Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
liegen und lege mich mehrere Schritte von Euch entfernt nieder?! Wenn es nach mir ginge, würde ich Euch Hände und Füße fesseln. Aber dann müsste ich mir die ganze Nacht lang Jadoras Gezeter anhören. – Ich warne Euch! Wenn Ihr auch nur die kleinste Dummheit macht, dann werde ich es doch wahrmachen und Euch wie ein Paket zusammenschnüren.“ Er legte sich auf die Seite mit der Maske zu Elea gedreht, die ihn in der Dunkelheit giftig anfunkelte. Mael konnte sich, als er Eleas Mienenspiel mit seinen Nachtsichtaugen verfolgte, ein Schmunzeln hinter seiner Maske nicht verkneifen.
Elea war von ihrem langen Schlaf noch so ausgeruht, dass sie sich stark genug fühlte, ihrem Entführer, der nun auch offensichtlich ihr Bewacher war, ihre scharfe Zunge spüren zu lassen. Sie konnte nicht einfach so klein beigeben. „Ist Euch die Maske am Gesicht festgewachsen oder seid ihr so hässlich wie die Nacht, dass ihr sie sogar zum Schlafen aufbehaltet?“ Für die junge Frau völlig unerwartet, setzte er sich plötzlich auf, nahm die Maske ab und legte sich wieder in der alten Position zurecht. Elea starrte ihn perplex an und versuchte krampfhaft, irgendeine Entstellung in seinem Gesicht zu entdecken, die ihn zum Tragen der Maske veranlasste. Doch sie strengte ihre Augen vergebens an. Die nächtliche Dunkelheit und das fast erloschene Lagerfeuer arbeiteten gegen sie. Sie konnte nur zwei schwarze Flecken erkennen, seine Augen, die sie zu durchbohren schienen. Beklommen drehte sie dem Mann den Rücken zu und unternahm den Versuch, in ihrem Umhang eingewickelt so unauffällig wie möglich den Abstand zu ihm von zwei auf drei Schritte zu vergrößern. Aber schon hatte er seinen langen Arm nach ihr ausgestreckt und hinderte sie daran. „Bleibt, wo Ihr seid! Oder ich hole Euch zu mir unter mein Fell.“ Elea zuckte bei diesen Worten zusammen. Sie unterließ es schlagartig, noch die geringste Bewegung zu machen.
Es dauerte nicht lange, da vernahm sie das laute Schnarchen der Krieger, die sich zum Schlafen um das Lagerfeuer niedergelassen hatten. Nur ihr Bewacher gab keinen Ton von sich. Entweder kann er bei dem Schnarchen nicht einschlafen oder er hat Angst, dass ich ihm weglaufe. Er muss doch todmüde sein. Er hat schon letzte Nacht nicht geschlafen.
Die Zeit verstrich, aber Elea fand einfach nicht in den Schlaf. Zu wissen, dass ihr Peiniger sich nur eine Armlänge von ihr entfernt befand, trug nicht gerade zu einer entspannten Schlafatmosphäre bei. Nach einer Weile verschlimmerte sich ihre Lage noch, da sich ein immer unangenehmer werdender Druck auf ihrer Blase bemerkbar machte. Sie begann schon, sich hin und her zu wälzen. Sie konnte es kaum noch aushalten. Sie stand kurz davor, dem ihre ganze Konzentration fordernden Bedürfnis einfach freien Lauf zu lassen. Ihm zu der Genugtuung verhelfen und ihn um Erlaubnis anwinseln, ihre Blase entleeren zu dürfen, kam für sie auf gar keinen Fall in Frage. Plötzlich stieß er laut die Luft ausschnaubend sein Schlaffell von sich und erhob sich. „Steht schon auf und kommt mit! Bei Eurem Gezappel kann kein Mensch schlafen.“ Elea stand zugleich zähneknirschend und erleichtert auf. Ihr blieb nichts anderes übrig, als mit ihm zu gehen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollte, ihren Umhang und ihre Kleider zu verunreinigen. Bei ihrem ersten Schritt kam sie bereits ins Straucheln. Ihre Kopfverletzung bereitete ihr immer noch Schwindel. Jäh wurde ihr Kopf von einem stechenden Schmerz erfasst, der sie aufstöhnen ließ. Sie wäre der Länge nach hingefallen, hätte sie Maél nicht mit seinem Arm um ihre Taille festgehalten. Maél! Ich habe selten einen schöneren Namen gehört. Und ausgerechnet er trägt ihn! Sie ließ es zu, dass er sie ein Stück vom Lager entfernt zu einem Gebüsch führte. „Kommt ihr allein zurecht oder soll ich euch behilflich sein?“ fragte er spöttisch. „Nein, Danke“, antwortete Elea knapp. Nachdem Maél sie losgelassen hatte, wurde ihr jedoch recht schnell klar, dass sie in aufrechter Haltung den heiß ersehnten Ort kaum erreichen würde. So ließ sie sich auf alle Viere nieder und krabbelte auf einen Busch zu. „Ich zähle langsam bis sechzig. Wenn ihr bis dahin nicht wieder hier seid, komme ich euch holen“, warnte er sie. „Elender Mistkerl“, zischte sie leise. Sie beeilte sich, so sehr sie konnte. Sie war gerade dabei, ihre Hose wieder hochzuziehen, als sie das Wort sechzig vernahm. Hastig schnürte sie ihre Hose zu und wollte sich schon wieder in
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