gekommen, um an dieser Tür zu scheitern. Maya wusste, dass es kein Zurück gab.
Selbst wenn sie hätten umkehren wollen, die Zeit reichte nicht. Bis sie die
Grenze des Vampirgebietes erreicht hätten, wäre die Nacht hereingebrochen, und
das hätte den sicheren Tod bedeutet. Maya löste sich von Fiona und lächelte ihr
aufmunternd zu. Sie drehte sich zu den anderen um – und hielt erschrocken
den Atem an. Stelláris hatte sich in der Zwischenzeit den Vampiren genähert.
Sie hingen so von der Decke, dass sie zwischen sich und der Wand mit dem
Durchgang einen sehr geringen Abstand gelassen hatten. Es war nur eine äußerst
schmale Lücke, aber Stelláris versuchte herauszufinden, ob es möglich war, sich
an den Kreaturen vorbeizuschieben. Mit hart an die Felswand gepresstem Rücken
bewegte er sich quälend langsam hinter den Vampiren entlang auf die Öffnung zu.
Maya vergaß fast zu atmen. Eine falsche Bewegung, eine kurze Berührung könnte
genügen, einen von ihnen zu wecken. Und damit alle anderen.
Er war nun fast vollständig von den Vampiren
verdeckt. Endlich erreichte er den Durchgang. Stelláris hatte es geschafft.
Aber anstatt dort auf sie zu warten, machte er sich auf den Rückweg. Maya war
klar, dass er Fiona nicht allein lassen wollte. Trotzdem fand sie es
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