Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
betreiben – eine davon ist Lehrerin an unserer
Schule. Man kriegt dort fast alles. Eben auch Fünf-Achtel-Stäbe. Das sind
Zauberstäbe für Kinder, richtige Klassiker. Sie heißen so, weil sie halt nicht
acht Achtel Zoll lang sind, sondern nur fünf. Es gibt hier kein Kind, das nicht
einen gehabt hätte.«
»Zauberstäbe? Waaahnsinn!« Max war sofort Feuer
und Flamme. »Wie funktionieren die?«
»Na, wir Menschen können von Natur aus eben
nicht zaubern. Wir sind schließlich keine Elfen. Die werden schon mit magischen
Fähigkeiten geboren. Auch die Wichte haben gewisse Kräfte, allerdings lange
nicht in dem Maß wie die Elfen. Menschen brauchen also zum Zaubern einen
Zauberstab.«
»Haben denn alle einen?«
»Nein, das nicht. Aber egal, wann ein Mensch
einen Zauberstab bekommt, verwenden darf er ihn erst, sobald er zwölf Jahre alt
geworden ist. Es hat früher einfach zu viele Unfälle gegeben.«
»Deshalb schenkt man ihnen Fünf-Achtel-Stäbe«,
nickte Fiona.
»Was kann man mit denen zaubern?«, fragte Max
gespannt.
»Ganz einfache Dinge. Kleine Gegenstände
schweben lassen, Dinge wachsen oder schrumpfen lassen und so.« Larin musste
grinsen, als er an seinen eigenen Fünf-Achtel-Stab zurück dachte.
»Was ist denn?« Maya war seine Reaktion nicht
entgangen.
»Ach, ich hab mich gerade daran erinnert, wie
ich – da war ich vielleicht acht Jahre alt – den Zauberstab von
Waltraud erwischt hatte. Ich hab ziemlich lange herumprobiert, und irgendwann
hatte ich den Dreh raus, wie ich meinen eigenen so verzaubern konnte, dass er
mehr kann. Jeder hat sich gewundert, als Caiman Scelesto plötzlich mit einem
Bart herumlief. Sie haben den Bart eine Woche lang nicht abgekriegt, er ist
immer wieder neu nachgewachsen.«
Alle lachten und Fiona fragte: »Haben sie dich
nicht erwischt?«
»Ich vermute, meine Eltern hatten so ‘ne Ahnung,
aber sie haben mich nie gefragt. Ich glaube sie wussten, dass Caiman gerne
Tiere gequält hat. Einmal hat er dem kleinen Rabgack, das ist der Neffe von
Gormack, die Klamotten versteckt, als der in ‘nem See gebadet hat. Der Arme hat
sich nicht heimgetraut, sie haben ihn stundenlang gesucht.«
»Eigentlich dachte ich, dass es hier keine
solchen Leute gibt.« Maya klang recht nachdenklich.
»Die gibt es überall.« Larin sah das sehr
nüchtern. »Die Familie Scelesto wurde in Eldorin aufgenommen, weil sie in Not
war. Die Elfen hätten nicht ein paar einzelne abgewiesen, die ihnen, sagen wir
mal, weniger nett erschienen sind.«
»Sag mal …«, Max ließ das Thema keine Ruhe,
»hast du deinen alten Fünf-Achtel-Stab irgendwo? Ich meine, … brauchst du ihn noch? Oder viel besser:
Kann ich mir ‘nen richtigen ausleihen? Ich bin doch älter als zwölf, da könnte
ich …«
»Max!«, sagte Fiona streng, »daran solltest du
nicht mal denken!«
»Ich werd’ mal darüber nachdenken«, kam Larins
unverbindliche Antwort. »Übrigens, Waltraud hat uns für heute Nachmittag zu
Kaffee und Kuchen eingeladen.«
Maya freute sich, obwohl sie nicht wusste, wo in
ihrem Magen ein Eckchen Platz sein könnte. Fiona überlegte, ob man die Kleider
notfalls etwas weiter schneidern könnte, wenn sie weiterhin so gefüttert wurde.
»Toll, mein Magen hat gerade geknurrt«, ließ Max
zufrieden verlauten.
»Noch ein Stück Apfelkuchen?«, fragte Waltraud
Ägidius fröhlich in die Runde ihrer jungen Gäste.
»Danke, gerne.« Max ließ sich das dritte Stück
auf den Teller legen.
»Mach dir keine Sorgen wegen des Reitens.«
Waltraud schenkte Fiona ein aufmunterndes Lächeln. »Ich bin mit Pferden
aufgewachsen und hatte trotzdem eine gewisse Scheu, mich auf ihren Rücken zu
setzen. Aber jetzt reite ich gerne. Natürlich nicht so gut wie Larin; der sieht
aus, als wäre er darauf geboren, aber ich komme immer dahin, wo ich hin will.
Du wirst sehen, es klappt von Mal zu Mal besser. Dieser Caiman
natürlich …«
»Das war glatte Absicht!« Fiona war immer noch
empört, »Ein Wunder, dass Maya oben geblieben ist. Sie hätte sich sonst was
brechen können.«
»Das stimmt. Ich muss unbedingt ein ernstes Wort
mit ihm reden.« Waltraud blies die Backen auf. »Ich fürchte bloß, es wird nicht
viel nützen.«
»Lass«, sagte Larin, »das regle ich.«
»Wie gefällt es euch denn bei uns?«, erkundigte
sich Waltraud, »hier ist sicher alles ganz ungewohnt für euch.«
Fiona lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Ach,
alle sind so lieb zu uns … und es ist alles so hübsch hier … so ganz anders
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