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Eleanor Rigby

Eleanor Rigby

Titel: Eleanor Rigby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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du Liz gefunden oder sie dich?« »Ich habe sie gefunden.«
    Ich schaute Leslie an und sagte: »Lass gut sein, Leslie. Nur nichts überstürzen. Wir haben jede Menge Zeit.«
    »Wie komm ich mir denn jetzt vor, Liz?«
    »Nun, da es hier eigentlich nicht um dich geht, schlage ich vor, dass du die ganze Sache als Unterhaltungssendung betrachtest und dir einfach in Ruhe den Film anschaust.«
    »Er ist zwanzig, Liz. Und jetzt erzählst du mir plötzlich, dass du ein Kind hast?«
    »Na, du bist schließlich hier reingeplatzt, und ich darf dich noch mal daran erinnern, dass es hier nicht um dich geht.«
    »Wie kam es denn dazu, dass ihr euch gestern zum ersten Mal begegnet seid?«
    Ich sah Jeremy an. »Jeremy lag im Krankenhaus.«
    »Weshalb?«
    Das war Jeremys Stichwort. »Wegen einer Überdosis — von irgendwelchen blöden Partydrogen.« Er ging zu Leslie und zeigte ihr sein Armband.
    In der Hoffnung, ihr ein paar letzte Tropfen entringen zu können, stellte er die Baileys-Flasche auf den Kopf.
    Leslie, die bei ihrer dritten Zigarette war, fragte: »Seit wann weißt du schon von Liz - deiner Mutter?«
    »Seit ein paar Jahren.«
    »Warum hast du so lange gewartet, bis du zu ihr Kontakt aufgenommen hast?«
    »Die Familien, in denen ich gelebt habe, waren alle eine Katastrophe. Dann hab ich es alleine versucht, aber das läuft nicht besonders gut. Ich möchte einfach bloß eine nette, nicht verkorkste Familie um mich haben, damit ich mich normal fühle. Ohne Liz bin ich geliefert.«
    Peng! Das Zimmer kam mir plötzlich so riesig vor wie eine Kathedrale. Und dann wurde es so still, dass ich beinahe hören konnte, wie Leslies Zigarettenrauch sich kräuselte.
    Leslie sagte: »Das ist aber eine ziemlich große Verantwortung für einen einzelnen Menschen.«
    »Kann sein.«
    Ich fragte Jeremy: »Wo wohnst du? Soll ich dich nach Hause bringen? Ich bin total erledigt. Ich hab nämlich nicht geschlafen.«
    »Ich hab kein Zuhause.« »Was?«
    »Ich hab eine Trennung hinter mir. Kann ich hier bleiben? Nur für ein paar Tage?«
    »Ja. Klar. Natürlich kannst du das.« Prompt geriet die Chemie in meinem Körper vor Sorge ins Strudeln - ich hatte in meiner Wohnung noch nie jemanden zu Besuch gehabt. Ich konnte nur noch daran denken, wie mein freudloser Tagesablauf durcheinandergeraten würde. Was hatte ich zum Frühstück da? Ich las meine Zeitung gern in aller Ruhe. Wie sah es mit einem Schlüssel aus? Und das Badezimmer!
    Jeremy sagte: »Mach dir keinen Stress. Ich bin ein angenehmer Gast. Ich bin sauber. Ich klaue nicht. Und ich kann gut Sachen reparieren.«
    Leslie und ich machten das Bett, indem wir genug Decken und Kissen zusammenklaubten, um die Couch schlaftauglich zu machen. Jeremy schaute gelassen zu. Er benahm sich, als würde ich ihn glücklich machen, indem ich einfach ich war. Was für ein neuartiger Gedanke.
    Die untergehende Sonne tauchte das Zimmer in ein leuchtendes Orangerot, und ich weiß noch, wie schön meine Bettwäsche in dem Licht aussah. Leslie fragte, wo wir abends essen wollten, und als ich Jeremy anschaute, zitterte er. »Jeremy?«
    Schweiß rann ihm das Gesicht hinab.
    »Jeremy? Was ist los?«
    »Ich kann nichts sehen.«
    »Was?«
    »Ich kann nicht gucken.« »Ich versteh nicht.«
    Leslie sagte: »Liz, bist du sicher, dass du dir das zumuten willst?«
    »Halt den Mund, Leslie.« Ich packte ihn an den Schultern. »Kannst du hell und dunkel unterscheiden?« Ich wedelte mit der Hand vor seinen Augen. »Irgendwas?«
    »Nein.«
    »Jeremy, was geht hier vor? Hast du wieder Drogen genommen?«
    »Nein. Das gestern war eine Ausnahme.« Er streckte den Arm aus, und ich führte ihn hinüber zu dem Bett, das wir gemacht hatten. Er sagte mir, dass er Angst hatte.
    »Was kann ich tun, Jeremy? Sollen wir ins Krankenhaus fahren?« »Nein.«
    »Schatz, ich weiß nicht, was ich sonst tun soll.« Ich staunte ein bisschen, dass ich mich innerhalb eines Tages von null auf »Schatz« gesteigert hatte.
    »Ruf Jane an. Ich geb dir die Nummer.«
    »Wer ist Jane?«
    »Ruf sie an. Dann findest du's heraus.«
    Er sagte mir eine Nummer und rollte sich in Fötalstellung zusammen. Ich wählte, und die Frauenstimme am anderen Ende vermittelte mir den Eindruck, ich hätte sie mitten in ihrer Lieblingsfernsehserie gestört. »Ja?«
    »Ist da Jane?«
    »Ja. Wer spricht?«
    »Ich bin Liz.«
    Durchs Telefon konnte ich hören, wie sich ihre Körperhaltung veränderte. »Was ist mit ihm?«
    »Er ist hier bei mir. Als er aus dem Krankenhaus

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