Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
ging auf sie zu. Dann hob er die protestierende junge Frau hoch, legte sie sich über die Schulter, wie er es bei ihrer ersten Begegnung getan hatte und brachte sie zu ihrem Schlafplatz. Das Lachen der Krieger erstarb urplötzlich. Alle sahen gebannt auf das Paar und warteten mit angehaltenem Atem, was als nächstes passieren würde. Eleas anfängliches Protestieren war ebenfalls verstummt. Ihr Herz klopfte bereits wie wild in ihrem Brustkorb. Sie brachte aber keinen Ton heraus. Er ließ sie nicht, wie damals, als er mit ihr in Albins Haus stürzte, einfach auf den Boden fallen, sondern legte sie behutsam wie ein Baby auf ihren Wolfsfellumhang und deckte sie mit seinem Fell zu. So verharrte er eine Weile auf den Knien über ihr, die Hände jeweils links und rechts von ihrem Kopf auf dem Boden abgestützt und musterte intensiv ihr Gesicht. Elea brach zaghaft das Schweigen. „Ähm... Was ist denn?“
„ Ich gebe dir jetzt einen Gutenachtkuss. Und dann wird geschlafen. Ich lege mich etwas später zu dir, wenn dir so viel daran liegt. Das verspreche ich dir.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, drückte er ihr schon zärtlich seinen Mund auf ihre Lippen – länger als er eigentlich vorgehabt hatte. Aber er konnte ihre weichen Lippen, die sich vor Überraschung sogar etwas geöffnet hatten, nicht einfach gleich wieder freigeben. Das laute Gelächter der Krieger holte ihn jedoch jäh wieder in die Wirklichkeit zurück, sodass er sich hastig von Elea löste und zum Lagerfeuer zurückstampfte. Zugleich aufgewühlt und verärgert rief die junge Frau ihm hinterher - in einer Lautstärke, die wahrscheinlich sämtliche Tiere in dem Sumpf gehört hätten, falls es welche gegeben hätte. „Ja. Natürlich! Nach diesem Kuss werde ich bestimmt so schnell einschlafen wie ein Baby.“ Was bildet sich dieser Kerl eigentlich ein!? Mich vor allen so zu küssen, dass mir beinahe das Herz stehen bleibt. Elea konnte noch immer seine heißen Lippen auf ihrem Mund spüren und in ihrem Bauch flatterte es, als ob ein Schwarm Schmetterlinge aufgeregt einen Ausgang suchte, aber keinen fand. Sie drehte sich erregt auf die Seite und schaute zu den Männern, die sich von ihrem Gelächter erholt hatten und es sich ebenfalls in ihren Schlaffellen bequem machten. Nur Jadora und Maél blieben noch am Feuer sitzen und unterhielten sich leise, sodass sie kein Wort verstehen konnte. Erst als sich dieses so aufregende Gefühl im Bauch verflüchtigt hatte, schlief sie ein.
Als Maél zu den anderen ans Feuer zurückkehrte, tobte in ihm ein Gefühlssturm, den er kaum unter Kontrolle halten konnte. Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht?! Sie einfach so küssen, als ob es eine Kleinigkeit wäre?! Ich muss verrückt sein. Jetzt, wo ich weiß, wie es sich anfühlt, ihre Lippen mit meinen zu berühren, wird es noch schwieriger sein, ihr zu widerstehen. Ich Idiot! Als er sich neben Jadora setzte, konnte der Hauptmann seinen inneren Aufruhr spüren. „Du kannst dich hoffentlich noch an den Befehl von Darrach erinnern, sie unter allen Umständen unberührt nach Moray zu bringen? Es sei denn, du änderst doch noch deine Meinung und suchst mit ihr zusammen das Weite“, warnte er halb scherzend den jungen Mann. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Schon die Tatsache, dass ich sie einfach über meine Schulter gelegt habe, war ein Schritt zu weit - und dann noch der Kuss. Es ist mir einfach in den Sinn gekommen und bevor ich darüber nachdenken konnte, war es schon passiert. Diese Frau raubt mir noch den Verstand.“
„ Ja. Offensichtlich den jetzt auch noch, nachdem sie dein kaltes Herz erobert hat“, gab Jadora lachend von sich. Maél schaute ihn missmutig an. Der Hauptmann war noch nicht fertig. „Es ist kein schönes Gefühl jemanden zu begehren, den man nicht besitzen darf, nicht wahr?“
„ Oh Jadora. Verschone mich mit deinen Weisheiten. Dass sie für mich tabu ist, ist bestimmt nicht mein größtes Problem.“
„ Aber ein Problem ist es dennoch. - Was ist denn dein größtes Problem?“, fragte Jadora neugierig nach. „Das liegt doch auf der Hand. Sie verkörpert alles Gute und Reine und ich alles Böse und Verdorbene“, antwortete Maél verbittert. Er hatte jetzt keine Lust mehr, über dieses ihn bereits seit einiger Zeit quälende Thema weiter zu reden. „Hoffentlich hält noch das Wetter bis morgen Abend. Regen ist jetzt das Letzte, was wir gebrauchen können.“ Er stand einfach auf und wünschte Jadora noch eine gute Nacht,
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