Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Gewissen. Sie schenkte ihm schnell ein verlegenes Lächeln, um ihre ruppige Zurechtweisung wieder gut zu machen. Dies ließ seine Miene wieder etwas aufhellen.
Zu Eleas Entzücken mussten sie einmal das Gebäude verlassen, um den riesigen Innenhof zu überqueren, in dem Maéls perfekte Vorstellung des brutalen Häschers bei ihrer Ankunft begann. Sie sog tief die kalte Luft ein und verlangsamte sofort ihren Schritt. Plötzlich blieb sie stehen, da sie Pferdegewieher von der gegenüberliegenden Seite des Hofes hörte. Dort ist der Stall. Vielleicht ist Maél gerade bei Arok? Finlay räusperte sich. „Wir sollten weiter gehen, sonst ist mein Vater verstimmt, weil er hungrig auf uns warten musste.“ Elea folgte ihm widerwillig, immer noch den Blick auf den Stall geheftet. Sie hielten vor einer Tür. Bevor Finlay sie öffnen konnte, legte sie eine Hand auf seinen Arm.
„ Finlay, ich will offen zu Euch sein. Mir liegt nichts an dem Essen mit Eurem Vater, wie Ihr Euch denken könnt. Einzig die Aussicht auf unseren anschließenden Spaziergang im Schlossgarten hat mich dazu bewogen, mit ihm zu Abend zu essen.“ Finlay legte seine Hand auf Eleas und sagte in verschwörerischem Ton: „Glaubt mir, mir geht es nicht anders. Bei mir ist es nur die Aussicht auf Eure erquickliche Gesellschaft, die mich bewogen hat, im Schloss zu bleiben. Also dann würde ich sagen: Lasst uns das Essen möglichst schnell hinter uns bringen!“ Er öffnete die Tür und wies ihr galant mit dem Arm, vor ihm einzutreten. Elea ignorierte diesmal die versteckte Bewunderung und erwiderte beim Betreten des Gebäudes sein Lächeln.
Das Essen fand zu Eleas Erleichterung nicht in einer pompösen, ehrfurchterregenden Halle statt, sondern in einem Raum, der zu den privaten Gemächern des Königs gehörte. Er war ähnlich gemütlich, wie ihr Zimmer. Nur hingen an der Wand kostbare Schwerter und Dolche und andere waffenähnliche Instrumente, die von einer Art waren, wie sie die junge Frau noch nie zuvor gesehen hatte.
Sie saßen an einem Ende einer Tafel, die Platz für zehn Personen bot. Finlay saß ihr gegenüber. Er widmete sich hauptsächlich dem Essen, das er von Zeit zu Zeit unterbrach, um Roghans Ausführungen bezüglich seiner größenwahnsinnigen Pläne mit einem Kopfschütteln und bösen Blicken zu kommentieren. Finlay mied es krampfhaft, Elea anzusehen, was ihr fast genauso unangenehm war wie seine Bewunderung ausdrückenden Musterungen. Sie verfolgte ebenfalls stumm die schwärmerischen Darlegungen des Königs. Als Roghan jedoch auf das Drachenfest zu sprechen kam, auf dem Elea ihren großen Auftritt haben sollte, brach sie ihr Schweigen. „Welche Rolle ist mir bei diesem Fest zugedacht? Soll ich mit meinen leuchtenden Haaren und entblößtem Rücken auf einem Karren durch die Straßen von Moray fahren und der sensationslustigen Meute mit enthusiastischem Gesicht zuwinken?“ Ihr beißender Sarkasmus ließ die beiden Männer aufblicken. Elea entging nicht, dassSie lächelten sich zu Eleas Erstaunen sogar zu. Mit einem Schmunzeln wandte Roghan sich . „Habe ich es doch noch heute Abend geschafft, Euch aus der Reserve zu locken! Ich vermisse schon den ganzen Abend Eure scharfe Zunge.“ Er machte eine Pause, in der er genüsslich ein paar Bissen aß, immer noch vor sich hin schmunzelnd. Elea blickte fragend zu ihrem Gegenüber, der sich jedoch wieder mit ernster Miene seinem Essen zugewandt hatte. Ihr Geduldsfaden war bereits bedrohlich dünn geworden, als König Roghan endlich zu sprechen begann. „Ganz so schlimm wird es nicht werden. Auf das Entblößen Eures Rückens werde ich verzichten. Aber ansonsten liegen unsere Vorstellungen von Eurem Auftritt nicht weit auseinander. Ich habe vor fünf Jahren das Drachenfest wieder aufleben lassen, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als ich mit der Suche nach Euch begann. Fünf Jahre hat es gedauert, bis meine Spione Euren Aufenthaltsort aufgespürt haben.“ Eleas entsetzter Blick ließ Roghan verstummen. Der Körper des Mädchens überzog sich mit einer Gänsehaut. Er hat tatsächlich Spione auf mich angesetzt! Wäre ich doch nur nie nachts ohne Kopftuch im Wald herumgestreunt! Roghan räusperte sich, bevor er fortfuhr. „Um zu dem Fest zurückzukehren: Es stammt noch aus der Zeit, in der die Drachen mit den Menschen in Frieden gelebt haben. Dies war vor mehr als fünfhundert Jahren. Es wurde alljährlich zu Ehren von Legolan, dem ersten Drachenreiter, und seinem Drachen Brachandur gefeiert. Mit
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