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Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)

Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)

Titel: Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Matesic
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lieferten. Hastig ging er zu dem kleinen Nachtschränkchen neben seinem Bett und holte eine Flasche mit Branntwein heraus. Er ergriff den Holzbecher vom Tisch und schüttete in hohem Bogen das abgestandene Wasser quer durch das Zimmer auf den Boden. Dann füllte er ihn randvoll mit dem Gebrannten und trank ihn in einem Zug aus. Anschließend schleuderte er den Becher laut krachend an die Wand, dass er splitterte. Er musste den Schmerz irgendwie betäuben, sonst würde er noch den Verstand verlieren. Nicht den Schmerz in seiner anschwellenden Hand, sondern den inneren Schmerz. In den letzten Jahren, in den ganz düsteren Momenten, wenn er sein verfluchtes Leben nicht mehr ertragen konnte, flüchtete er sich immer wieder in den Rausch durch den Genuss von Branntwein. Aber nur in der Abgeschiedenheit seiner Kammer ließ er sich gehen. Er wollte vor den anderen, die ihn hassten und fürchteten, seine Souveränität aufrechterhalten und kein Zeichen von Schwäche zeigen. Doch er tat letztendlich nichts anderes: Er ertränkte seine Hilflosigkeit gegenüber Darrachs Fesseln der dunklen Macht in Alkohol.
     

    Auf dem riesigen Bett, eingekuschelt in einer dicken, samtweichen Felldecke lag Elea halb betäubt durch die aromareichen Öle, die eine Dienerin wahrscheinlich in jede nur erdenkliche Stelle ihres Körpers andächtig und mit engelhafter Geduld einmassiert hatte. Unter Belanas strenger Aufsicht wurde Elea zuvor gebadet und das Haar gewaschen. Sie kam sich vor wie ein kleines Kind, da sie einfach nur im Waschzuber saß und keinen Handstrich machen durfte. Sie ließ alles protestlos über sich ergehen, begnügte sich nur ab und zu damit, Belana einen bösen Blick zuzuwerfen, wenn diese wieder über die weiblichen Unzulänglichkeiten ihres Körpers lamentierte. Im Großen und Ganzen genoss sie jedoch die herzliche Fürsorge, die ihr die Dienerinnen und auch Belana entgegenbrachten.
    Im Laufe des frühen Abends – so nahm Elea zumindest an, da das Fenster mit dem Holzladen nach wie vor verschlossen war - wurde ihr ein opulentes Mahl aufgetischt, das sie wieder in vorgewärmten Tüchern eingewickelt mit Heißhunger zu sich nahm, während Belana sich ihrem nassen Haar widmete. Die Haarwelt war eindeutig Belanas Domäne. Sie konnte mit dem Kamm und der Bürste umgehen, wie Maél mit seinem Schwert. Elea wurde beim Zusehen schwindelig, so flink und geschickt teilte sie ihr Haar mit dem Kamm in Strähnen und bürstete sie anschließend seidig glänzend. Nur den Knoten, die seit Kyras etwas radikaleren Behandlung erneut entstanden waren, musste sie sich scheinbar geschlagen geben. „Belana, schneidet sie doch einfach ab. Es hat keinen Sinn.“
    „ Nicht einen Fingerbreit werde ich abschneiden,“ erwiderte die Frau entrüstet. Zu Eleas Überraschung zauberte sie aus einem samtenen Beutelchen eine Phiole hervor, die sie mit einer Vorsicht, fast schon Ehrfurcht zwischen den Fingern hielt, als wäre sie der Menschheit größter Schatz. Mit angehaltenem Atem beobachtete Elea vor der überdimensionalen Frisierkommode sitzend, die mit einem ebenso überdimensionalen Spiegel ausgestattet war, jeden Handgriff der Ersten Hofdame. Sie träufelte von dem goldgelben Inhalt der Phiole ein wenig auf ihre Fingerspitzen und massierte ihn in die verknoteten Haare. Nach nur zwei oder drei Versuchen konnte sie den Kamm problemlos durch das Haar ziehen – ohne Elea den kleinsten Schmerzensschrei zu entlocken. Elea wäre es viel lieber gewesen, wenn sie die Knoten nicht hätte lösen können. Sie hatte schon mit dem Gedanken gespielt, Belana dazu zu überreden, ihr das Haar zu kürzen. Aber nachdem sie sah, mit welcher Hingabe sie sich ihrem Haar widmete, schien es ihr ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, diese Frau dazu zu bewegen, auch nur einen Fingerbreit davon abzuschneiden.
    Was die leidliche Kleiderfrage anbelangte, so war Belana weniger erfolgreich. Sie hatte bisher noch kein annähernd passendes und ihren Ansprüchen genügendes Kleid gefunden. So kam sie mit leeren Händen zurück, mit Ausnahme eines Nachthemdes, in das Elea zweimal hineinpasste und das sie jetzt unter der Felldecke großzügig umschmeichelte. Elea spürte, wie ihre Glieder und ihr Kopf langsam von einer Müdigkeit ergriffen wurden, sodass sie den Schmerz in ihrem rechten Oberarm kaum noch wahrnahm. In diesem entspannten Moment, in dem sie die hinter ihr liegende, unangenehme Unterhaltung mit den beiden mächtigsten Männern des Königreiches so gut wie vergessen hatte

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